Grüne Anlagen: Wie vertrauenswürdig sind Label?
Auch im Finanzsektor werben Anbieter häufig damit, dass eines ihrer Produkte mit einem Label ausgezeichnet wurde. Was ist der Zweck einer solchen Zertifizierung? Lohnt sie sich für ein Unternehmen tatsächlich? Kann man als Anleger darauf vertrauen? Denise Voss, Vorsitzende von LuxFLAG, erläutert, worum es bei der Zertifizierung von Finanzprodukten geht und welche Label es in Luxemburg gibt.
Frau Voss, welche Label können Banken im Zusammenhang mit grünen Finanzanlagen und dem Übergang zu mehr Nachhaltigkeit für ihre Produkte nutzen?
Label werden schon seit Langem eingesetzt, um Produkte aller Art auszuzeichnen, z.B. Kosmetika. Im Finanzsektor funktioniert diese Zertifizierung ganz ähnlich. Es werden hierbei nur Produkte ausgezeichnet, die von Banken angeboten werden – nicht von Vermögensverwaltern.
Mittlerweile wurden vielen EU-Verordnungen Auflagen mit Blick auf die soziale Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) hinzugefügt. Die MiFID-Richtlinie, die sich mit dem Vertrieb von Finanzprodukten befasst, sieht vor, dass Banken, Makler und Finanzunternehmen Kunden nach ihren Präferenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit befragen. Dies geschieht mit dem Ziel, ihnen passende Produkte anzubieten.
Mit dem Europäischen Umweltzeichen (EU Ecolabel) wird derzeit ein neues Label für Finanzprodukte geschaffen, wobei die Kriterien und die künftige Vergabestelle derzeit noch nicht bekannt sind.
Inwiefern sind solche Auszeichnungen für die Unternehmen von Vorteil?
In der Vergangenheit haben sich Vermögensverwalter bei der Beratung ihrer Kunden vor allem auf finanzielle Kriterien konzentriert. Künftig sind Sie verspflichtet, ESG-Kriterien einzubeziehen – eine Herausforderung, weil dafür Daten benötigt werden.
Label können Finanzakteuren dabei helfen, auf die Präferenzen ihrer Kunden abgestimmte Produkte zu identifizieren und so die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Zudem lassen sich auf diese Weise viele ökologische, aber auch gesellschaftliche Probleme angehen. Immer mehr Anlageverwalter nutzen diese neue Art des Investierens. Einige sind sehr fortschrittlich aufgestellt und integrieren die ESG-Komponente (Environmental, Social und Governance) bereits in ihren Anlageprozess. Doch auch wenn zunehmend Best Practices zur Anwendung kommen, bleibt noch viel zu tun.
In Europa gibt es sieben Agenturen, die Label für Finanzprodukte und insbesondere für Investmentfonds vergeben.
Von welchen Stellen werden diese Label in der Regel vergeben?
In Europa gibt es sieben Agenturen, die Label für Finanzprodukte und insbesondere für Investmentfonds vergeben. In der Regel handelt es sich dabei um ESG-Label (für den Übergang zur Nachhaltigkeit) oder „Green“-Label (für Produkte mit positiver Wirkung). Jede Agentur gestaltet ihre Label individuell, es gibt allerdings starke Ähnlichkeiten. Die Kriterien für jede Zertifizierung müssen schließlich allgemein nachvollziehbar sein. Da sich Label als nützlich erwiesen haben, ist nicht ausgeschlossen, dass sie in Zukunft auch von anderen Unternehmen vergeben werden.
Die Agentur LuxFLAG vergibt ihre eigenen Label. Wodurch zeichnen sich diese aus?
Die unabhängige Labelling-Agentur LuxFLAG besteht seit 2006. Wir zeichnen 365 Finanzprodukte aus, bei denen es sich überwiegend um Investmentfonds aus Luxemburg (60%) und aus Europa handelt. Insgesamt umfassen diese Fonds, die von 125 Managern verwaltet werden, ein verwaltetes Vermögen von umgerechnet 190 Milliarden Euro.
Im Unterschied zu anderen Agenturen vergeben wir sechs verschiedene Label. Vier davon zielen direkt auf das ab, was wir als eine positive Wirkung bezeichnen, und erfüllen die Kriterien von Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR): Microfinance, Climate Finance, Green Bond und Environment. Diese Auszeichnungen sind für Produkte gedacht, die Anlagen in sogenannten Impact-Unternehmen ermöglichen.
