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November 18, 2024

Die Rolle der Banken bei der Finanzierung der Energiewende

Banken spielen aufgrund von Aspekten der Regulierung, Reputation und des Risikomanagements eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft. Die EU-Gesetzgebung über die Offenlegung von Emissionen für den Finanzsektor und andere Unternehmen veranlasst die Institute dazu, ihren Kunden dabei zu helfen, die für ein nachhaltiges Geschäftsmodell erforderlichen Änderungen zu identifizieren und umzusetzen.

Für Banken gibt es zahlreiche wichtige Gründe, sich mit den Klimaauswirkungen der Unternehmen, mit denen sie Geschäfte tätigen, zu befassen. Einer davon ist, dass dies ein Eckpfeiler ihres Risikomanagements ist. Bei Unternehmen, die die aus ihren Kohlenstoffemissionen resultierenden Risiken nicht angemessen kontrollieren, ist das Geschäftsmodell in operativer und regulatorischer Hinsicht bedroht.

Viele Banken begreifen sich auch als wichtige Wegbereiter für die Wende, denn die Regierungen verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen, um die enormen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung allein zu bewältigen. Die Finanzinstitute müssen eine entscheidende Rolle beim erfolgreichen Vollzug der Energiewende spielen und auch Reputations- und Regulierungsaspekte berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit den Kohlenstoffemissionen und Nachhaltigkeitspraktiken von Kunden, für die die Banken Finanzierungen bereitstellen oder an deren Emissionen am Kapitalmarkt sie sich beteiligen, rücken die Institute selbst in den Fokus.

Aufgrund von gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen wächst der Druck auf Banken, die sogenannten Scope-3-Emissionen offenzulegen. Diese sind gemäß dem Greenhouse Gas Protocol von 1990 definiert als Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens oder durch die Verwendung seiner Produkte und Dienstleistungen durch Kunden erzeugt werden. Bei Banken gehören dazu alle Direktanlagen sowie ihre Kreditvergabe und das Underwriting, kurzum voraussichtlich der Löwenanteil der von ihnen gemeldeten Emissionen.

Risikomanagement und mehr

Das Risikomanagement gewinnt an Bedeutung, da sich Regulierungsbehörden bei der aufsichtsrechtlichen Überwachung zunehmend auf nachhaltigkeitsbezogene Themen konzentrieren. Finanzinstitute müssen nicht nur die Emissionen kennen, die sie durch ihre eigene Geschäftstätigkeit verursachen, sondern auch die, die in ihren Wertschöpfungsketten entstehen.

Je länger die Unternehmen die Analyse ihrer umwelt- und klimabezogenen Risiken hinausschieben, desto komplexer und teurer könnte die Dekarbonisierung für sie werden und desto höher die potenziellen operationellen Risiken.

Je länger die Unternehmen die Beurteilung ihrer umwelt- und klimabezogenen Risiken hinausschieben, desto komplexer und teurer könnte die Dekarbonisierung für sie werden und desto höher die potenziellen operationellen Risiken. Banken, die Finanzierungen und andere Dienstleistungen anbieten, sind dem Dominoeffekt dieser Risiken ausgesetzt.

Daneben ist die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass sich das Kundenverhalten ändert. Kunden sind sich der Umweltauswirkungen der von ihnen verwendeten Produkte und Dienstleistungen zunehmend bewusst und sie stellen entsprechend höhere Ansprüche. Alessandra Simonelli, Head of Sustainable Development bei der Banque Internationale à Luxembourg: „Unternehmen, die sich auf den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Welt nicht einstellen, gehen ein hohes Risiko ein. Hinzu kommen betriebliche Gründe, wie Kostensenkungen unter anderem im Bereich Energie. Es geht darum sicherzustellen, dass das Geschäftsmodell von heute in die Welt von morgen passt.“

Eine andere wichtige Rolle von Banken ist die des Wegbereiters für den Übergang. Dieser Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird enorme Investitionen erfordern, die die Regierungen alleine nicht finanzieren können. Banken können nachhaltige Geschäftspraktiken unterstützen und so ihren Kunden helfen, die notwendigen Änderungen umzusetzen. „Wir sind überzeugt, dass wir dazu beitragen müssen, dass der Übergang stattfindet“, so Simonelli.

Einige Unternehmen stehen vor grundlegenden Veränderungen. Mitunter müssen sie entscheiden, ob ihr aktuelles Geschäftsmodell noch tragfähig ist.

Unterstützung der Unternehmen bei der Beurteilung ihres Geschäftsmodells

Die Banken bemühen sich sicherzustellen, dass ihre Kunden prüfen, inwiefern ihr Geschäftsmodell zu dem sich verändernden Umfeld, den bestehenden Risiken und den zu ergreifenden Maßnahmen passt. Diese sind von Unternehmen zu Unternehmen extrem unterschiedlich. Einige Unternehmen müssen lediglich an ihrer Energieeffizienz arbeiten, eventuell indem sie fossile Energieträger für Heizung und Klimatisierung durch erneuerbare ersetzen. Andere stehen jedoch vor einschneidenden Veränderungen. Mitunter müssen sie entscheiden, ob ihr aktuelles Geschäftsmodell noch tragfähig ist.

