Sollten vermögende Anleger in die Weltraumwirtschaft investieren?
Oberflächlich betrachtet scheint der Weltraum kein besonders vielversprechendes Investment zu sein. Bei jedem Raketenstart wird im wahrsten Sinne des Wortes viel Geld verbrannt. Weltraumenthusiasten mit Weitblick weisen jedoch auf das enorme Potenzial der Raumfahrtindustrie hin – von Breitband-Internet und Mobilfunk bis hin zum Hochgeschwindigkeitstransport von Gütern.
Der gesamte Weltraummarkt hatte 2020 Schätzungen zufolge ein Volumen von rund 350 Milliarden US-Dollar. Morgan Stanley geht davon aus, dass der Umsatz in dem Sektor bis 2040 insgesamt auf über 1 Billion US-Dollar steigen könnte. Eröffnen sich hier auch Chancen für Privatanleger?
Die Erforschung des Weltraums war in der Vergangenheit die Domäne der Regierungen finanzstarker, miteinander konkurrierender Staaten. Der Start des Sputnik-Satelliten durch die Sowjetunion im Jahr 1957 löste einen erbitterten Wettstreit mit den USA um die Vorherrschaft im Weltraum aus. Auf dem Höhepunkt im Jahr 1966 gaben die USA 4,5% des Bundeshaushalts für die US-Raumfahrtbehörde NASA (National Aeronautics and Space Administration) aus. Nachdem die USA ihr Ziel, Menschen auf den Mond zu bringen, im Jahr 1969 erreicht hatten, flaute die Dynamik ab. Die Raumfahrtausgaben der USA sanken bis 1975 auf 1% des BIP und liegen heute bei rund 0,5% des BIP bzw. 20 Milliarden US-Dollar.
Da auch die Sowjetunion und ihr Nachfolger Russland das Interesse am Wettlauf ins All verloren, wurden nach Neil Armstrongs historischem ersten Schritt auf die Mondoberfläche mehrere Jahrzehnte nur verhältnismäßig geringe Fortschritte erzielt. Träume, dass Menschen auf dem Mond Urlaub machen oder sogar dauerhafte Siedlungen errichten könnten, erwiesen sich bisher als zu ambitioniert, wurden in den 2020er Jahren aber von einer neuen Generation von Raumfahrtunternehmern wiederbelebt.
Aufstieg der privaten Raumfahrt
Weltraumtourismus, wenn auch nicht Urlaub auf dem Mond, ist heute zumindest für sehr wohlhabende Menschen Realität geworden. Das Unternehmen Virgin Galactic von Richard Branson hat kommerzielle Raumfahrzeuge entwickelt, um Kunden suborbitale Flüge anzubieten. Der Jungfernflug fand 2018 statt, und im Februar 2022 begann der Ticketverkauf für die Öffentlichkeit – zu einem Preis von 450.000 US-Dollar. Der erste zahlende Passagier wurde im August 2023 bei einem 15-minütigen Flug in eine Höhe von 88 Kilometern befördert.
Amazon-Gründer Jeff Bezos startete Blue Origin im Jahr 2000 mit dem ehrgeizigen Ziel, die unbegrenzten Ressourcen des Weltraums zu erschließen und es zu ermöglichen, umweltverschmutzende Industrien in den Weltraum zu verlagern, um die Erde zu schützen. Das Unternehmen hat seitdem 22 Missionen durchgeführt und beschäftigt heute 11.000 Mitarbeiter.
SpaceX von Tesla-Gründer und -CEO Elon Musk ist wahrscheinlich das bedeutendste private Raumfahrtunternehmen der Welt. Obwohl es nach wie vor in privater Hand ist, hat es Mittel von namhaften Investmentmanagern wie Baillie Gifford, Fidelity und T Rowe Price erhalten.
Die von SpaceX entwickelten wiederverwendbaren Raketen haben die Wirtschaftlichkeit der Raumfahrt verändert. Die Falcon-9-Raketen von SpaceX sind nach ihrem Einsatz bereits mehr als 200 Mal heil zum Startplatz zurückgekehrt. SpaceX bietet auch Breitband-Internet über Starlink, das größte Satellitennetz der Welt, an.
