Gewerblicher Mietvertrag: Das sollten Sie vor Vertragsabschluss beachten
Sie sind auf der Suche nach Räumlichkeiten für Ihre Unternehmertätigkeit oder sind vor Kurzem fündig geworden. Kennen Sie Ihre Rechte und Verpflichtungen gegenüber Ihrem Vermieter? myLIFE erklärt, welche Punkte Sie beachten sollten – und zwar möglichst vor Vertragsabschluss.
Audrey ist Floristin. Sie gründet gerade ein eigenes Unternehmen in Luxemburg. Nach einigen Wochen der Suche hat sie endlich ein passendes Ladenlokal gefunden. Die Lage ist ideal: Es ist nicht weit von ihrem Wohnort entfernt und befindet sich in einer belebten Straße. Außerdem ist genug Platz für eine kleine Verkaufsfläche sowie ein Hinterzimmer. Die Miete entspricht den branchenüblichen Preisen und der Vermieter gestattet den Verkauf von Blumen als Gewerbebetrieb. Es scheint also alles perfekt. Zunächst möchte Audrey jedoch mehr über gewerbliche Mietverträge erfahren und wissen, welche Verpflichtung sie damit eingeht.
Für wen kommt ein gewerblicher Mietvertrag in Betracht?
Ein Mietvertrag ist ein Vertrag zwischen Mieter (auch als „Vertragsnehmer“ bezeichnet) und Vermieter. Letzterer verpflichtet sich, dem Mieter seine Räumlichkeiten gegen Zahlung einer Miete zur Verfügung zu stellen. In Luxemburg gibt es mehrere Arten von Verträgen: Mietvertrag für Wohnräume, Mietvertrag für Gewerbeflächen, Pachtvertrag usw.
Die Nutzung der gemieteten Räumlichkeiten wird durch die Art des Mietvertrags bestimmt (z.B. Nutzung als Wohnraum oder Gewerbebetrieb). Der Vertrag legt außerdem die Regeln fest, denen Vermieter und Vertragsnehmer unterliegen.
Gewerbliche Mietverträge unterliegen dem Gesetz vom 3. Februar 2018. Sie sind für Mieter bestimmt, die im Mietobjekt einer kommerziellen, industriellen oder handwerklichen Tätigkeit nachgehen möchten.
→ Gut zu wissen: Das Gesetz von 2018 gilt nicht für Mietverträge für Büroräumlichkeiten, kurzfristige Mietverträge (von höchstens einem Jahr) oder freiberufliche Tätigkeiten (Physiotherapeuten, Ärzte, Architekten, Anwälte usw.). In diesen Fällen gelten die allgemeinen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches.
Audrey wird also einen gewerblichen Mietvertrag für ihre Tätigkeit als Floristin abschließen. Der Vertrag erfolgt in der Regel in Schriftform und wird von beiden Parteien unterzeichnet, damit er bei Streitigkeiten als Nachweis für die von beiden Seiten eingegangenen Verpflichtungen herangezogen werden kann.
Reform des gewerblichen Mietvertrags im Jahr 2018
Mit dem Gesetz vom 3. Februar 2018 über gewerbliche Mietverträge wurden einige Bestimmungen des Zivilgesetzbuches überarbeitet und wichtige Änderungen vorgenommen, die insbesondere den Mieter besser schützen sollen. Die Änderungen beziehen sich insbesondere auf die Dauer des Mietvertrags, die Zahlung von Schlüsselgeld, die Mietkaution, die Untervermietung, den Aufschub, die Vertragsverlängerung und -kündigung, die Räumungsentschädigung und auf das Vorkaufsrecht. |
Eine Mietkaution zur Deckung der im Mietvertrag festgelegten Verpflichtungen (…) darf per Gesetz nicht mehr als sechs Monatsmieten betragen.
Worauf Sie vor Vertragsabschluss achten sollten
Vor Abschluss ihres gewerblichen Mietvertrags sollte die junge Floristin die Vertragsklauseln prüfen und darauf achten, dass die Rechte und die Verpflichtungen beider Parteien aufgeführt sind.
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- In der Miete enthaltene Leistungen: Im Mietvertrag müssen alle in der Miete berücksichtigten Faktoren vollständig aufgeführt sein (Fläche der Räumlichkeiten, Parkplatz, Keller, Hinterhof usw.).
- Übergabeprotokoll: Es wird dringend empfohlen, vor Einzug und bei Auszug ein Übergabeprotokoll anzufertigen, um den Zustand des Mietobjekts zu dokumentieren. Dies soll die Interessen von Mieter und Vermieter bei Streitigkeiten schützen. Andernfalls wird davon ausgegangen, dass die Mieträumlichkeiten in gutem Zustand übergeben wurden; ebenso müssen sie zurückgegeben werden.
- Nutzung der Räumlichkeiten: Es gilt zu prüfen, ob die vom Vertragsnehmer ausgeübte Tätigkeit, in Audreys Fall also die der „Floristin“, im Mietvertrag durch den Vermieter genehmigt wurde.
