Was sind direkte und indirekte Emissionen?
Maßnahmen, die Unternehmen dazu anhalten, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sind ein wichtiges politisches Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Bisher konzentrierten sie sich darauf, Unternehmen zu verpflichten, ihre direkten Emissionen, die aus den eigenen Aktivitäten und Prozessen resultieren, zu überwachen und darüber zu berichten. Inzwischen rücken jedoch auch die von Lieferanten verursachten indirekten Emissionen zunehmend in den Fokus. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen in Europa haben.
Das Greenhouse Gas Protocol, das 1998 vom World Business Council for Sustainable Development und dem World Resources Institute eingeführt wurde, bildet den Rahmen für die Überwachung und Berichterstattung von Emissionen. Es wird von Regierungen und Unternehmen als Instrument zur Berechnung von Emissionen anerkannt.
Das Protokoll umfasst die sechs wichtigsten Treibhausgase: Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid, wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid. Ab 2025 müssen etwa 50.000 Unternehmen in Europa, darunter auch ausländische Unternehmensgruppen, die in Europa tätig sind, über ihre Emissionen aus allen Bereichen, die im Protokoll als Scope 1, 2 und 3 definiert sind, berichten.
Emissionsquellen im Besitz oder unter Kontrolle des Unternehmens
Bei der Berichterstattung über Scope-1-Emissionen müssen Unternehmen alle Emissionen messen, die aus Quellen stammen, welche sich in ihrem Besitz oder unter ihrer Kontrolle befinden, einschließlich der Abgase von Fabriken von Industrieunternehmen oder der Heizung der von Dienstleistungsunternehmen genutzten Gebäude. Wo und wie diese Emissionen entstehen und wie sie gemessen werden können, ist bei den meisten Unternehmen relativ leicht nachvollziehbar.
Scope-2-Emissionen sind Emissionen aus der vom Unternehmen bezogenen Energie in Form von Strom, Dampf, Wärme oder Kälte, die in den Anlagen entstehen, in denen die Energie erzeugt oder umgewandelt wird. Als Energieverbraucher müssen Unternehmen die Verantwortung für die Emissionen übernehmen, die bei der Erzeugung der von ihnen täglich verbrauchten Energie entstehen.
Scope-3-Emissionen sind bei Weitem am schwierigsten zu berechnen: Sie entstehen durch die Aktivitäten des Unternehmens, werden aber nicht direkt vom Unternehmen erzeugt.
Scope-3-Emissionen sind bei Weitem am schwierigsten zu berechnen: Sie entstehen durch die Aktivitäten des Unternehmens, werden aber nicht direkt vom Unternehmen erzeugt. Dazu gehören beispielsweise Emissionen, die von Lieferanten bei der Herstellung der vom Unternehmen eingekauften Produkte, Dienstleistungen und Rohstoffe verursacht werden, sowie Emissionen, die bei Geschäftsreisen der Mitarbeiter oder auf dem Arbeitsweg entstehen. Sie umfassen auch die Emissionen aus der Nutzung der Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens. Für Unternehmen, die Brennstoffe verkaufen, sind dies Emissionen, die durch deren direkte Verwendung oder durch die Energieerzeugung entstehen.
Zu den Quellen von Scope-3-Emissionen können Abfallentsorgung, Transport, vor- und nachgelagerter Vertrieb, Investitionen des Unternehmens, geleaste Anlagen und Franchises gehören. Für viele Unternehmen machen Scope-3-Emissionen bei Weitem den größten Anteil der durch ihre Aktivitäten verursachten Emissionen aus. Als Faustregel gilt, dass die Lieferketten 11-mal mehr Emissionen verursachen als die eigenen Aktivitäten eines Unternehmens.
Von der Berichterstattung zur Reduktion
Die Scope-1- und -2-Emissionen sind einfacher zu berechnen, während für Scope-3-Emissionen Informationen von den Lieferanten eingeholt und deren Emissionsdaten entsprechend zugeordnet werden müssen. Der Scope-3-Standard des GHG Protocol ist für Unternehmen zum Maßstab für die Ermittlung und das Management von Scope-3-Emissionen geworden.
Die Verringerung des Treibhausgasausstoßes ist der letzte Schritt. Die Erfassung von Emissionsdaten dient vor allem dazu, dass Unternehmen verstehen, wie sie ihren CO2-Fußabdruck reduzieren können. Die Politik erhofft sich davon, dass Unternehmen nicht nur einen Anreiz erhalten, die eigene Lieferkette zu managen, sondern auch ihre Geschäfte mit emissionsintensiven Lieferanten zurückzufahren, was einen positiven Kreislauf in Gang setzen dürfte.
