Expertenmeinung: „Wenn es um die Abwicklung der Steuern für das eigene Unternehmen geht, sucht man sich besser richtige Unterstützung“
„Jetzt ist es beschlossene Sache, ich wage den Schritt! Für mich ist es an der Zeit, mein eigenes Unternehmen zu gründen und auf eigenen Beinen zu stehen!“ – Geht Ihnen dies durch den Kopf? Wenn ja, dann sollten Sie die steuerlichen Konsequenzen kennen, die mit der Gründung eines Unternehmens verbunden sind. Denn so können Sie später böse Überraschungen vermeiden. Um all das zu verstehen, haben wir einen Spezialisten um Unterstützung gebeten: Jean-Paul Olinger, Direktor der Union des Entreprises Luxembourgeoises (UEL). Ein Interview.
Herr Olinger, ist Luxemburg ein Start-Up-freundliches Land?
Selbstverständlich! Aufgrund seiner Lage und seiner Bevölkerung war unser Land schon immer international und kosmopolitisch, und von daher auch sehr aufgeschlossen. Luxemburg ist business-friendly. Man braucht sich bloß die Zahl der sich ansiedelnden Inkubatoren anzuschauen um zu sehen, dass dies der ideale Ort für die Gründung eines Unternehmens ist.
Sagen wir, ich will mich mit einem Unternehmen selbstständig machen, das auf das Internet of Things spezialisiert ist (IoT – die Erweiterung des Internets auf Dinge und Orte in der realen Welt) – auf welche steuerlichen Aspekte muss ich achten, bevor ich mich an die Arbeit mache?
Steuern sind kein isolierter Bereich, sondern stellen einen wichtigen Teil in einem Komplex von Fragen rund um das Projekt an sich, die Branche und die Beteiligten dar.
Als „Start-Upper“ muss man zunächst sein Projekt definieren und sich die richtigen Fragen stellen: In welcher Zeit möchte ich dieses Projekt konkretisieren? Welches Budget/Eigenkapital steht mir zur Verfügung? Will ich dieses Projekt ganz alleine realisieren oder mich mit anderen zusammentun? Welche Wachstumsgeschwindigkeit ist geplant? Wo befinden sich meine Lieferanten und Kunden? Verfügt das Start-Up über alle fachlichen Kompetenzen oder müsste es Spezialisten einstellen? Stammen diese Spezialisten aus Luxemburg oder aus dem Ausland?
Sobald das Projekt definiert ist und der Business-Plan erstellt wurde, ist ein erster wesentlicher Punkt die Wahl der Rechtsform.
Warum ist die Rechtsform so wichtig?
Die Wahl der Rechtsform für ein Unternehmen beeinflusst nicht nur die Haftung des Unternehmers, die alltägliche Verwaltung und die Aufteilung der Befugnisse innerhalb des Unternehmens, sondern auch die Besteuerung von getätigten Investitionen, erwirtschafteten und dann ausgeschütteten Erträgen oder eventuellen Anfangsverlusten, die das Unternehmen erleidet.
Welche Optionen stehen zur Wahl?
Man hat die Wahl zwischen einem Einzelunternehmen einerseits und einer Handelsgesellschaft andererseits in Form einer Personengesellschaft (offene Handelsgesellschaft (SENC), einfache Kommanditgesellschaft (SCS)) oder Kapitalgesellschaft (Gesellschaft mit beschränkter Haftung (SARL), vereinfachte Gesellschaft mit beschränkter Haftung (SARL-S), Aktiengesellschaft (SA), Kommanditgesellschaft auf Aktien (SCA)). Die neue Form der vereinfachten Gesellschaft mit beschränkter Haftung bietet die Möglichkeit, mit weniger Kapital zu starten und bestimmten administrativen Bürden zu entgehen. Die Vorteile sind rechtlicher, aber nicht steuerlicher Art.
Bei einem Einzelunternehmen werden Gewinne direkt beim Unternehmer bzw. den Gesellschaftern besteuert, während Gewinne einer Kapitalgesellschaft bei der Gesellschaft und nicht bei ihren Gesellschaftern oder Aktionären besteuert werden.
Worin unterscheiden sich diese beiden Unternehmens-„Familien“?
Die beiden Typen werden nicht auf die gleiche Art und Weise besteuert. Bei einem Einzelunternehmen werden Gewinne direkt beim Unternehmer bzw. den Gesellschaftern besteuert, während Gewinne einer Kapitalgesellschaft bei der Gesellschaft und nicht bei ihren Gesellschaftern bzw. Aktionären besteuert werden. Bei Letzteren erfolgt die Besteuerung erst dann, wenn sie ihren Anteil am Gewinn der Gesellschaft in Form von Dividenden beziehen.
Bestehen dennoch Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Rechtsformen?
In der Tat. In allen Fällen unterliegt ein Start-Up folgenden Steuern, Abgaben und Gebühren: der Eintragungsgebühr, Grundsteuer, Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer. Kapitalgesellschaften müssen außerdem eine Vermögenssteuer entrichten.
Wie treffe ich da eine Entscheidung?
Leider gibt es keine Universallösung. Die Wahl der am besten geeigneten Rechtsform hängt jeweils vom Einzelfall ab und sollte auf Grundlage einer Analyse erfolgen. In Fragen der Unternehmensgründung verlässt man sich besser auf die Fachkompetenz von Spezialisten.
