Aktionärsvereinbarung: ein Rahmenwerk für bisweilen unterschiedliche Interessen
Sie sind gemeinsam mit anderen Personen Eigentümer eines Unternehmens? Sie sind Mehrheits- oder Minderheitsaktionär? Wissen Sie auch, was eine Aktionärsvereinbarung ist? myLIFE erklärt Ihnen, unter welchen Umständen sich dieses Dokument als nützlich erweisen kann.
Die Aktionärsvereinbarung ist ein privatrechtlicher Vertrag, bei dem durch alle oder einen Teil der Aktionäre einer Gesellschaft ihre Rechte und Pflichten gegenüber dieser Gesellschaft und insbesondere die Entscheidungs- und Investitionsverfahren festgelegt werden. Sie ist als maßgeschneiderter Vertrag ausgestaltet, der seinen Unterzeichnern ermöglicht, sich über bestimmte Punkte zu einigen oder die Beziehungen zwischen den Parteien zu klären, und der hilft, etwaige Streitigkeiten beizulegen.
In aller Regel wird sie bei der Gründung oder Übernahme eines Unternehmens geschlossen. Unter Umständen wird sie jedoch auch während des Bestehens der Gesellschaft geschlossen, z.B. bei der Aufnahme eines neuen Aktionärs oder eines Investors (Business Angel).
Hinweis: Bei Aktiengesellschaften (Société Anonyme, SA) spricht man von einer Aktionärsvereinbarung und bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Société à Responsabilité Limitée, SARL) von einer Gesellschaftervereinbarung.
Ziel der Aktionärsvereinbarung ist die Herstellung klarer, transparenter Beziehungen zwischen den Teilhabern eines Unternehmens.
Aktionärsvereinbarung und Satzung dürfen nicht verwechselt werden
Auch wenn diese beiden Dokumente möglicherweise ähnliche Bestimmungen enthalten, ersetzt die Aktionärsvereinbarung nicht die Satzung. Sie ist eine Ergänzung dazu und wird vor allem für ihre Vertraulichkeit bei heiklen Absprachen geschätzt, die die Aktionäre treffen möchten. Die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen beiden sich in keiner Weise ausschließenden Dokumenten sind Folgende:
Satzung | Aktionärsvereinbarung | |
---|---|---|
Abfassung | Vorgeschrieben | Freiwillig |
Wirksamkeit des Dokuments | Auch gegenüber Dritten | Nur gegenüber den Unterzeichnern |
Dauer | Gesamte Lebensdauer des Unternehmens | Befristet |
Bekanntmachung | Veröffentlichung | Vertraulich (für börsennotierte Gesellschaften gelten besondere Bestimmungen) |
Wichtig zu beachten ist, dass die Aktionärsvereinbarung unter Umständen zwar nicht dem luxemburgischen Recht unterliegt, aber dennoch das luxemburgische Gesetz, das den Betrieb der Gesellschaft regelt, weiterhin Anwendung findet. Dieses gilt dann als „lex societatis“ und ist das durch das Kollisionsrecht bestimmte, auf die Gesellschaft anwendbare Recht.
Gründe für eine Aktionärsvereinbarung
Ziel der Aktionärsvereinbarung ist die Herstellung klarer, transparenter Beziehungen zwischen den Teilhabern eines Unternehmens, denn sie garantiert die Rechte der Unterzeichner und legt ihre Pflichten fest.
In den Klauseln des Vertrages wird das Zusammenwirken der unterzeichneten Aktionäre in allen Lebensphasen des Unternehmens geregelt und gesteuert. Es ist daher sehr wichtig, die verschiedenen Situationen, die Konflikte auslösen könnten, genau zu erörtern und sie in der Aktionärsvereinbarung aufzuführen, um die Wahrscheinlichkeit von Unstimmigkeiten zu verringern.
Falls die Gesellschaft nicht an der Börse notiert ist, hat die Aktionärsvereinbarung überdies den Vorteil, vertraulich und nur ihren Unterzeichnern bekannt zu sein. Ein unbestreitbarer Trumpf für Aktionäre, die in Bezug auf die zwischen ihnen getroffenen Übereinkommen und Absprachen Verschwiegenheit wünschen! Aber es gibt auch eine Kehrseite der Medaille: Man muss sich im Klaren sein, dass diese Vertraulichkeit die Wirkung der Vereinbarung begrenzt, da sie weder gegenüber der Gesellschaft noch den Aktionären, die sie nicht unterzeichnet haben, und auch nicht gegenüber späteren Käufern der Aktien (außer sie treten der Vereinbarung bei) oder Dritten einwendbar ist. Falls die Gesellschaft an der Börse notiert ist, wird diese Vertraulichkeit durch die Pflicht begrenzt, der Finanzmarktaufsichtsbehörde bestimmte Angaben mitzuteilen.
