Meine Finanzen, meine Projekte, mein Leben
Februar 12, 2025

Die Verhaltensökonomie: Freund und Helfer Ihres Finanzberaters

Wenn Sie denken, dass sich ein guter Entscheidungsfindungsprozess in Sachen Finanzen auf glaubwürdigen Daten und Vernunft stützen muss, liegen Sie sicher richtig. Sie irren sich allerdings, wenn Sie glauben, Emotionen könne man hier außen vor lassen. Heutzutage greifen Finanzberater vermehrt auf die Werkzeuge der Verhaltensökonomie zurück, um ihren Kunden dabei zu helfen, sich auch in turbulenten Zeiten auf den Finanzmärkten zurechtzufinden.

Das Wichtigste in Kürze

    • Finanzberater beschäftigen sich zunehmend mit unserer emotionalen Beziehung zu Geld, um die Qualität ihrer Dienstleistungen zu verbessern. Dabei stützen sie sich auf die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie.
    • Die Verhaltensökonomie umfasst und berücksichtigt die kognitiven Verzerrungen, die Anlegerentscheidungen bei Marktbewegungen beeinflussen. Durch Emotionen bedingte Fehleinschätzungen sind kein Zufall – sie sind vorhersehbar und wiederholen sich.
    • Ist ein Berater in der Lage, die potenzielle Irrationalität seiner Kunden vorwegzunehmen, dann kann er ihnen mithilfe von Instrumenten aus der Verhaltensforschung bei der Entscheidungsfindung auch besser Orientierung bieten. Dies trägt zur Verbesserung der Anlageperformance bei und steigert zudem die Loyalität der von ihm betreuten Anleger.

Lange Zeit wurden Finanzakteure und insbesondere Anleger in der Theorie als rationale Wesen erachtet, die stets optimal agieren. Aus dem Glauben an eine unbegrenzte Rationalität heraus entstand unter anderem die Effizienzmarkthypothese (Efficient Market Hypothesis), nach der in einem effizienten Markt der Preis jedes Vermögenswertes alle zu diesem Vermögenswert verfügbaren Informationen vollständig beinhaltet; somit kommt es theoretisch niemals zu Fehlern bei den Bewertungen. Diese Ansicht ist mittlerweile überholt. Die Auswirkungen von Emotionen auf die Entscheidungsfindung im Finanzbereich sind inzwischen weitgehend anerkannt und belegt. Seit mehreren Jahren berichtet myLIFE über die Vorteile der Verhaltensökonomie, deren Erkenntnisse Finanzberater zunehmend in ihren Ansätzen zur Betreuung ihrer Kunden berücksichtigen.

Die meisten Anleger, die einen Berater aufsuchen, rechnen mit Gesprächen über die Lösungen und Strategien, die sich je nach Marktlage anbieten. Über ihre finanziellen Probleme und Ängste sprechen sie jedoch kaum. Es ist allerdings keineswegs überraschend, wenn sich Ihr Finanzberater zunehmend für Ihre emotionale Beziehung zu Geld interessiert. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine unangemessene Indiskretion. Es zeigt, dass er sich darum bemüht, Ihnen einen qualitativ hochwertigen Service zu bieten. Um einen Kunden bestmöglich zu unterstützen, muss er die kognitiven Verzerrungen erkennen können, für die dieser am anfälligsten ist.

Die Verhaltensökonomie hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, die Achterbahn der Gefühle zu berücksichtigen, die Anleger bei Auf- und Abwärtsbewegungen an den Märkten durchmachen. Sie hat gezeigt, dass Angst und Selbstüberschätzung Menschen zu irrationalen und impulsiven Entscheidungen verleiten können, die die Wertentwicklung ihrer Anlagen belasten. Abgesehen von den Folgen für die einzelne Person haben solche kognitiven und emotionalen Fehler oder auch Herdenverhalten erheblichen Einfluss auf die Dynamik der Finanzmärkte und verzerren die Preisbildung.

Realistische Sicht auf die finanzielle Entscheidungsfindung

Ob gut oder schlecht, Geldangelegenheiten erzeugen starke Emotionen, die sich auf unsere Entscheidungen auswirken. Anders, als in der klassischen Finanzwissenschaft lange behauptet wurde, handelt es sich hierbei nicht um eine unbedeutende Begleiterscheinung oder um zufällige, einzelne Fehler, die kaum Beachtung verdienen. Diese kognitiven Verzerrungen wiederholen sich. Sie folgen immer denselben Mustern, dementsprechend können ihre Auswirkungen auf finanzielle Entscheidungen antizipiert werden. Wie die Verhaltensökonomie uns gelehrt hat, lassen sich diese Verzerrungen nicht nur beschreiben und einordnen, es lassen sich auch Mittel und Wege finden, ihren Effekten entgegenzuwirken.

