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Juni 13, 2025

Die Auswirkungen der Basel-IV-Kapitalvorschriften auf die Vergabe von Geschäftskrediten

Nach einem Entwicklungsprozess, der sich über mehr als zehn Jahre hingezogen hat, rückt die vollständige Umsetzung der Basel-III-Kapitalanforderungen für Banken nun immer näher. Die endgültige Fassung, die von einigen Experten als „Basel III Endgame“ oder „Basel IV“ bezeichnet wird, soll am 1. Juli 2025 in Kraft treten, wobei zunächst eine dreijährige Einführungsphase vorgesehen ist. Die Anforderungen wurden ausgearbeitet, um nach der globalen Finanzkrise von 2007–09 zur Stabilisierung des weltweiten Bankensektors beizutragen. Sie könnten weitreichende Folgen haben und sich nicht zuletzt auch auf die Kreditvergabepraxis auswirken.

Die Regeln gehen auf den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht zurück, der 1974 gegründet wurde und seitdem zur wichtigsten Institution für die Gestaltung weltweiter Standards der Bankenregulierung sowie zu einem Forum für die regelmäßige Zusammenarbeit zu Fragen der Bankenaufsicht geworden ist. Die 45 Mitglieder des Ausschusses umfassen Vertreter von Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden, die 28 Rechtsordnungen angehören.

Die Basel-III-Regeln, die auf die Basel-I-Vorschriften von 1988 und die Basel-II-Vorschriften von 2004 folgen, sollen das internationale Bankensystem widerstandsfähiger machen und eine Wiederholung der Finanzkrise verhindern. Sie decken die Regulierung, die Beaufsichtigung und das Risikomanagement von Banken ab und sollen für alle international tätigen Banken gelten, wenngleich Europa bei der Ausarbeitung der Regeln federführend war und die Standards weltweit nicht ganz einheitlich umgesetzt worden sind.

Geregelt wird insbesondere die Höhe des Kapitals, das die Banken für die von ihnen eingegangenen Risiken vorhalten müssen. Dies wirkt sich in der Praxis darauf aus, inwieweit Banken imstande und gewillt sind, Kredite in einer bestimmten Höhe zu vergeben, und welche Konditionen dabei gelten.

Stetiger Anstieg der Kapitalquoten

Die Umsetzung des Basel III-Rahmenwerks mag sich lange hingezogen haben, doch in vielen Bereichen ist sie mittlerweile schon weitgehend abgeschlossen. Unter dem Druck der Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden erhöhen die großen europäischen Banken seit einigen Jahren ihre Kapitalquoten im Bereich des harten Kernkapitals („Common Equity Tier 1“). Viele der größten Bankengruppen – insbesondere diejenigen, die direkt von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigt werden – weisen bereits Kapitalquoten auf, die die Vorgaben von Basel IV (bzw. „Basel III Endgame“) nahezu erfüllen oder sie übertreffen, sodass unmittelbare Veränderungen ihrer Kreditvergabepraxis oder ihrer Verhaltensmuster in diesem Bereich minimal ausfallen dürften.

Auch andere Faktoren wie das vorherrschende Zinsniveau, die relative Verschuldung der Kreditnehmer und die Dynamik der nationalen und europäischen Volkswirtschaften werden die Kreditvergabeentscheidungen beeinflussen.

In jedem Fall erfolgt die Einführung der neuen Standards über einen längeren Zeitraum mit einer Frist bis zum 1. Januar 2030. Maßnahmen zur Umgestaltung der Kapitalallokationen und zur Optimierung der Bilanzen, die infolge der neuen Regeln erforderlich sind, werden schrittweise erfolgen. In der Zwischenzeit werden auch andere Faktoren wie das vorherrschende Zinsniveau, die relative Verschuldung der Kreditnehmer und die Dynamik der nationalen und europäischen Volkswirtschaften die Kreditvergabeentscheidungen beeinflussen.

Gleichwohl ist es so, dass die Banken aufgrund der neuen Regeln künftig mehr Eigenkapital im Verhältnis zu ihrem Kreditgeschäft vorhalten müssen. In diesem Zuge ist es erforderlich, die risikogewichteten Aktiva der jeweiligen Bank zu berechnen und den erforderlichen Mindestbetrag an vorgehaltenem Eigenkapital zu bestimmen, wobei das Risikoprofil ihrer Kreditvergabeaktivitäten sowie der anderen Aktiva in ihrer Bilanz zu berücksichtigen ist. So werden etwa Hypothekarkredite, die mit Wohnimmobilien besichert sind, im Vergleich zu Kreditkartenschulden als risikoärmer angesehen und sind daher mit geringeren Kapitalanforderungen verbunden. Je größer das Risiko, das eine Bank eingeht, desto mehr Kapital muss sie vorhalten. Diese Regel dient dem Schutz der Einleger für den Fall, dass Kreditnehmer ihre Schulden nicht begleichen können.

Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass sich eine Erhöhung der für die Banken geltenden Eigenkapitalanforderungen zumindest zu einem gewissen Grad auf ihre Bereitschaft zur Kreditvergabe auswirken wird. Das gilt insbesondere mit Blick auf Kredite für kleinere Unternehmen, die als risikoreicher gelten.

