Expertenmeinung: „Eine Weltreise zu 8 EUR pro Tag“
Von den afrikanischen Savannen über Indien, Tibet und die Anden bis zu den Steppen des Urals: Anaïs Bouillet ist 2011 um die Welt gereist. Der jungen Personalverantwortlichen und ihrem Begleiter stand jedoch kein unbegrenztes Budget für ihre Reisevorbereitung zur Verfügung. Sie nahmen sich daher genügend Zeit für die Budgetplanung und Organisation jeder Etappe. Doch es blieb noch genügend Raum für Überraschungen und Improvisationen. Wir haben uns für Sie zu einem Gespräch mit der wagemutigen Weltreisenden getroffen.
Bei der Gelegenheit haben wir sie auch nach ihren besten Reiseplänen gefragt, die sicherlich eher „Spar-Varianten“ sind. Aber Erinnerungen sind ohnehin unbezahlbar.
• Wie sind Sie auf die Idee zu Ihrer Weltreise gekommen?
Anaïs Bouillet : Wer sich auf ein Abenteuer dieser Art einlässt, hat immer mehrere Gründe. Ganz klar, ich wollte wirklich die Welt entdecken. Ich hielt das für den richtigen Moment, ich war jung, hatte keine Kinder und auch sonst keine Verpflichtungen. Meiner Reise stand also nichts im Wege..
• Hatten Sie für diese Reise ein beachtliches Budget zur Verfügung?
Schon mehr als ein Jahr vor Reisebeginn habe ich angefangen zu sparen, außerdem habe ich mein Auto verkauft. Das Gesamtbudget für diese Reise lag bei 14.000 EUR pro Person. Das scheint eine Menge zu sein, doch für eine Reise von einem Jahr ist das gar nicht so viel. In dieser Summe enthalten sind die Flugtickets, Visa, Impfungen und alle Kosten, die auch schon vor der Reise angefallen sind.
• Laut Plan wollten Sie vor Ort nicht mehr als 8 EUR pro Tag ausgeben. War das leicht zu bewerkstelligen?
Das war effektiv das Tagesbudget, das wir festgesetzt hatten. Außer für die Länder in Europa oder Südamerika, wo sich das einfach nicht einhalten lässt. Bei diesen Ländern muss man eher 20 EUR bis 25 EUR pro Tag veranschlagen, sofern man sich für Couchsurfing entscheidet oder irgendwo privat übernachtet.
Doch bei guter Vorbereitung ist z. B. in den Ländern Afrikas oder Asiens alles machbar. Wir haben uns daher ausgiebig in Internet-Foren und bei Fremdenverkehrsbüros erkundigt. Außerdem haben wir viel mit anderen Reisenden diskutiert.
• Wie haben Sie sich vor Ort Bargeld beschafft? Und wie haben Sie das Geld verwaltet?
Ich habe die Ausgaben in einem Heft notiert, um das Budget täglich anzupassen. Wenn wir an einem Tag zu viel ausgegeben haben, haben wir versucht, das am nächsten Tag wieder auszugleichen.
Lokale Währungen haben wir uns an Geldautomaten oder direkt in den Banken jedes Landes beschafft. Dazu legt man seinen Pass vor und gibt die gewünschte Summe in der lokalen Währung an. Besonders zu beachten waren allerdings auch die Gebühren, die hierfür im Ausland anfallen.
Wir haben das Geld mitgeführt, verteilt auf mehrere Taschen in unserem Geldgürtel. Das Budget des Tages befand sich in einer vorderen Tasche, der Rest aus Sicherheitsgründen in anderen „Spezial“-Taschen.
• Für Reisende stellt der Transport einen erheblichen Kostenfaktor dar. Wie sind Sie bei weiten Strecken und vor Ort verfahren?
Im Gegensatz zu den Angeboten mehrerer Organisationen in Frankreich haben wir uns im Vorfeld nicht für eine klassische Weltreise mit einem zugehörigen Ticket entschieden.
Wir haben die Reisekosten vorher durch Beispielrechnungen simuliert, dabei den Wechsel von Kontinent zu Kontinent und die Zeit berücksichtigt, zu der wir laut Plan irgendwo sein wollten. Dadurch haben wir das Budget relativ genau einschätzen können. Flugreisen stellten eindeutig den größten Ausgabenposten dar.
