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Dezember 22, 2024

Finanzielle Schwierigkeiten: Was wir von den Reichen lernen können

In den letzten Jahren verschlechterte sich die allgemeine Wirtschaftslage infolge der Corona-Krise und anschließend aufgrund der galoppierenden Inflation deutlich. Die Handlungsspielräume und finanzielle Sicherheit von Privathaushalten wie auch von Unternehmen haben dadurch abgenommen. Solche Entwicklungen können Gefühle der Überforderung und Hoffnungslosigkeit auslösen. Zumal wir es in diesen Situationen oft nicht schaffen, die Perspektive zu wechseln und den Blick zu weiten. Dann kann es hilfreich sein, sich vor Augen zu führen, wie erfolgreiche Menschen denken.

Neben den materiellen Schwierigkeiten gehen finanzielle Probleme auch mit erheblichen psychologischen Belastungen einher. Genau hier muss man ansetzen, um den Teufelskreis zu durchbrechen. Finanzielle Schwierigkeiten binden viel Aufmerksamkeit, sodass es schwerfallen kann, die mentalen Ressourcen aufzubringen, die wir benötigen, um uns aus solchen Situationen zu befreien.

Begrenzte mentale Ressourcen

Jeder weiß, dass eine mangelhafte Ernährung unsere physischen und kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt. Bei mangelhafter Ernährung arbeiten Körper und Gehirn im Sparmodus, wir neigen zu Schwäche und uns unterlaufen häufiger Fehler. Wussten Sie, dass finanzielle Schwierigkeiten unsere kognitiven Fähigkeiten ebenfalls beeinträchtigen?

Finanzielle Schwierigkeiten beeinträchtigen unsere kognitiven Fähigkeiten.

In finanziellen Notlagen oder anderen schwierigen Lebenssituationen wird unser Gehirn mit einer Flut von Informationen konfrontiert, die verarbeitet werden müssen, um Prioritäten zu setzen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir müssen finanzielle Abwägungen treffen, genau wie der Körper in einer Mangelsituation entscheidet, welche Organe zuerst mit Nährstoffen versorgt werden. Da wir einen Großteil unserer begrenzten kognitiven Ressourcen für finanzielle Entscheidungen aufwenden müssen, ermüdet dies unser Gehirn genauso wie bei einem physischen Mangel!

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Verfassung von Personen, die bei finanziellen Schwierigkeiten Entscheidungen treffen, in etwa der von Personen gleicht, die dauerhaft unter Schlafmangel leiden. Laut den Studien geht das sogar so weit, dass ein starker Einkommensrückgang oder Armut den IQ einer Person vorübergehend um 13 Punkte senken kann. Neben den materiellen Schwierigkeiten verfügt die Person somit über weniger kognitive Kapazitäten, um einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Dies erklärt, warum es so schwierig ist, bei finanziellen Problemen gute Entscheidungen zu treffen!

Was bedeutet das konkret für Personen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden und keinen Ausweg sehen? Ihr Unvermögen, sich aus dieser Situation zu befreien, liegt nicht daran, dass sie generell über geringere Fähigkeiten verfügen. Tatsächlich sind es die Umstände, die ihre Fähigkeiten in diesem Moment mindern. Würde sich eine andere Person in derselben Situation befinden, erginge es ihr ganz genauso. Diese Erkenntnis kann helfen, Schuldgefühle zu überwinden, und das Selbstvertrauen stärken.

Ein Beispiel ist die Studie „Poverty impedes cognitive function“, die von Mani, Mullainathan, Shafir und Zhao in Indien bei Landwirten durchgeführt wurde. Ihre Forschungen ergaben, dass die Landwirte kurz vor der Ernte (Phase, in der Einkommen und Ressourcen fehlen) schlechtere finanzielle Entscheidungen trafen als danach, wenn ihnen also mehr Mittel für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse zur Verfügung standen und sie gelassener in die Zukunft blicken konnten.

Um es noch einmal hervorzuheben: Abgesehen von einigen Ausnahmen ist es nicht ein Mangel an Fähigkeiten, der zu Armut führt, vielmehr wirkt sich der Mangel an finanziellen Ressourcen selbst negativ auf die Fähigkeiten aus! Eine persönliche Finanzkrise stellt somit eine doppelte Belastung dar: materiell und kognitiv. Die gute Nachricht ist, dass man etwas gegen diese kognitive Beeinträchtigung tun kann. Dank der Neuroplastizität können wir unser Gehirn trainieren, bessere Entscheidungen zu treffen.