Lehren aus der Vergangenheit

Ein Blick in die Vergangenheit gibt uns bereits einige Hinweise darauf, wie die Banken möglicherweise reagieren werden. Valerio Vacca und Maddalena Galardo von der Direktion für Finanzstabilität der Banca d‘Italia haben in einem internen Bericht über die anfängliche Phase der Umsetzung von Basel III in Italien festgestellt, dass verschiedene Arten von Banken dabei unterschiedlich vorgegangen sind.

„Nach dem Inkrafttreten von Basel III in Italien im Jahr 2014 haben Banken mit geringer Kapitalausstattung die Kreditvergabe an Unternehmen heruntergefahren und die Zinssätze im Vergleich zu Banken mit hoher Kapitalausstattung erhöht. Zudem haben sie ihre Portfolios zugunsten von Kreditnehmern mit einem geringeren Risiko umgeschichtet“, schreiben sie. Dem Bericht zufolge betraf dies auch die Kreditvergabe an Kleinst- und Kleinunternehmen: Nach 2014 waren schwächere Banken bei der Kreditvergabe in diesem Segment zurückhaltender als besser kapitalisierte Finanzinstitute.

Die neuen Regeln werden nicht zwangsläufig zu einem Rückgang der Kreditvergabe an kleine Unternehmen führen; tatsächlich ist die Lage vielschichtiger.

Das bedeutet aber nicht, dass die neuen Vorschriften zwangsläufig zu einem Rückgang der Kreditvergabe an kleine Unternehmen führen werden; tatsächlich ist die Lage vielschichtiger. So heißt es bei Vacca und Galardo weiter: „Große Kapitalpuffer erhöhen die Widerstandsfähigkeit der Banken, auch gegenüber schwarzen Schwänen (d.h. unvorhersehbaren Ereignissen), und dies dürfte für stabilere Kreditströme sorgen.“ Unter bestimmten Umständen könnte eine Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen dazu führen, dass sich die Gesamtfinanzierungskosten einer Bank verringern. Dies würde ihre Kreditvergabefähigkeit folglich stärken und nicht etwa schwächen.

Die Auswirkungen von Basel IV dürften je nach Bank unterschiedlich sein. Finanzinstitute, die künftig strengere Anforderungen erfüllen müssen, könnten einen Anstieg ihrer Finanzierungskosten verzeichnen, den sie wahrscheinlich zumindest teilweise an die Kreditnehmer weitergeben. Dies kann zu einer geringeren Verfügbarkeit von Krediten auf dem Markt führen, insbesondere aufgrund einer verminderten Kreditvergabe durch schwächere Banken. Hierzu schreiben Vacca und Galardo: „Banken, deren Kapitalpuffer eher gering war, als die neuen Regeln in Kraft traten, haben ihr Kreditvergabeverhalten möglicherweise deutlicher geändert als ihre besser kapitalisierten Konkurrenten.“ Zwar ist es möglich, dass sich die Kreditvergabekonditionen branchenweit ändern werden, doch dieser Prozess wird sich voraussichtlich über einen längeren Zeitraum hinziehen.

Alternative Kreditgeber

Auch jenseits des Bankensektors dürfte es für Kreditnehmer noch weitere Möglichkeiten innerhalb des Finanzsystems geben, denn alternative Kreditgeber werden versuchen, von der nachlassenden Aktivität der traditionellen Banken in diesem Bereich zu profitieren und in die entsprechende Lücke zu stoßen. Der Vermögensverwalter M&G konstatiert, dass Banken „zunehmend ganze Bündel von Krediten, die in aller Regel schon länger bestehen und finanziell solide sind, an ausgewählte institutionelle Anleger verkaufen, während sie zugleich gegen eine Gebühr weiterhin das Kreditservicing übernehmen und die Beziehung zu den Endverbrauchern aufrechterhalten“.

Der Umstand, dass die neue US-Regierung allem Anschein nach eine Deregulierung der Wirtschaft anstrebt, hat noch weitere Zweifel darüber aufkommen lassen, wie genau die Vorgaben in den USA künftig umgesetzt werden.

Zudem stellt sich die Frage, ob die Basel-IV-Regeln in den großen Wirtschaftsräumen einheitlich umgesetzt werden. So ist die US-Notenbank angesichts einer konzertierten Kampagne des amerikanischen Bankensektors, die auf eine Aufweichung der sogenannten Basel-Endgame-Anforderungen abzielte, schon 2024 von einigen ihrer ursprünglichen Vorhaben wieder abgerückt. Der Umstand, dass die neue US-Regierung allem Anschein nach eine Deregulierung der Wirtschaft anstrebt, hat seitdem noch weitere Zweifel darüber aufkommen lassen, wie genau die Vorgaben in den USA künftig umgesetzt werden.

Die nach der Finanzkrise erarbeiteten Eigenkapitalvorschriften sind schon seit einiger Zeit bekannt und ihre Tragweite ist mittlerweile erfasst worden. Auch wenn sie möglicherweise dazu führen, dass die Kreditvergabe durch Banken mit schwächerer Kapitalausstattung in gewissem Maße nachlässt und dass Kreditnehmern, die als risikoreicher eingestuft werden, in Zukunft weniger Optionen zur Auswahl stehen, gilt eine wesentliche Veränderung der Kreditvergabestrategie im Bankensektor vorerst als unwahrscheinlich. Gleichwohl ist es denkbar, dass die Banken im Rahmen ihrer Reaktion auf die neuen Regeln stärker auf die Zusammenarbeit und Interaktion mit anderen Arten von Kreditgebern wie z.B. Kreditfonds setzen werden.