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Unterschiedliche Generationen und ihr Verhältnis zu Geld

Wofür geben die Menschen ihr Geld aus? Welche Sorgen beschäftigen sie am meisten? Welche Zahlungsmittel bevorzugen sie? Mit Catherine Bourin, Mitglied des Vorstands und Leiterin der Abteilung Sustainability & Conduct bei der Luxemburger Bankenvereinigung (ABBL), sprach myLIFE über das Verhältnis, das die verschiedenen Generationen zu Geld pflegen. Hier ihre Ansichten und wichtigsten Beobachtungen rund um dieses Thema.

Was sind die wichtigsten Sorgen und Wünsche der verschiedenen Generationen heutzutage?

Im Rahmen unserer Maßnahmen zur finanziellen Bildung hatten wir Gelegenheit, uns mit luxemburgischen Studierendenverbänden auszutauschen. Alle Angehörigen dieser Gruppe der Generation Z erhalten staatliche Zuschüsse. Ihr Verhalten erinnert an La Fontaines Fabel von der Grille und der Ameise. Einige der Studierenden verhalten sich wie die Ameise: Sie haben Angst vor Ausgaben und horten lieber. Sie schnallen den Gürtel möglichst eng, um für harte Zeiten gewappnet zu sein. Andere gleichen der Grille: Sie machen zum ersten Mal die angenehme Erfahrung eines gut gefüllten Kontos. Sie hatten noch nie so viel Geld zur Verfügung und geben es aus. Zusätzlich zu dem staatlichen Stipendium beantragt ein Teil der Studierenden aus sozialen Gründen ein Studiendarlehen, um die eigenen Bedürfnisse zu decken, während andere investieren, um ihr Vermögen zu mehren. Solche Anlagen können mehr oder weniger riskant sein. Einige abenteuerlustige junge Menschen beispielsweise wenden sich Kryptowährungen zu. Angehörige älterer Generationen sind da eher zurückhaltend. Für sie ist es schwieriger, neue Konzepte zu erfassen.

Wenngleich sehr offen gegenüber neuen Technologien, sind die Millenials vorsichtiger als die Generation Z.

Die Millenials stehen am Beginn ihres Berufs- und Ehe- bzw. Familienlebens. Wenngleich sehr offen gegenüber neuen Technologien, sind sie vorsichtiger als die Generation Z, da sie sich mit dem Gedanken tragen, Kinder zu bekommen oder ihre erste Immobilieninvestition zu tätigen. Die Ersparnisse dieser Altersgruppe konzentrieren sich auf den Bereich Wohnen, der den größten Ausgabenposten darstellt. Wie lange hierfür gespart wird, hängt vom Einkommen ab. An dieser Stelle lässt sich zwischen gut verdienenden jungen Berufstätigen im öffentlichen Dienst und Beschäftigten im Privatsektor mit geringerem Gehalt unterscheiden. Letztere haben größere Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Immobilie und sehen sich daher nach Wohnraum in den Nachbarländern um.

Für die älteren Bevölkerungsgruppen (Generation X und Babyboomer) stellt sich dieses Problem nicht mehr. Sie haben bereits Wohneigentum erworben, als der Markt noch mehr Möglichkeiten bot, und haben die entsprechenden Kredite schon abbezahlt. Sie – vor allem die Wohlhabenderen unter ihnen – beschäftigt in erster Linie die Frage, wie sie ihre Kinder unterstützen können, deren Rahmenbedingungen weniger günstig sind. Manche unter ihnen entscheiden sich auch, ihr Vermögen einer Stiftung anzuvertrauen.

Wofür nutzen die verschiedenen Altersgruppen ihr Geld in erster Linie?

Bei den Millenials fließen mindestens 30 % des Gehalts in die Wohnkosten, sei es in Form von Miete oder zur Rückzahlung eines Immobiliendarlehens. An zweiter Stelle folgen die Energiekosten, da beträchtliche Ausgaben für Heizung und Transport anfallen. Somit versucht diese Altersgruppe vor allem im Freizeitbereich zu sparen.

Die Generation Z tut sich schwer damit, Pläne für die Zukunft zu machen.

Diese Tendenz, sich einzuschränken, ist auch bei der Generation Z zu beobachten. Schließlich erlebt(e) diese Altersgruppe in ihrer Jugend eine Zeit akuter Krisen: die der Corona-Pandemie und die des Kriegs in der Ukraine. Hinzukommt die Problematik des Klimawandels. Diese Generation muss nun die Fehler ihrer Vorgänger ausbaden und tut sich entsprechend schwer damit, Pläne für die Zukunft zu machen.

Der Lebensstandard der beiden anderen Generationen ist dagegen höher und es wird allgemein angenommen, dass sie es leichter haben. Die Angehörigen dieser Gruppe konnten dank attraktiver Zinssätze Immobilien erwerben und Geld zur Seite legen. Ihnen ist es eher möglich, sich etwas zu gönnen und sorglos ihrem Ruhestand entgegenzusehen.

Welche Gewohnheiten haben sie hinsichtlich ihrer Zahlungsarten?

Hier stellen wir fest, dass die ältere Bevölkerung kaum Online-Überweisungen tätigt. Das betrifft vor allem Personen ab 75 Jahren. Ihnen fällt der Umgang mit der Digitalisierung besonders schwer. Daher nutzen sie bevorzugt Bargeld oder zahlen mit ihrer Bankkarte. Unseren Beobachtungen zufolge mangelt es ihnen an Vertrauen. Zur Durchführung einer Überweisung wenden sie sich lieber an einen Bankangestellten, als Online-Tools zu nutzen. Diejenigen, die jünger sind als 75 Jahre und in ihrem Berufsleben bereits mit der Nutzung von Computern in Berührung kamen, konnten sich mit dem Online-Banking vertraut machen – zumal dieses insbesondere während der Pandemie und der Lockdowns einen Boom erlebte.