Es gibt noch viele andere kommerzielle Anbieter von Raumfahrtdienstleistungen und -technologien. Etwa 100 Unternehmen bringen derzeit Raketen ins All, und viele weitere Firmen stellen Komponenten und Werkzeuge für die Raumfahrt her.
Die meisten Unternehmen des Sektors sind in Privatbesitz und werden nicht an der Börse gehandelt.
In Weltraumunternehmen investieren
Mehrere Faktoren machen es schwierig für Privatanleger, in Raumfahrtunternehmen zu investieren. Die meisten Unternehmen des Sektors sind in Privatbesitz und werden nicht an der Börse gehandelt. Dafür gibt es gute Gründe – ohne den Druck täglicher Kursschwankungen und eine Verpflichtung zur Erstellung von Quartalsberichten ist es für Unternehmer einfacher, etwas aufzubauen und es beim nächsten Mal besser zu machen, falls sie scheitern. Viele der besten Ingenieure befassen sich seit Jahrzehnten mit der Raumfahrt, doch erst in den letzten Jahren wurden bedeutende Fortschritte erzielt. Aktionäre börsennotierter Unternehmen sind in der Regel nicht bereit, so lange zu warten.
Da die Raumfahrtunternehmen meist nicht an der Börse notiert sind, ist es für Privatanleger schwierig, in diese zu investieren. Einige innovationsorientierte Investmentfonds sind an aufstrebenden Raumfahrtunternehmen beteiligt. In der Regel machen diese jedoch nur einen relativ kleinen Teil des Portfolios aus. Eine Ausnahme bilden einige wenige auf die Raumfahrt spezialisierte Anlagevehikel. Der Anstieg der Inflation und die Zinserhöhungen haben spekulative Unternehmen, die zumeist keine Gewinne erwirtschaften und auf die Finanzierung durch Investoren angewiesen sind, in den letzten Jahren stark belastet.
Auch andere Wirtschaftszweige profitieren von den Innovationen in der Raumfahrt, beispielsweise Unternehmen der Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie, die zu den größten Anbietern von Startdienstleistungen sowie in der Herstellung von Raumfahrzeugen gehören. Das ist ein wichtiger Aspekt. Unternehmen, die in der Raumfahrt tätig sind, sind oft auch in der umstrittenen Verteidigungs- und Rüstungsindustrie aktiv.
Es gibt keinen internationalen Regulierungsrahmen für die Weltraumwirtschaft. Deshalb ist der Sektor anfälliger für Betrug und andere illegale Aktivitäten.
Engagement in börsengehandelten Fonds
Einige ETFs bieten ein konzentrierteres Engagement in Unternehmen, die in der Raumfahrt tätig sind. So vielversprechend die Aussichten in diesem Sektor auch sein mögen, Anleger sollten die komplexen Probleme berücksichtigen, mit denen nicht börsennotierte Unternehmen konfrontiert sein können. Es gibt keinen internationalen Regulierungsrahmen für die Weltraumwirtschaft. Deshalb ist der Sektor anfälliger für Betrug und andere illegale Aktivitäten.
Der Weltraum gehört keinem Staat, sondern unterliegt ähnlichen rechtlichen Regelungen wie die Antarktis – erlaubt ist ausschließlich eine friedliche Nutzung und eine Ausbeutung natürlicher Ressourcen ist unzulässig. Der Weltraumvertrag, der die Grundlage des internationalen Weltraumrechts bildet, stammt jedoch aus dem Jahr 1967 und muss nach allgemeiner Auffassung dringend überarbeitet werden.
Einige Staaten, darunter die USA und Luxemburg, haben eigene Gesetze für die Nutzung von Ressourcen geschaffen, die auf Asteroiden, dem Mond oder dem Mars abgebaut werden können. Wirtschaftliche Aktivitäten, die im letzten Jahrhundert noch als Science-Fiction galten, werden heute Realität. Einige Unternehmen werden Anleger überaus reich machen, andere werden sang- und klanglos verschwinden. Welches Unternehmen in welche Kategorie fällt, wird die Zukunft zeigen.
Der gesamte Weltraummarkt hatte 2020 Schätzungen zufolge ein Volumen von rund 350 Milliarden US-Dollar. Morgan Stanley geht davon aus, dass der Umsatz in dem Sektor bis 2040 insgesamt auf über 1 Billion US-Dollar steigen könnte.