Die klassische und die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft werden einander immer weniger diametral gegenübergestellt. Stattdessen versucht man, die psychologischen Aspekte des Finanzwesens einzubeziehen, um ein realistischeres Bild von der finanziellen Entscheidungsfindung zu erhalten.

Statt die klassische und die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft einander diametral gegenüberzustellen, versucht man heutzutage, die psychologischen Aspekte in Überlegungen einzubeziehen, um ein realistischeres Bild von der finanziellen Entscheidungsfindung zu erhalten. Laut einer im Jahr 2020 vom Statistik-Portal Statista unter 300 Finanzexperten durchgeführten Erhebung befürworten Fachleute den Einsatz der Verhaltensökonomie bei der Kundenbetreuung vor allem aufgrund der folgenden drei Vorteile:

    • Die Kunden bleiben einer langfristigen Anlageperspektive eher treu (55%), wodurch vor allem der massive Verkauf von Vermögenswerten in Zeiten hoher Volatilität an den Märkten vermieden wird.
    • Die Kunden sind ihren Beratern gegenüber loyaler (48%), was auf eine tiefere Beziehung und ein größeres Vertrauen zurückzuführen ist.
    • Der Umgang mit den Erwartungen der Kunden wird erleichtert (40%) dank einer umfassenderen und effektiveren Kommunikation.

Einfach ausgedrückt: Die Anwendung der Verhaltensökonomie ermöglicht es Ihrem Finanzberater, Ihre Fehleinschätzungen in Geldangelegenheiten und Fehlentscheidungen, die sich daraus ergeben können, besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage kann er Sie dabei unterstützen, Ihre Emotionen zu überwinden und sich einer optimalen Entscheidungsfindung im Sinne der klassischen Finanztheorie anzunähern. Naturgemäß steigt somit Ihr Vertrauen in ihn im Hinblick auf die Beratung bei künftigen Entscheidungen. Anhand der Ergebnisse aus der Erhebung von Statista haben wir eine ausführlichere Liste der Vorteile für Sie zusammengestellt, die die Nutzung von Instrumenten der Verhaltensökonomie einem Finanzberater bietet:

Sechs Gründe für die Integration der Verhaltensökonomie in das Dienstleistungsangebot

1. Besseres Erwartungsmanagement dank effektiver Kommunikation

Ein Finanzberater, der sich auf die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie stützt, ist sich vollkommen darüber im Klaren, dass seine Kunden emotionale Wesen und keine Roboter sind. Er wirft seinen Kunden ihre kognitiven Verzerrungen nicht vor, im Gegenteil: Er begleitet sie, um ihr Bewusstsein dafür zu schärfen. Je nachdem, ob ein Kunde ängstlich ist oder zu Selbstüberschätzung neigt, passt der Berater seine Vorgehensweise an und hilft auf diese Weise, die psychologischen und emotionalen Verzerrungen auszumachen und zu verstehen, die bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Sein Ziel besteht darin, den Kunden das Treffen rationalerer Entscheidungen auf der Grundlage realistischerer Erwartungen zu ermöglichen. Seine Fähigkeit zur Berücksichtigung dieser emotionalen Aspekte trägt dazu bei, ein Klima des Vertrauens zu schaffen und zugleich die Qualität des Austauschs mit den Kunden zu steigern.

2. Förderung einer langfristigen Perspektive trotz Schwankungen

In Zeiten erhöhter Volatilität an den Börsen kommt es zu starken Emotionen und häufig zu impulsiven Entscheidungen. Finanzexperten, die sich die Instrumente der Verhaltensökonomie zu eigen machen, sind besser dafür gerüstet, ihren Kunden in turbulenten Zeiten an der Börse zur Seite zu stehen. Sie können leichter einen Rahmen schaffen, der den kognitiven Verzerrungen ihrer Kunden entgegenwirkt und diesen rationalere Entscheidungen ermöglicht. Eine wirksame Strategie in diesem Zusammenhang ist die Nutzung eines Ansatzes im Einklang mit den Lebenszielen der Kunden. Statt sich ausschließlich auf Marktbewegungen zu konzentrieren, geht es bei diesem Ansatz in erster Linie darum, Anlageentscheidungen auf die längerfristigen finanziellen Ziele abzustimmen, die in Ruhe mit dem Kunden festgelegt wurden.

Neben seiner gesetzlichen Verpflichtung, das Risikoprofil eines Anlegers in Verbindung mit dessen finanziellen Kapazitäten zu bewerten, erkundigt sich ein guter Berater auch nach der emotionalen Belastbarkeit im Umgang mit Risiken.