- Dauer des Mietverhältnisses: Gewerbliche Mietverträge können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Werden keine Angaben gemacht, ist der Mietvertrag unbefristet.
- Miete und Mietpreisanpassung: Die Höhe der Miete muss im Mietvertrag aufgeführt sein, ebenso wie die Modalitäten für die Mietpreisanpassung und die Zahlungstermine. Die Miete ist oftmals an den Verbraucherpreisindex gekoppelt. Als Basisindex gilt in der Regel der offizielle Wert des Monats vor Vertragsabschluss.
- Zusammensetzung der Nebenkosten: Im Mietvertrag muss aufgeführt sein, wie hoch die Nebenkosten sind und was sie beinhalten: Wasser, Strom, Reinigung der Gemeinschaftsbereiche usw. Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, kann auch festgehalten werden, wer welche Instandhaltungskosten (Reparaturen, Renovierungsarbeiten) übernimmt.
- Mietkaution: Der Vermieter verlangt grundsätzlich die Zahlung einer Mietkaution zur Deckung der im Mietvertrag festgelegten Verpflichtungen (Miete, etwaige Schäden). Die Mietkaution darf von Gesetzes wegen nicht mehr als sechs Monatsmieten betragen und kann auf erste Anforderung in Form einer Bankgarantie geleistet werden oder in Form einer Versicherung, die mindestens sechs Monatsmieten abdeckt.
- Untervermietung oder Abtretung: Der Mietvertrag kann Bedingungen für eine Abtretung oder Untervermietung vorsehen. Dadurch kann der Vertragsnehmer einen Teil seine Räumlichkeiten möglicherweise untervermieten oder abtreten, etwa wenn er in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät.
→ Gut zu wissen: Das Verlangen von „Schlüsselgeld“ ist gemäß dem Gesetz von 2018 untersagt. Mietzuschläge oder zusätzliche Vergütungen an den Vermieter oder einen Vermittler für die Bereitstellung der Räumlichkeiten sind in neuen Verträgen unzulässig.
Wenn ein befristeter gewerblicher Mietvertrag ausläuft und vom Vermieter nicht gekündigt wurde, wird er stillschweigend auf unbestimmte Zeit verlängert.
Kann ein gewerblicher Mietvertrag verlängert werden?
Wenn Audrey einen befristeten Mietvertrag abgeschlossen hat, verfügt sie neun Jahre lang über ein absolutes Verlängerungsrecht. Dafür muss sie den Antrag auf Verlängerung mindestens sechs Monate vor Vertragsende per Einschreiben mit Empfangsbestätigung an den Vermieter senden. Der Vermieter muss daraufhin innerhalb von drei Monaten antworten. Wenn es mehrere Vermieter gibt, muss der Antrag an jeden einzelnen von ihnen gerichtet werden (sofern im Mietvertrag nichts anderes angegeben ist). Achtung: Bei einer Verlängerung des Mietvertrags wird ein neuer Vertrag aufgesetzt und es gibt keine Garantie dafür, dass die Bedingungen denen des ursprünglichen Vertrags entsprechen.
→ Gut zu wissen: Wenn ein befristeter gewerblicher Mietvertrag ausläuft und vom Vermieter (unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten) nicht gekündigt wurde, wird er stillschweigend auf unbestimmte Zeit verlängert.
Kann ein gewerblicher Mietvertrag gekündigt oder eine Verlängerung abgelehnt werden?
Wenn Audrey ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht nachkommt (also z. B. ihre Miete oder Nebenkosten nicht bezahlt), kann der Vermieter den gewerblichen Mietvertrag mit sofortiger Wirkung kündigen.
Des Weiteren kann der Vermieter, wenn die Räumlichkeiten seit weniger als neun Jahren vermietet sind, in folgenden Situationen einen Antrag auf Verlängerung ablehnen oder den gewerblichen Mietvertrag unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist kündigen:
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- „zum Zwecke der Eigennutzung durch den Vermieter oder seine Nachkommen ersten Grades;
- im Falle der Aufgabe sämtlicher Mietverhältnisse für gewerbliche Aktivitäten derselben Art;
- bei Wiederaufbau oder Umbau des Mietobjekts.“1
Bei Mietverhältnissen von mehr als neun Jahren kann der Vermieter einen unbefristeten Mietvertrag von Rechts wegen ohne Begründung kündigen bzw. die Verlängerung eines befristeten Mietvertrags ohne Begründung ablehnen. In diesem Fall muss der Vermieter oder ein Dritter (z.B. der zukünftige Mieter) der jungen Frau vor Ablauf des Mietvertrags eine Räumungsentschädigung zahlen, um sie für den Verlust ihres Blumengeschäfts zu entschädigen.
→ Gut zu wissen: Im Mietvertrag können Audrey und der Vermieter die Höhe der Räumungsentschädigung oder Die Methode zu deren Berechnung festlegen. Andernfalls wird der Betrag vom Friedensrichter auf der Grundlage des Verkaufswerts des Geschäfts bestimmt.
Ein Vertragsnehmer, der ein Ladenlokal seit über 18 Jahren anmietet, verfügt über ein Vorkaufsrecht.
