Die Gorillaz brachten die Rockhal zum Beben
Die britische Band Gorillaz startete ihre Europatournee „Humanz Tour” am 1. November in Luxemburg.
Nach zehn Jahren zurück in der Rockhal
Zehn Jahre nach ihrem letzten Konzert in der Rockhal und sechs Jahre nach der Veröffentlichung von „The Fall“, ihrem vierten Studioalbum, kehrten die Gorillaz zur größten Freude ihrer Fans ins Großherzogtum zurück. In den Warteschlangen gab es zahlreiche Spekulationen darüber, was die Zuschauer in den nächsten Stunden erwarten würde: Welche Titel würden wohl in der Setlist der Bühnenshow auftauchen? Es wurden Wetten abgeschlossen. Bei einigen Skeptikern war sogar eine gewisse Angst herauszuhören, welche Stücke des letzten Albums „Humanz“ wohl dabei sein würden. Bei ihrem ersten Album seit 2011 arbeiteten die Gorillaz, die über alle kulturellen und musikalischen Grenzen hinweg experimentieren, mit zahlreichen Künstlern zusammen: Vince Staples, Grace Jones, Danny Brown, Kelela, De La Soul, Kali Uchis sowie Noel Gallagher von Oasis. Während bei den früheren Alben nur bei einzelnen Titeln Gastmusiker mitgewirkt hatten, war dies bei „Humanz“ die Regel.
Am Rande des Konzerts in der Rockhal haben wir die Fans gefragt, wie sie das neue Album der Gorillaz finden. Jérome und Chloé vertrauten uns an, dass sie von diesem neuen Werk nicht so begeistert sind, da zu viele Stücke in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern entstanden seien. Sie erkennen in ihm nicht mehr den Stil wieder, der den früheren Alben diese besondere Prägung gab: „Das ähnelt zu sehr dem, was man tagtäglich überall hört. Dabei waren wir von der Gruppe originellere Songs gewohnt.“ Kim, Perrine und Patty geben zu, dass sie das Album beim ersten Hören schwierig fanden, aber es sie danach schnell mitriss. Sie alle sind Fan von Blur oder haben die Gorillaz auf MTV entdeckt. Sie haben große Erwartungen an das Konzert und die Inszenierung und hoffen, dass sie die besten Titel zu hören bekommen: „Clint Eastwood“ und „Feel Good Inc.“.
Aber wie war die Show selbst? Ein explosives Erlebnis und eine atemberaubende musikalische Performance!
Im Vordergrund dieses kurzlebigen Kunstwerks stand Damon Albarn, der die Emotionen des Publikums dominierte und mit seiner Erscheinung Raum einnahm, ohne dabei den Rest der Band verschwinden zu lassen. Das Publikum ging in perfekter Harmonie mit den Titeln der britischen Band mit. Auch wenn einige sehr schnelle Übergänge für manche Fans wohl eher frustrierend waren, wurde doch klar, dass dies notwendig war, um diese Geschichte, die eine Mischung aus Bildern und Melodie ist, zu erzählen. Ein von Meisterhand gestaltetes Gesamtwerk, das das Publikum mehr als eineinhalb Stunden begeisterte.
Für manche war wohl die gemeinsame Interpretation des Titels „Garage Palace“ mit dem englischen Rapwunder Little Simz mehr als überraschend. Dieser wenig bekannte Titel kam erst vor kurzem dazu. Ein echtes Glück, diesen neuen Titel, der die Erinnerung an die „Gamers“ der 80er und 90er Jahre belebt, so gut wie exklusiv erleben zu können. Der Titel Garage Palace wurde in Form eines Videospiels mit vier Comicfiguren, die die Gorillaz und Little Simz darstellen, präsentiert, die im Stil eines farbenfrohen „Beat’em all“ gegen eine Horde von Zombies antreten.
Aber wofür spricht dieser neue Titel? Ein neues Soloalbum, eine Collector’s Edition von Humanz mit neuen exklusiven Titeln?
Ein Überraschungsalbum der Gorillaz?
Da sich die britische Band Gorillaz derzeit auf ihrer „Humanz Tour“ befindet, kann sie den gleichen Überraschungscoup landen wie 2010. Damals hatte sie während ihrer Welttournee „Plastic Beach“ das in nur 30 Tagen kreierte Überraschungsalbum „The Fall“ herausgebracht. In einem Interview, das Damon Albarn kürzlich dem Q Magazine gab, erzählte er, dass er ein neues, vollständigeres Album als „The Fall“ herausbringen möchte.
Mir gefällt die Idee, Musik zu machen und sie praktisch sofort live zu spielen. […] Wir möchten nicht erst sieben Jahre warten.
Laut Pitchfork halten die Gorillaz in einer neuen Deluxe-Version ihres letzten Albums ganze 14 unveröffentlichte Songs für uns bereit. Doch zunächst einmal wird die britische Band ihre Europatournee fortsetzen.
Zurück zur einflussreichsten Trip-Hop-Band
Gorillaz. Ob bei den Neueinsteigern oder den Fans der ersten Stunde – der fiktiven Cartoon-Band gelang es, unauslöschliche Spuren in der Musikszene zu hinterlassen. Sie zeichnet sich durch unterschiedliche Einflüsse aus – seien es Farbenvielfalt, wie etwa bei den verschiedenen Kappen ihres virtuellen Schlagzeugers Russel Hobbs, oder die verschiedenen Musikrichtungen Rock, Alternative, Britpop, Trip-Hop, Hip-Hop, Elektronika, Indie-Rock, Dub, Reggae und Pop, die sich bei den Produktionen der Gruppe von Damon Albarn und Jamie Hewlett vermischen.
Aber das Musikerlebnis ist nicht das einzige Erfolgsrezept unserer britischen Freunde: Auch mit ihrer starken visuellen Identität, die sich zwischen amerikanischen und japanischen Comics bewegt, sind die Gorillaz ein Genuss für Augen und natürlich Ohren ihrer Fans. Jamie Hewlett, der durch seinen Comic Tank Girl (ein Glanzstück des Comic-Genres und des Underground-Stils) bekannt wurde, ist der Schöpfer der zeichnerischen Identität der Gorillaz und gleichzeitig Studio-Bassist der Band. Unsere beiden Künstler erläuterten 2005 dem Magazin Wired den Ursprung dieses schon 1998 in ihren Köpfen entstandenen Projekts:
Wenn du zu lange MTV schaust, ist es ein wenig wie die Hölle – dort gibt es nichts mit Substanz. Somit hatten wir diese Idee von einer Cartoon Band, was wie ein Kommentar zu all dem sein würde.
Damals entstanden vier rätselhafte Comic-Figuren, die die Neugier der Fans auf die Geschichten weckten, die sie in den verschiedenen Videoclips erzählen.