Die Politik erhofft sich davon, dass Unternehmen nicht nur einen Anreiz erhalten, die eigene Lieferkette zu managen, sondern auch ihre Geschäfte mit emissionsintensiven Lieferanten zurückzufahren, was einen positiven Kreislauf in Gang setzen dürfte.
Sobald ein Unternehmen die erforderlichen Daten gesammelt hat, kann es sich auf die klimaschädlichsten Bereiche seiner Lieferkette sowie seiner Produkte und Dienstleistungen konzentrieren. Der Scope-3-Standard nennt 15 Kategorien vor- und nachgelagerter Aktivitäten, von denen einige je nach Geschäftstätigkeit leichter oder schwerer zu reduzieren sind. Geschäftsreisen oder Abfall lassen sich beispielsweise relativ leicht reduzieren, während die Suche nach neuen Lieferanten oder die Umgestaltung von Geschäftsprozessen längerfristige Projekte darstellen.
Durch die Kenntnis der Emissionsquellen erhalten Unternehmen wichtige Hinweise, welche Bereiche sie priorisieren sollten. Dies kann helfen, problematische Lieferanten oder Geschäftsbereiche zu identifizieren. Lieferanten erhalten die Möglichkeit, ihre Energieeffizienz zu verbessern und fundiertere Entscheidungen in den Bereichen Beschaffung, Produktentwicklung und Logistik zu treffen. Dies kann auch dazu beitragen, Initiativen im Personalbereich voranzutreiben, wie die Einbeziehung der Mitarbeiter in die Reduzierung der durch Reisen verursachten Emissionen.
Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
Während sich die politischen Entscheidungsträger bisher vor allem auf größere Unternehmen konzentriert haben, werden sich die neuen Berichtsstandards der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainable Reporting Directive, CSRD) auf die gesamte Lieferkette auswirken. Wenn sie die Wahl haben, werden große Unternehmen wahrscheinlich Lieferanten mit geringerem CO2-Fußabdruck wählen, um ihre Scope-3-Emissionen zu minimieren – und damit kleinere Unternehmen, die selbst nicht unter die EU-Gesetzgebung fallen, dazu zwingen, ihre Emissionen zu reduzieren, um bestehende Kunden zu halten oder neue zu gewinnen.
Auch Banken und andere Finanzinstitute werden Emissionsdaten in ihre Kreditvergabe- und Investitionsentscheidungen einbeziehen müssen, da die Finanzierung emissionsintensiver Unternehmen ihre eigenen Scope-3-Emissionen erhöht. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen, die ihre CO2-Emissionen nicht reduzieren können oder wollen, mit höheren Kapitalkosten konfrontiert werden, sofern sie nicht Finanzierungen von Instituten erhalten, die nicht unter die Berichtspflichten in der EU oder anderen Ländern fallen. Sie könnten ihre CO2-Emissionen auch verringern, indem sie grüne Kredite in Anspruch nehmen oder grüne Anleihen begeben, die an die Bedingung geknüpft sind, dass die Erlöse zur Finanzierung von Lösungen zur Emissionsminderung/-anpassung verwendet werden.
Unternehmen, die Maßnahmen zur Verringerung ihres CO2-Fußabdrucks ergreifen, können von einer verbesserten Unternehmensperformance profitieren, wenn ihre Kapitalkosten niedriger sind als die ihrer Wettbewerber und ihre Produkte und Dienstleistungen von klimabewussten Kunden als attraktiver wahrgenommen werden.
Bei den Unternehmen in Europa müssen sich die Abläufe erst einspielen. Für nicht börsennotierte und kleinere Unternehmen wird die Frist zur Erfüllung der CSR-Berichtspflicht erst später in diesem Jahrzehnt beginnen, wenn die Vorschriften schrittweise in Kraft treten. Viele entscheiden sich dafür, die Überwachung und Analyse von Scope-3-Emissionen an Spezialisten auszulagern. Es handelt sich jedoch nicht um ein Thema, das große oder kleine Unternehmen ignorieren können. Denn die Attraktivität von Geschäftspartnern hinsichtlich ihrer Bereitschaft, ihre Emissionen zu senken, könnte ein wichtiger Faktor sein, der die Lieferketten in Europa und darüber hinaus wesentlich beeinflusst.
Geschäftsreisen oder Abfall lassen sich relativ leicht reduzieren, während die Suche nach neuen Lieferanten oder die Umgestaltung von Geschäftsprozessen längerfristige Projekte darstellen.