Audrey kann ihren gewerblichen Mietvertrag außerdem kündigen, wenn der Vermieter seinen Vertragspflichten nicht nachkommt – z.B. bei einer Mieterhöhung, die sich nicht am Verbraucherpreisindex orientiert, im Fall der Unmöglichkeit der störungsfreien Nutzung des Mietobjekts usw.
Aufschub der Räumung
Seit 2018 kann ein Mieter, der im Rahmen von Streitigkeiten per Gerichtsbeschluss zum Verlassen des Mietobjekts verurteilt wurde, einen Aufschub der Räumung beantragen. Der Friedensrichter kann den Aufschub einmalig für höchstens neun Monate gewähren, wenn der Vertragsnehmer die beiden folgenden Bedingungen erfüllt: „Alle fälligen Mieten und Nebenkostenvorauszahlungen sind am Tag der Einreichung des Antrags auf Aufschub beglichen“ und „der Aufschub soll es dem Vertragsnehmer ermöglichen, ein anderes Objekt zu finden, damit er seinen Geschäftsbetrieb fortführen und seinen Verpflichtungen aus Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern nachkommen kann“.1 |
→ Gut zu wissen: Ein Vertragsnehmer, der ein Ladenlokal seit über 18 Jahren anmietet, verfügt über ein Vorkaufsrecht. Wenn der Vermieter das Mietobjekt verkaufen möchte, hat der Mieter als Käufer Vorrang (außer in Sonderfällen2). Um von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen zu können, muss der Mieter allerdings die gesamt Immobilie mieten, in der sich die Räumlichkeiten befinden, es sei denn diese gelten als Gemeinschaftseigentum.
Ist bei einem gewerblichen Mietvertrag eine Untervermietung möglich?
Wenn Audrey ihr Geschäft nach mehreren Betriebsjahren aufgeben und ihren Blumenladen untervermieten (oder abtreten) möchte, muss sie den Vermieter hierüber in Kenntnis setzen. Der Vermieter hat anschließend 30 Tage Zeit, um den Antrag anzunehmen oder abzulehnen.
Existiert im Vertrag eine Klausel, die die Untervermietung (oder Abtretung) untersagt, wird diese als ungültig3 betrachtet, wenn „die Abtretung oder Untervermietung zusammen mit der Abtretung des Geschäfts erfolgt, vorausgesetzt, dass ein identischer Geschäftsbetrieb beibehalten wird”1. Anders ausgedrückt: Sie kann ihre Räumlichkeiten trotzdem untervermieten (oder abtreten), vorausgesetzt, sie überträgt auch ihr Geschäft und der Untermieter (oder Nachfolger) übt dieselbe Geschäftstätigkeit aus.
Hinweis: das Gesetz von 2018 stellt klar, dass die vom Untermieter zu zahlende Miete darf die Hauptmiete nicht übersteigen, es sei denn, der Mieter tätigt spezifische Investitionen für die Untervermietung. In einem Urteil des Verfassungsgerichts vom 23. Dezember 2022 wird jedoch die Auffassung vertreten, dass die gesetzliche Deckelung der Miete für eine Untervermietung einer Einschränkung der Gewerbefreiheit gleichkommt. Eine Entscheidung, die zum Präzedenzfall werden könnte.
Fazit: Der gewerbliche Mietvertrag ist ein echter Vertrag, der die Einhaltung der Rechte und der Verpflichtungen von Mieter und Vertragsnehmer vorschreibt. Sein Inhalt ist sorgfältig zu prüfen. Dies gilt umso mehr seit der Gesundheitskrise, die zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern bezüglich der Zahlung der Miete während der Beschränkungsmaßnahmen geführt hat. In gewerblichen Mietverträgen sind Klauseln für den Umgang mit solchen Ausnahmesituationen nicht unbedingt vorgesehen!
Im Zweifelsfall und zur Wahrung der Interessen aller Beteiligten empfiehlt es sich daher, sich vor Vertragsabschluss an einen Rechtsexperten zu wenden.
Audrey ist jetzt umfassend informiert und kann sich ganz beruhigt der Einrichtung ihres neuen Geschäfts widmen. Und wenn es gut läuft, kann sie in ein paar Monaten vielleicht sogar jemanden einzustellen, der ihr im Laden hilft. Viel Glück!
1 Auszug aus dem Gesetz vom 3. Februar 2018 über gewerbliche Mietverträge samt Änderung einiger Bestimmungen des Zivilgesetzbuches.
2 Das Vorkaufsrecht gilt nicht, wenn die Mietsache Gegenstand eines öffentlichen Versteigerungsverfahrens ist, wenn sie an ein verwandtes oder verschwägertes Mitglied der Familie des Vermieters (bis einschließlich dritten Grades) oder wenn sie unentgeltlich abgetreten wird.
3 Das Verbot der Abtretung des Mietvertrags oder der Untervermietung bleibt jedoch bestehen, wenn der Vermieter einen Teil der Immobilie einbehalten hat, um dort selbst zu wohnen oder seine Familie dort wohnen zu lassen.