3. Berücksichtigung der emotionalen Risikobereitschaft der Kunden

Zusätzlich zu seinen objektiven finanziellen Möglichkeiten, Risiken einzugehen, besitzt jeder Anleger auch eine emotionale Risikobereitschaft. Diese zu berücksichtigen, erhöht den psychischen Komfort des Anlegers und trägt wesentlich dazu bei, die Qualität des Austauschs zwischen einem Finanzberater und seinem Kunden zu steigern. So erkundigt sich ein guter Berater neben seiner gesetzlichen Verpflichtung, das Risikoprofil eines Anlegers in Verbindung mit dessen finanziellen Kapazitäten zu bewerten, auch nach der emotionalen Belastbarkeit im Umgang mit Risiken.

Auch ein erfahrener Anleger kann beispielsweise sehr ängstlich auf abrupte Marktbewegungen reagieren. Die Erfahrungswerte werden dann schnell von Gefühlen und irrationalen Entscheidungen beiseite gedrängt. Zur Beurteilung der Risikobereitschaft kann es für einen Finanzberater mit dem richtigen Werkzeug interessant sein, den Kunden statt einer Befragung in einer ruhigen Situation einem emotionalen „Stresstest“ zu unterziehen. So lassen sich potenzielle Überreaktionen besser einschätzen. Bisweilen besteht ein großer Unterschied zwischen der Art, wie man sich die eigene Reaktion auf eine bestimmte Situation vorstellt, und der tatsächlichen Reaktion bei Eintreten der Situation.

4. Stärkung der Loyalität der Anleger

Ein mit der Nutzung der Verhaltensökonomie vertrauter Finanzberater weiß, dass die Präferenzen von Anlegern sich im Laufe der Zeit und insbesondere mit zunehmendem Alter ändern. Dank der Qualität des Austauschs, den er unter Berücksichtigung der emotionalen Eigenschaften seiner Kunden etabliert hat, kann er diese potenziellen Veränderungen der Präferenzen besser vorhersehen und schneller Vorschläge machen, um diese in die Portfoliostruktur zu integrieren. Um eine gute, verhaltensorientierte Beratung zu bieten, ist es wichtig, einen individuellen Bezugsrahmen für jeden Kunden zu haben. Der Experte kann sein Verständnis für die Sorgen, Ziele und Befürchtungen des Kunden als Ausgangspunkt nutzen, um diesem Orientierung zu bieten und Warnsignale in seinem Verhalten zu erkennen, die auf irrationale Entscheidungen hindeuten. Diese langfristige Arbeit ermöglicht die Schaffung einer vertrauensvollen und dauerhaften Beziehung.

5. Individuelle Begleitung beruhend auf besser definierten Prioritäten

Ein Finanzberater, der die Verhaltensökonomie in seinen Ansatz einbindet, versucht die Wertvorstellungen seines Kunden besser zu verstehen, um dessen Anlagepräferenzen danach auszurichten. Auch wenn die Anlageperformance und die Strategie zur Erreichung dieser nach wie vor wesentlich sind, bilden sie inzwischen nicht mehr den Kern der Geschäftsbeziehung. Die Betreuung durch den Berater geht über die faktischen Informationen hinaus und baut auf einem Dialog auf, der Emotionen, Vorurteile und Lebensziele der Kunden einbezieht. Dieser Dialog, der mit den Werten und Bestrebungen des Kunden in Einklang steht, trägt dazu bei, seine Ängste bei Anlageentscheidungen zu mindern. Wenn dies gelingt, fällt die Entscheidungsfindung leichter und führt in der Regel auch zu besseren Ergebnissen.

6. Gewinnung neuer Kunden

Finanzberater, die die nichtfinanziellen Werte und Anliegen ihrer Kunden in ihre Finanzpläne einbeziehen, haben einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, die sich bei ihrer Tätigkeit auf die rein technische Expertise beschränkt. Ein persönlicher Ansatz, bei dem das Zuhören eine grundlegende Rolle spielt, trägt als Unterscheidungsmerkmal dazu bei, Anleger für sich zu gewinnen und sich ihre Loyalität zu sichern.

In einer Zeit, in der das Bankwesen sich nicht mehr nur auf das Materielle beschränkt und die Angebote zahlreicher sind denn je, ist es für Finanzberater wichtig, sich von der Masse abzuheben, indem sie ihren vermögenden Kunden individuellere Leistungen anbieten. Diese sind im Übrigen die größten Profiteure eines Ansatzes, der dank der Nutzung der Instrumente der Verhaltensökonomie ihre Präferenzen stärker berücksichtigt und eine qualitativ hochwertige, langfristige Betreuung fördert.