Überdies regelt die Aktionärsvereinbarung nicht nur die Beziehungen zwischen den Teilhabern, sondern sie ist auch sehr flexibel, und ihr Inhalt kann auf Wunsch individuell gestaltet werden. Ferner wird sie bei Aufnahme jedes neuen Investors, der ihr beitritt, aktualisiert.
Die Aktionärsvereinbarung ist in drei Kapitel unterteilt: Gesellschaftskapital des Unternehmens, Stimmrecht der Teilhaber sowie Verwaltung und Organisation der Gesellschaft.
Inhalt der Aktionärsvereinbarung
Die Aktionärsvereinbarung besteht aus mehreren Klauseln, die in drei Kapitel unterteilt werden können: Gesellschaftskapital des Unternehmens, Stimmrecht der Teilhaber sowie die Verwaltung und Organisation der Gesellschaft.
Die einzelnen Bestimmungen finden je nach den Wünschen der Investoren und der Art des Unternehmens Aufnahme.
Hier einige Beispiele für die häufigsten Klauseln:
- Einstimmigkeitsklausel: schreibt die Zustimmung aller Unterzeichner der Vereinbarung für die Fassung bestimmter Beschlüsse auf Ebene der Gesellschaft vor.
- Vorkaufsklausel: verleiht den anderen Aktionären ein Vorkaufsrecht an den Aktien, die von einem ausscheidenden Aktionär veräußert werden.
- Zustimmungsklausel: verpflichtet den Aktionär, der seine Aktien veräußern möchte, die Zustimmung der Aktionärsversammlung oder des in der Klausel bezeichneten zuständigen Organs einzuholen.
- Verwässerungsschutzklausel: gewährt den Aktionären ein bevorzugtes Zeichnungsrecht bei einer Kapitalerhöhung, um eine Verwässerung ihrer Beteiligung am Kapital zu verhindern.
- Klausel über garantierten Austritt: garantiert einem Aktionär das Recht, auszuscheiden, falls in der Vereinbarung aufgeführte Ereignisse oder Stichtage eintreten.
- Liquiditätsklausel: garantiert den Investoren bei einer Veräußerung die Zurückerlangung ihres angelegten Kapitals.
- „Buy or Sell“-Klausel: ermöglicht es einem Teilhaber, einem anderen Teilhaber anzubieten, dass er dessen Aktien zu einem bestimmten Preis erwirbt; entweder stimmt der Empfänger des Angebots der Veräußerung seiner Aktien zum angebotenen Preis zu, oder er selbst muss die Aktien des anderen Teilhabers zu ebendiesem Preis erwerben.
- Unveräußerlichkeitsklausel: untersagt die Veräußerung der Aktien während eines festgelegten Zeitraums.
- Klausel über erzwungenen Austritt: schreibt unter bestimmten Bedingungen den Verkauf der Aktien vor.
- Klausel über gemeinsamen Austritt: ermöglicht bei einer Veräußerung durch einen Aktionär, dass die anderen Aktionäre ihre Aktien zu demselben Preis an den Käufer veräußern können.
Worauf sollten Sie achten?
Es ist zwar nicht vorgeschrieben, doch es empfiehlt sich, die Aktionärsvereinbarung von einem Juristen, Anwalt oder Experten abfassen zu lassen. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass dies ein Vertrag ist, der alle Unterzeichner bindet. Die Bestimmungen einer Aktionärsvereinbarung sind überdies weder gegenüber der Gesellschaft noch den anderen Aktionären, die sie nicht unterzeichnet haben, und auch nicht gegenüber späteren Käufern der Aktien (außer sie treten der Vereinbarung bei) oder Dritten einwendbar.
Zu beachten ist auch, dass die Aktionärsvereinbarung nicht gegen die zwingenden Vorschriften des Gesellschaftsrechts verstoßen darf. Manche Klauseln wie z.B. leoninische Klauseln, die einem oder mehreren Teilhabern jeden Anspruch auf die Gewinne vorenthalten und/oder einen oder mehrere Teilhaber von jeder Beteiligung an den Verlusten befreien, sind verboten.
Es wird dringend empfohlen, die Dauer der Aktionärsvereinbarung festzulegen. Denn sie kann für bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossen werden, wobei die unbestimmte Dauer Folgen hat, die genau abzuwägen sind.
Fazit: Zwar mag die Abfassung einer Aktionärsvereinbarung aufwändig erscheinen, doch sie ermöglicht die Festlegung von Grundsätzen, die das Bestehen der Gesellschaft oder die Beziehungen zwischen den Teilhabern strukturieren.