Dazu muss man zunächst verstehen, welche Mechanismen die Denkprozesse im Falle größerer finanzieller Schwierigkeiten stören, bevor man sich an den Strategien finanziell erfolgreicher Menschen orientieren kann.

Schädliche Mechanismen bei Armut

Zahlreiche Mechanismen können arme Menschen potenziell beeinträchtigen. Zu nennen sind hier insbesondere:

    • Psychische Überlastung. Armut oder finanzielle Schwierigkeiten führen zu Stress. Eine solche Situation fordert Aufmerksamkeit, löst Grübeleien aus und bindet geistige Ressourcen. Die Folge ist eine geistige Überlastung. Das Gehirn beschäftigt sich mit den Problemen, die es als unmittelbare Bedrohung wahrnimmt. Das ist ermüdend und führt zu einem Gefühl der Überforderung. In dieser Situation ist es nicht möglich, klar zu denken. Selbst Entscheidungen und Handlungen, die in normalen Zeiten leicht fallen, übersteigen unsere Kräfte.

Wer unter Geldmangel leidet, konzentriert sich oft ausschließlich auf die Lösung der unmittelbaren Probleme.

    • Tunnelblick. Wer unter Geldmangel leidet, konzentriert sich oft ausschließlich auf die Lösung der unmittelbaren Probleme (Kauf von Lebensmitteln, Zahlung einer Rechnung usw.). Die Person befindet sich in einem mentalen Tunnel, ohne den Ausgang zu sehen. Wenn es darum geht, sich auf die Lösung einer kurzfristigen Krise zu konzentrieren, kann es hilfreich sein, sich in einen Tunnel zu begeben. Bei einer chronischen Situation ist dies dagegen schädlich. Durch den Fokus auf die aktuelle Situation ist die Person nicht in der Lage, nach längerfristigen Lösungen zu suchen, die einen Ausweg aus dem Teufelskreis ermöglichen.
    • Mangel an exekutiver Kontrolle. Eine Knappheit an finanziellen Ressourcen kann sich negativ auf die exekutive Kontrolle auswirken, die Funktionen wie Planung, Wille und Impulskontrolle steuert. Diese drei Elemente sind entscheidend für die Verfolgung und Erreichung langfristiger Ziele. Ein solcher Mangel an Kontrolle kann erklären, warum man Ziele nicht erreicht oder sein Budget nicht einhält.
    • Resignation und Selbstabwertung. Menschen, die in prekären Verhältnissen leben oder finanzielle Schwierigkeiten haben, sind häufig in einem Teufelskreis gefangen, wobei sie jeden weiteren Misserfolg als Bestätigung ihrer mangelnden Fähigkeiten betrachten. Es besteht dann eine zunehmende Tendenz, sich selbst abzuwerten und den Fokus auf Hindernisse oder negative Aspekte der gegenwärtigen Situation zu legen.
    • Verfügbarkeitsheuristik. Das Gefühl der Überforderung kann dazu führen, dass man mit Scheuklappen herumläuft. Dann ist man nicht mehr in der Lage, über die gegenwärtige Situation hinauszublicken oder seine Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Die Verfügbarkeitsheuristik und das Phänomen des Tunnelblicks sind eng miteinander verbunden und verstärken sich gegenseitig.
    • Status-quo-Verzerrung. Aufgrund all der oben genannten mentalen Barrieren kann das Gefühl der Hilflosigkeit so groß sein, dass viele es vorziehen, nichts zu verändern, gelähmt von der Angst, ihre Situation durch eine falsche Entscheidung weiter zu verschlechtern.

Wer all diesen Mechanismen ausgesetzt ist, fühlt sich wie in einem Teufelskreis gefangen. Die Lösung? Es ist wichtig, eine andere Denkweise einzunehmen, die es ermöglicht, echte Veränderungen anzustoßen, Chancen zu erkennen und einen neuen Weg einzuschlagen, der Hoffnung macht.

Sein Gehirn auf die Wahrnehmung von Chancen ausrichten

Was liegt da näher, als sich von den Strategien finanziell erfolgreicher Menschen inspirieren zu lassen? Anstatt immer wieder in gleicher Weise zu handeln und auf andere Ergebnisse zu hoffen, sollten wir eine persönliche oder konjunkturelle Krise als Chance für Veränderungen begreifen!

