Für Angestellte und Selbstständige in bestimmten Berufen ist Weiterbildung unerlässlich geworden, um sich an die Änderungen des Arbeitsumfelds anzupassen, oder ganz einfach, um die eigenen Kompetenzen auszubauen und die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Darüber hinaus wird die berufliche Umorientierung immer üblicher, und ein Buchhalter, der eine Umschulung zum Schreiner macht, ist keine Seltenheit mehr.
Wenngleich es in Luxemburg Weiterbildungsmöglichkeiten innerhalb von Unternehmen, vornehmlich den großen Unternehmen, gibt, haben Angestellte und Selbstständige auch ein Recht darauf, eine selbstgewählte Weiterbildung zu absolvieren – unabhängig davon, ob diese einen Bezug zu dem ausgeübten Beruf hat oder nicht. Um Interessierte bei diesem Schritt zu unterstützen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, an Kursen oder Prüfungen teilzunehmen, gibt es den Bildungsurlaub.
Das Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend (Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse – MENJE) definiert den Bildungsurlaub als „Sonderurlaub, der Angestellten, Selbstständigen und Personen, die eine freiberufliche Tätigkeit ausüben, ermöglichen soll, an Kursen teilzunehmen, Prüfungen vorzubereiten und zu absolvieren, Abschlussarbeiten zu verfassen oder andere Tätigkeiten in Verbindung mit einer anerkannten Weiterbildung auszuüben“.
Einige Weiterbildungen erfolgen am Abend, andere Kurse werden hingegen tagsüber angeboten, und oft müssen Angestellte für eine Teilnahme Urlaub nehmen. Sofern der Bildungsurlaub genehmigt wird, schafft er zusätzlichen Freiraum, um eine Weiterbildung zu absolvieren. Gleichzeitig wird das Gehalt weiter gezahlt.
Nehmen wir als Beispiel Emma. Sie ist seit acht Jahren Kommunikationsbeauftragte in einem Transportunternehmen. Emma ist 31 Jahre alt und möchte eine Weiterbildung zur Immobilienmaklerin machen.
Um ein Anrecht auf Bildungsurlaub zu haben, durch den sie von zusätzlichen bezahlten Urlaubstagen profitieren kann, muss sie die Kriterien für die Gewährung eines Bildungsurlaubs erfüllen:
Im Fall von Emma sind alle Kriterien erfüllt. Die Kurse, die sie auf dem Portal lifelong-learning.lu gefunden hat, das vom INFPC (Nationales Institut für die Förderung der beruflichen Weiterbildung) betrieben wird, werden vom House of Training angeboten, das vom Ministerium als Einrichtung für die berufliche Weiterbildung zugelassen ist.
Der Bildungsurlaub muss mindestens einen Tag dauern. Um anerkannt zu werden, muss die Weiterbildung daher mindestens 24 Stunden dauern.
Das Arbeitsgesetzbuch sieht vor, dass Angestellte, Selbstständige oder freiberuflich tätige Personen in ihrer gesamten beruflichen Laufbahn insgesamt 80 Tage Bildungsurlaub beantragen können, wobei dieser in einem Zeitraum von zwei Jahren auf 20 Tage beschränkt ist.
Das Ministerium legt die Anzahl der Tage für einen Bildungsurlaub fest und stützt sich dabei auf die Zahl der zertifizierten Stunden der Weiterbildung.
Die von Emma angestrebte Weiterbildung dauert 53 Stunden. Das Ministerium rechnet diese Stunden in Arbeitstage um und teilt diese anschließend durch drei (woraufhin auf die nächst kleinere Zahl abgerundet wird).
Beispiel:
53 Stunden Weiterbildung: 8 Stunden/Tag = 6,625 Weiterbildungstage.
6,625 : 3 = 2,21 Tage, d. h. abgerundet auf die nächst kleinere Zahl: 2 Tage Bildungsurlaub.
Emma kann also zwei staatlich finanzierte Tage Bildungsurlaub nehmen, um ihren Kurs zu absolvieren. Da sie pro Jahr nur über 26 Tage bezahlten Urlaub verfügt, stellt dies eine nicht unerhebliche Hilfe dar.
Gut zu wissen: Der Bildungsurlaub muss mindestens einen Tag dauern. Um anerkannt zu werden, muss die Weiterbildung daher mindestens 24 Stunden dauern.
Der Arbeitgeber kann sich die an Emma während des Bildungsurlaubs gezahlte Ausgleichsentschädigung sowie den Arbeitgeberanteil der Sozialabgaben erstatten lassen.
Emma muss über ihre geplante Weiterbildung nun mit ihrem Arbeitgeber sprechen. Dieser muss den Sonderurlaub genehmigen oder ablehnen.
Während des gesamten Bildungsurlaubs (im vorliegenden Fall zwei Tage, vorausgesetzt der Antrag wird genehmigt) erhält Emma von ihrem Arbeitgeber eine Ausgleichsentschädigung. Konkret bedeutet dies, dass der Arbeitgeber Emma weiterhin ihr durchschnittliches Tagesgehalt zahlt (höchstens den vierfachen Tagessatz des Mindestlohns für Angestellte ohne Qualifikation*), in etwa so, als hätte sie einen normalen Urlaubstag genommen.
Der Vorteil für den Arbeitgeber von Emma besteht darin, dass sich dieser den Betrag der Entschädigung sowie den Arbeitgeberanteil der Sozialabgaben erstatten lassen kann, wenn er beim MENJE einen entsprechenden Erstattungsantrag stellt.
Wenn die Abwesenheit von Emma den ordnungsgemäßen Betrieb des Unternehmens gefährden könnte und ihr Vorhaben vom Arbeitgeber abgelehnt wird, kann der Bildungsurlaub einmalig verschoben werden. In diesem Fall kann Emma ihren Antrag trotzdem ans Ministerium senden (einschließlich der Ablehnung ihres Arbeitgebers). Ihr Antrag wird dann an eine Beratungskommission weitergeleitet, die eine Stellungnahme zur Aufschubfrist abgibt.
Der Antrag auf Bildungsurlaub muss mindestens zwei Monate vor Beginn des beantragten Bildungsurlaubs eingereicht werden.
Emma kann nun bei der Abteilung für Berufsausbildung des Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend ihren offiziellen Antrag auf Bildungsurlaub einreichen.
Hierzu muss sie:
Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse
Service de la formation professionnelle/congé-formation
29, rue Aldringen
L-2926 Luxemburg
Achtung: Der Antrag muss mindestens zwei Monate vor Beginn des beantragten Bildungsurlaubs eingehen.
Zahlreiche Informationen zum Bildungsurlaub in Luxemburg finden sich auf der Website des Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend (Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse – MENJE) www.men.lu sowie auf dem Portal www.guichet.lu. Interessierte können sich darüber hinaus ebenfalls direkt an die Abteilung für Berufsausbildung des Ministeriums wenden.
* Der Mindestlohn für Angestellte ohne Qualifikation beträgt zum 1. September 2023 2.570,93EUR.
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