Es liegt auf der Hand, dass ein erheblicher Anteil der Unternehmen nicht überleben kann, zumindest nicht in ihrer jetzigen Form. Nehmen wir als Beispiel einen Papierhersteller. Er muss möglicherweise große Summen in seinen Übergang investieren. Das lohnt sich für ihn nur, wenn er mehr Papier produziert. Dabei stellt das Unternehmen möglicherweise fest, dass es nicht über die erforderlichen Rohstoffe für eine ausreichende Papierproduktion verfügt, während gleichzeitig vor allem die Nachfrage nach dem von ihm vertriebenen Einwegpapier sinkt. Solche Unternehmen müssen im Zuge der Dekarbonisierung ihre Verfahrensweisen und Prozesse komplett neu ausrichten.

Unternehmen müssen sich der Risiken in ihrer Wertschöpfungskette bewusst sein. Ein großer Teil der direkten Klimaauswirkungen in Form von Extremwetterereignissen, steigenden Meeresspiegeln, Dürren und Temperaturanstieg werden Asien und Afrika möglicherweise stärker betreffen als Europa. Viele Unternehmen beschaffen sich die Rohstoffe allerdings in diesen Regionen und fertigen dort. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell Lieferkettenunterbrechungen gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben können. Dieses Risiko müssen Unternehmen kontrollieren können.

Pfade zur Dekarbonisierung

Banken versuchen, gemeinsam mit jedem einzelnen Kunden das jeweilige Umwelt- und Klimarisiko und die Maßnahmen zu bewerten, die er zum Gegensteuern ergreift. Zusammen mit anderen Stakeholdern wie beispielsweise Aktionären müssen die Banken den Pfad und die Ziele der Unternehmen verstehen, um ihre Fortschritte bewerten zu können.

In vielen Fällen verfügen Banken intern nicht über die erforderliche Expertise und ziehen daher Energieexperten hinzu. Die BIL hat sich beispielsweise mit der luxemburgischen Beratungsfirma energieagence zusammengeschlossen und bringt sie mit Kunden zusammen, um sie bei der Entwicklung von Dekarbonisierungsmaßnahmen zu unterstützen. Ferner hat die BIL gemeinsame Konferenzen organisiert, um den Kunden Starthilfe zu geben sowie erste Schritte und Möglichkeiten zu erläutern, um ihre Energieeffizienz zu verbessern.

Der Pfad ist für jeden Sektor anders. Jeder muss sein Kohlenstoffbudget bestimmen und angeben, wie er die im Pariser Klimaabkommen festgelegten Emissionsobergrenzen einhalten will, durch die sichergestellt werden soll, dass die Erderwärmung 1,5°C der Durchschnittstemperaturen des vorindustriellen Niveaus nicht übersteigt. Die Dekarbonisierung verläuft nicht in allen Sektoren gleich schnell und hängt von den dort jeweils geltenden speziellen Bestimmungen ab sowie von der Verfügbarkeit angemessener Technologie.

Wie sieht es mit der Nichteinhaltung aus?

Die meisten Unternehmen stehen gerade erst am Anfang ihres Übergangspfads. Die Banken beurteilen, ob sie für Veränderungen bereit sind, und helfen ihnen, Pläne umzusetzen. Derzeit ist es noch verfrüht, die Folgen von Versäumnissen oder Nichteinhaltung zu berücksichtigen. Längerfristig wird dies allerdings ein Kriterium sein, und die Finanzinstitute werden entscheiden müssen, wie sie damit umgehen. Bei Kunden mit besonders hohen Risiken kann sich dies beispielsweise auf die Kreditkosten niederschlagen oder gar auf die Möglichkeit, in Zukunft überhaupt einen Kredit zu erhalten.

Auf jeden Fall müssen Banken zuerst versuchen, die Schwierigkeiten der Unternehmen zu verstehen – mangelt es an Kompetenz, angemessenen Ressourcen oder Verständnis? Letztendlich sollte die Dekarbonisierung im eigenen Interesse des Unternehmens und seiner Aktionäre sein. Banken werden daher mit etwaigen Barrieren befassen müssen, die Unternehmen daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen.

Es wird voraussichtlich mehr Klarheit herrschen, wenn die Offenlegungs- und Berichterstattungsvorgaben gemäß der EU-Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen im Laufe dieses Jahrzehnts ausgeweitet werden. Das Gesetz wird letztlich rund 50.000 europäischen (und einigen ausländischen) Unternehmen vorschreiben, quantitative und qualitative Informationen über ihre Nachhaltigkeitsauswirkungen, Chancen und Risiken (einschließlich Scope 3-Emissionen) offenzulegen. Diese Offenlegungspflicht gilt für Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: mindestens 50 Mio. EUR Umsatzerlöse, 25 Mio. EUR Bilanzsumme und 250 Mitarbeiter. So wird es möglich sein, einen Überblick über die gesamten Wertschöpfungsketten von Unternehmen zu erhalten.

Banken haben die bedeutende Aufgabe, Unternehmen auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung zu begleiten. Dies ist aber auch für ihr eigenes Risikomanagement und die Erfüllung ihrer aufsichtsrechtlichen Pflichten wichtig. Die Finanzindustrie spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Dekarbonisierung insgesamt voranzutreiben.

Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird enorme Investitionen erfordern, die die Regierungen alleine nicht finanzieren können. Banken können ihren Kunden dabei helfen, die erforderlichen Änderungen umzusetzen.