Im Folgenden sind einige mentale Mechanismen aufgeführt, die man sich von erfolgreichen Menschen abschauen kann:

    • Eine wachstumsorientierte Mentalität entwickeln. Erfolgreiche Menschen betrachten nicht jeden Fehler oder Misserfolg als Beweis für ihre Inkompetenz, sondern als Chance, um zu lernen, sich zu verändern und die eigene Sichtweise anzupassen. Diese Einstellung ermöglicht es, Probleme effizienter anzugehen und beim Weg aus der Misere auf Kurs zu bleiben.
    • Lernen zuzuhören. Um die Scheuklappen abzulegen und neue Lösungen in Betracht zu ziehen, muss man sich zwingen, zu lesen, sich andere Meinungen anzuhören und neue Dinge zu lernen. Man muss offen für Neues sein, wenn man nicht immer wieder das Gleiche erleben will.
    • Sein Verhältnis zu Geld verändern. Für Personen, die sich in einer prekären Situation befinden, gilt oft folgende Formel: Ersparnis = Gehalt – monatliche Ausgaben. Die meisten finanziell erfolgreichen Menschen wandeln die Formel wie folgt ab: Gehalt – Ersparnis = monatliche Ausgaben. Konkret bedeutet das, dass man zuerst sparen muss, auch wenn es sich am Anfang nur um kleine Beträge handelt. Man muss sein Gehirn zwingen, langfristig zu denken, um neue Perspektiven angesichts der gegenwärtigen Situation entwickeln zu können.

Käufe in großen Mengen senken vielleicht den Stückpreis, nicht aber den Gesamtbetrag.

    • Nur kaufen, was man braucht. Es mag unlogisch erscheinen, doch Personen, die in prekären Verhältnissen leben, neigen dazu, mehr zu kaufen als wohlhabendere Menschen. Personen, die finanzielle Schwierigkeiten haben, kaufen im Supermarkt oft Lebensmittel für den gesamten Monat. Das Problem: In der Annahme, zu sparen, geben sie tatsächlich mehr aus als nötig. Käufe in großen Mengen senken vielleicht den Stückpreis der Produkte, nicht aber den Gesamtbetrag – im Gegenteil. Dies lohnt sich nur, wenn man die gekaufte Menge auch tatsächlich benötigt. Sein gesamtes Kontoguthaben am fünften Tag des Monats für Milchprodukte im Sonderangebot auszugeben, deren Haltbarkeitsdatum in wenigen Tagen ablaufen wird, ist absurd! Entweder muss man einen Teil davon wegwerfen oder in wenigen Tagen mehr davon essen als nötig; und im Anschluss daran wird der Kühlschrank wieder leer sein.
    • Sein Selbstvertrauen stärken. Personen, die sich in einer prekären Lage befinden, schämen sich manchmal für ihre Situation. Unter dem Druck der Konsumgesellschaft kaufen sie Prestigeobjekte (z. B. ein teures Smartphone), um ihre Armut zu verstecken. Erfolgreiche Menschen geben meist nicht viel auf die Blicke anderer und legen dieses Verhalten daher nicht an den Tag, außer vielleicht, wenn sie sich weniger wohlhabend im Vergleich zu noch reicheren Menschen fühlen. Um wieder Selbstvertrauen zu gewinnen, muss man den Weg aus der Isolation finden, Pläne schmieden und sich vor allem nicht schämen, jede verfügbare Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch den Kauf von Gegenständen kann man sein Selbstvertrauen nicht dauerhaft stärken. Vielmehr wird dies die Situation noch verschlimmern.
    • Herausforderungen annehmen. Es hilft nicht, den Status quo zu bewahren. Um Veränderungen herbeizuführen, muss man Risiken eingehen und neue Dinge ausprobieren, selbst wenn dies in der Situation gerade unpassend erscheint. Neue Wege, neue Bekanntschaften – es ist wichtig, offen dafür zu sein, neue Dinge zu lernen und zu erleben!
    • Sich das Leben erleichtern. Um der geistigen Überlastung entgegenzuwirken, die oft aus finanziellen Schwierigkeiten resultiert, sollte man das vereinfachen, was sich vereinfachen lässt. So kann man beispielsweise die Funktionen des Online-Banking nutzen, um Geld zur Seite zu legen, Unterkonten einzurichten oder sich finanzielle Ziele zu setzen. Auch die Technologie kann dabei helfen, Gewohnheiten zu verändern. Achten Sie jedoch darauf, sich kein zu starres Budget aufzuerlegen.

Viel Erfolg!