Vor Ort sind wir meistens zu Fuß gegangen, per Anhalter gefahren oder haben lokale öffentliche Verkehrsmittel genutzt, die sehr günstig sind. Um das Budget für Transport und Unterkunft in Grenzen zu halten, sind wir bei weiten Strecken möglichst mit dem Zug oder Bus gefahren. Dann konnten wir gleichzeitig schlafen, auch wenn das nicht immer optimal ist, um richtig Ruhe zu finden.
• Ein weiterer großer Ausgabenposten ist die Unterkunft. Wie haben Sie das gelöst?
Die Unterkunft ist eindeutig der Ausgabenposten, bei dem man am meisten sparen kann. Also keine Hotels, sondern Übernachtungen privat. Wir haben auch wild gecampt und in Schlafsälen von Herbergen übernachtet, wenn es mal wieder Zeit war, zu duschen und sich richtig auszuruhen.
Wir haben unsere Übernachtungen nur sehr selten im Voraus reserviert. In den Ländern, die wir bereist haben, war es ganz leicht, eine Betreuungseinrichtung oder jemanden zu finden, der bereit war, uns aufzunehmen, ganz ohne finanzielle Gegenleistung. Ich kann mich lebhaft an ein improvisiertes Camping mit Russen am Baikalsee in Sibirien erinnern und an die Mongolin, die uns mehrere Nächte in der Jurte beherbergt hat, in der sie mit ihren Kindern lebte. Im Senegal haben wir in einem Fischerdorf geschlafen und in Bolivien auf Lama-Fellen.
• Haben Sie ein paar besondere Tipps für unsere Leser zu den Ausgaben für Verpflegung oder zu sonstigen laufenden Kosten?
Das sind eher Überlegungen, die der gesunde Menschenverstand nahe legt, als Zauber-Tipps oder Ratschläge. Am besten isst man in kleinen lokalen Restaurants, da kommt man im Übrigen auch besser mit der Bevölkerung in Kontakt und lernt die Landesküche kennen. Aber das geht nicht ohne Überraschungen einher: Wir haben Skorpione und gegrillte Kokons von Schmetterlingen probiert und auch Chicha, ein bolivianisches Maisbier, das bei 80° getrunken wird.
Ansonsten haben wir unterwegs in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften eingekauft. Danach haben wir uns mit unserem Kochgeschirr am Lagerfeuer etwas zu essen gemacht.
• Und für die kleinen Wehwehchen, hatten Sie da eine besondere Versicherung abgeschlossen?
Durch unsere Kreditkarte waren wir in den ersten drei Monaten abgesichert. Danach haben wir eine Versicherung abgeschlossen, die im Falle eines unvorhergesehenen Rücktransports in die Heimat die Kosten übernommen hätte.
Ich habe mich an die Empfehlungen eines Arztes aus dem Centre Hospitalier de Luxembourg gehalten, der mich gegen verschiedene Viren und Krankheiten geimpft hat, nachdem die Regionen und Jahreszeiten feststanden, in denen ich mich im Ausland aufhalten würde. Mein Arzt hat mir auch ein Erste-Hilfe-Set mit den wichtigsten Dingen für den Krankheitsfall zusammengestellt.
• Was würden Sie jemanden, der sich in ein derartiges Abenteuer stürzen will, ganz allgemein raten?
Ich kann jedem eine solche Reise nur empfehlen. Gute Vorbereitung ist sicher das A und O, aber wenn man Lust darauf hat, sollte man das unbedingt machen.
Das Ganze ist ein unglaubliches Abenteuer, das man intensiv erleben muss, denn es geht sehr schnell vorbei. Eine einmalige Gelegenheit, unterschiedlichen Menschen zu begegnen, an ihren Erfahrungen und ihrer Lebensweise teilzuhaben, ganz unvoreingenommen und ohne Wenn und Aber. Bestimmte Landschaften und die Freundlichkeit der Menschen, die uns aufgenommen haben, werde ich mein Leben lang nicht vergessen.