Bei den Jüngeren ist das Gegenteil der Fall. Ihnen sagt Bargeld weniger zu. Insbesondere die Generation Z nutzt Online-Banking-Tools oder QR-Codes, etwa um Rechnungen mit dem Smartphone zu begleichen. Generell war zwischen 2019 und 20201 ein bedeutender Anstieg der Online-Banking-Nutzung zu beobachten . Payconiq (früher Digicash) wird von jungen Menschen zwar ebenfalls zunehmend genutzt, stößt bei den Babyboomern jedoch auf geringeres Interesse. Diese zweifeln, wie die Generation X, an der Sicherheit der EDV-Tools und sind bei Zahlungen mit ihrer Uhr oder ihrem Handy zurückhaltender. Sie fürchten, diese zu verlieren und damit anderen die Möglichkeit zum Missbrauch zu geben.

Einer Studie der Europäischen Zentralbank2 zufolge wird Bargeld häufiger in den Ländern des Südens verwendet. Ich würde allerdings eher sagen, dass es da nationale Trends gibt. In Luxemburg zum Beispiel wird immer häufiger mit Zahlungskarten statt mit Bargeld bezahlt. Diese Entwicklung zeigte sich insbesondere während der Coronakrise.

38 % des Geldes der in Luxemburg ansässigen Personen befindet sich auf Girokonten, 44 % auf Sparkonten.

Wie sieht es mit Anlagen aus?

Hier ist zu beobachten, dass die in Luxemburg ansässigen Personen ihr Geld auf Girokonten (38 %) und Sparkonten (44 %) hinterlegen. Sie versuchen eher, ihr Geld zurückzulegen, als es zu investieren. Dies lässt sich unter anderem mit der Krise von 2008 erklären. Sowohl die Babyboomer als auch die Generation X haben diese erlebt und ein wenig das Vertrauen verloren. Die Generation Z und die Millenials hingegen sparen lieber für die Zukunft oder zur Finanzierung ihrer Wohnkosten.

Welche Einstellung haben die verschiedenen Generationen Ihrer Auffassung nach zu Geld? Hegen sie Vorurteile?

Meinen Beobachtungen zufolge hängt die Einstellung einer Person zu Geld weniger mit ihrer Generation zusammen als mit ihrem familiären Hintergrund. In wohlhabenderen Familien etwa nehmen sich die Eltern die Zeit, ihren Kindern den Umgang mit Geld näherzubringen. In Familien, die über weniger Mittel verfügen und zuweilen auch Schulden haben, ist dies hingegen ein Tabuthema. Die Kinder nehmen Geldfragen als etwas Negatives wahr. Innerhalb eines Haushalts kann sich diese Einstellung jedoch von einer Generation zur nächsten ändern. Es kommt ganz darauf an, wie sich die einzelnen Personen in finanzieller Hinsicht entwickeln.

Auf welche Instrumente greifen sie zur Verwaltung ihres Kapitals mehrheitlich zurück?

Für Babyboomer und Ruheständler ist der Weg zur Geschäftsstelle eine Notwendigkeit und auch eine Gelegenheit, aus dem Haus zu gehen. Die jüngeren Menschen indes (Generation Z, Millenials) suchen nicht mehr das Gespräch unter vier Augen mit ihrem Kundenbetreuer, da heutzutage alle Bankgeschäfte online oder mit dem Smartphone erledigt werden können. Der persönliche Kontakt erfolgt hier nur im Rahmen bestimmter Situationen, etwa bei einem Darlehensantrag, einer Beratung zu Anlagen oder zum nachhaltigen Finanzwesen. Letzteres dürfte die jungen Generationen zunehmend interessieren. Von aufsichtsrechtlicher Seite werden Finanzberater bald dazu verpflichtet sein, Kunden zu ihrer Haltung und ihren Erwartungen in Bezug auf dieses Thema zu befragen. Die Suche nach nachhaltigen Anlageprodukten wird daher womöglich ein Anlass für jüngere Menschen sein, sich direkt mit ihrem Kundenbetreuer auszutauschen. So können sie sich eingehender über die Auswirkungen dieser Anlagen auf die Umwelt und die Gesellschaft informieren.

Geld ist nicht mehr greifbar. Einige der jüngeren Menschen erwägen die Rückkehr zum Gold, an das Währungen in der Vergangenheit gekoppelt waren.

Diese Entmaterialisierung hat zu einem hohen Maß an Abstraktion geführt. Geld ist nicht mehr greifbar. Besonders vor Hintergrund der aktuell sehr ungewissen Lage, in der eine Währung schlicht nicht mehr umgetauscht werden kann – die Hrywnja aufgrund der Ukrainekrise – erwägen einige der jüngeren Menschen die Rückkehr zum Gold, an das Währungen in der Vergangenheit gekoppelt waren.

Welche Quelle(n) nutzen sie, um sich finanziell zu bilden?

Zum einen nutzen vor allem die jüngeren Generationen verstärkt das Internet, zum anderen sind der Kundenbetreuer und die Eltern hier maßgeblich, sofern letztere die Fragen ihrer Kinder beantworten können.


1 Sondage de l’ABBL « Retail banking survey »
2 Source « Study on Payment Attitudes of Consumers in the Euro area” (SPACE)

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Compiled by myLIFE team
Tags: Budget Contacts

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