Wir vergeben zudem zwei Label, die sich stärker auf den Übergang zur Nachhaltigkeit beziehen und deren Kriterien Artikel 8 der SFDR entsprechen: ESG und Sustainable Insurance Product. Wir regen die Unternehmen dazu an, diesen Übergang voranzutreiben.
Wie läuft das Zertifizierungsverfahren ab?
Der Bewerbungsprozess gestaltet sich vollkommen transparent. Es müssen zum Beispiel bestimmte Dokumente zur CSR- und Ausschlusspolitik eingereicht werden. Sobald diese Unterlagen eingegangen sind, wird die Bewerbung geprüft und es werden ggf. Fragen gestellt.
Das Zertifizierungsverfahren an sich nimmt drei Monate in Anspruch. Oft dauert es ein Jahr, bis die Institute ihre Unterlagen vervollständigt haben.
Wir erhalten auch detaillierte Informationen zu den Portfolios der einzelnen Fonds und wählen bestimmte Wertpapiere zur Überprüfung aus. Wir fordern von den Vermögensverwaltern Nachweise und Erklärungen dazu, warum sie unter CSR-Gesichtspunkten in diese Wertpapiere investieren. Außerdem prüfen wir die Qualität der Produkte und gehen die Unterlagen durch, bevor wir sie zur Eignungsprüfung an unseren Expertenausschuss für das jeweilige Label weiterleiten. Unserer Prozess ist gemäß ISAE 3000 (International Standard on Assurance Engagements) zertifiziert, wodurch die Qualität sichergestellt wird. Das Zertifizierungsverfahren an sich nimmt drei Monate in Anspruch. Oft dauert es ein Jahr, bis die Institute ihre Unterlagen vervollständigt haben.
Es ist außerdem wichtig zu wissen, dass unsere Label ein Jahr lang gültig sind und dann nach dem gleichen Verfahren erneut vergeben werden können.
Gibt es Kriterien, anhand derer sich die Qualität eines Labels beurteilen lässt?
Für jedes Label gelten spezifische Anforderungen, die streng sind, aber von bestimmten Produkten erfüllt werden können. Im Fall des Climate Finance-Labels muss der gewählte Fonds mindestens 75% seines Portfolios in Vermögenswerten anlegen, die in direktem Zusammenhang mit der Anpassung an den Klimawandel oder der Eindämmung von dessen Auswirkungen stehen. Andere Kriterien zielen beispielsweise darauf ab, sicherzustellen, dass der Fonds und der Fondsmanager unter die Aufsicht europäischer Behörden fallen.
Um hier Transparenz zu schaffen, werden alle Kriterien für die von LuxFLAG verliehenen Label auf unserer Website aufgeführt. Für das ESG-Label müssen sämtliche Titel des Portfolios auf die Erfüllung von CSR-Anforderungen hin überprüft werden. Für diese Auszeichnung haben wir eine Ausschlussliste erstellt, die unter anderem Hersteller von Tabakprodukten umfasst.
Werden diese Kriterien weiterentwickelt, um die Label zu verbessern?
Die Kriterien werden tatsächlich fortlaufend weiterentwickelt. Zum Beispiel gab es Veränderungen beim ESG-Label von LuxFLAG: Heute müssen mindestens drei ESG-Strategien in den Anlageprozess integriert werden. Insgesamt gibt es sieben Strategien, die Vermögensverwalter beispielsweise dazu verpflichten, mit Unternehmen in einen Dialog zu treten und diese zu Verbesserungen in puncto ESG anzuregen, oder dazu, eine Ausschlusspolitik einzuführen.
Label stellen keine Garantie für die finanzielle Performance eines Fonds oder seine Leistung im Bereich CSR dar. Sie senden ein positives Signal mit Blick auf Bemühungen, ein Finanzprodukt nachhaltiger zu gestalten.
Lässt sich abschließend sagen, dass Anleger auf Label vertrauen können?
Label stellen keine Garantie für die finanzielle Performance eines Fonds oder seine Leistung im Bereich CSR dar. Sie senden ein positives Signal mit Blick auf Bemühungen, ein Finanzprodukt nachhaltiger zu gestalten. Wenn man als Anleger zwei Fonds mit ähnlicher Anlagepolitik vor sich hat, ist es ganz normal, dass man stärker zu dem Fonds mit Zertifikat tendiert. Die Einführung dieser Label ist letztendlich eine Dienstleistung für die Anleger.