Diese Spezialisten können auch über die Möglichkeit beraten, von Anfang an ein Entgeltumwandlungsprogramm in Form von Aktienoptionen vorzusehen, die Impatriate-Regelung, die interessant ist, wenn das Start-Up die Einstellung von Experten aus dem Ausland in Erwägung gezogen hat, weil dann unter bestimmten Bedingungen Leistungen, die Expatriates im Allgemeinen erhalten wie z.B. die Erstattung von Umzugskosten, Wohnkosten, Schulgebühren usw., steuerbefreit sein können.
Nehmen wir an, ich habe einen Spezialisten konsultiert und wir haben uns für eine SARL entschieden. Welche steuerlichen Pflichten habe ich im Gründungsjahr meines Unternehmens?
Sobald alle für die Ausübung der Tätigkeit notwendigen Genehmigungen/Zulassungen sowie ein Entwurf für die Satzung der SARL vorliegen, wird die Gesellschaft in Gegenwart eines Notars gegründet. Dann wird die bei Gründung fällige feste Eintragungsgebühr für die Eintragung der notariellen Urkunde erhoben und ist an die Einregistrierungs-, Domänen- und Mehrwertsteuerverwaltung (AED) zu zahlen.
Nach der Eintragung schickt die l’Administration des contributions directes (ACD) im Allgemeinen ein Informationsschreiben mit dem Aktenzeichen und dem zuständigen Finanzamt an das Start-Up. Andernfalls ist das Unternehmen verpflichtet, die ACD selbst zu kontaktieren. Diesem Schreiben kann ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (oder eine Anmeldung in Sachen Einkommensteuer) beiliegen, den das Start-Up auszufüllen hat. Anhand dieses Fragebogens kann das zuständige Finanzamt vierteljährliche Vorauszahlungen für die Einkommensteuer, die Gewerbesteuer und gegebenenfalls die Vermögenssteuer festsetzen.
Außerdem müsste sich das Start-Up im Prinzip für die MwSt. registrieren. Dazu ist eine steuerliche Erfassung bei der AED, entweder online über MyGuichet oder per Post, mit Hilfe der entsprechenden Formulare erforderlich.
Schließlich hat das Start-Up als Arbeitgeber Pflichten im Bereich der Einbehaltung von Lohnsteuer. Es muss nämlich die Steuer, die es von den an die Mitarbeiter gezahlten Vergütungen einbehalten hat, erklären und abführen.
Nach der Registrierung bei ACD und AED erhält das Start-Up eine aus 11 Ziffern bestehende nationale Kennnummer sowie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer, die sich aus dem Präfix „LU“ und einem persönlich zugewiesenen einmaligen Block aus 8 Ziffern zusammensetzt. Die Umsatzsteueridentifikationsnummer wird im innergemeinschaftlichen Handel verwendet. Die nationale Kennnummer wird bei Korrespondenz mit der ACD und der AED benutzt.
Und in den Folgejahren?
Ähnlich wie alle Arbeitnehmer muss das Start-Up seine Einkünfte (und gegebenenfalls sein Vermögen) in seiner jährlichen Steuererklärung erklären und die anfallende Steuer zahlen.
Da ein Fragebogen für die steuerliche Erfassung ausgefüllt wurde und eine Registrierung für die Mehrwertsteuer erfolgt ist, muss die anfallende Steuer, die sich nach dem Jahresumsatz richtet, monatlich, vierteljährlich und/oder jährlich erklärt und abführt werden.
Weitere Pflichten bestehen im Bereich der Sozialversicherung als Selbstständiger ebenso wie als Arbeitgeber, wenn das Start-Up Mitarbeiter beschäftigen soll. Die beim Arbeitnehmer anfallende Einkommensteuer behält der Arbeitgeber nämlich direkt vom Entgelt ein und führt sie an die ACD ab.
Ein Unternehmen zu gründen ist spannend und komplex, denn man muss die damit verbundenen steuerlichen Herausforderungen kennen, und das ist alles andere als selbstverständlich.
Würden Sie mir zum Schluss noch einen Rat für die Gründung meines Start-Ups geben?
Ein Unternehmen zu gründen ist spannend und komplex, denn man muss die damit verbundenen steuerlichen Herausforderungen kennen, und das ist alles andere als selbstverständlich. Ich würde empfehlen, sich die richtige Unterstützung zu verschaffen und die Meinung oder Dienste von Steuerspezialisten einzuholen bzw. in Anspruch zu nehmen, z.B. durch ein Steuer-Coaching. Diese Spezialisten können einen in allen Phasen der Gründung beraten.
Weitere Informationen finden sich auch im Unternehmensportal unter www.guichet.lu, das als „virtueller Schalter“ der luxemburgischen Regierung fungiert und nützliche Informationen über die Gründung, alltägliche Führung, Entwicklung und Veräußerung eines Unternehmens bietet, oder auch auf der Website www.houseofentrepreneurship.lu, der Plattform, die alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten bei der Gründung und Entwicklung von Unternehmen in Luxemburg bündelt.
Das Start-Up hat auch die Möglichkeit, das BusinessMentoring der GIE Business Support in Anspruch zu nehmen. Dieses Programm lehnt sich an ein Konzept an, das in Kanada entwickelt wurde – das Business Mentoring –, und besteht im Wesentlichen aus der ehrenamtlichen Betreuung eines jungen Geschäftsleiters (Mentee) durch einen erfahrenen Unternehmenschef (Mentor) über einen Zeitraum von 12 oder 18 Monaten. Es richtet sich an alle Geschäftsleiter, deren Unternehmen in Luxemburg ansässig ist, unabhängig davon, ob sich das Unternehmen in der Anlauf-, Wachstums- oder Übergabe-/Übernahmephase befindet.“