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April 26, 2024

Expertenmeinung: Inkubation junger Unternehmen durch Technoport

  Gesammelt von myLIFE team myCOMPANY August 9, 2018 5694

Das myLIFE-Team traf sich mit Diego De Biasio, dem CEO von Technoport. Wir nutzten diese Gelegenheit, um mehr über dieses luxemburgische Gründerzentrum zu erfahren, das 2018 sein 20-jähriges Bestehen feiert. Außerdem interessierten wir uns für den Unternehmergeist, durch den die von ihm betreuten Start-ups angetrieben werden.

Herr De Biasio, könnten Sie uns kurz erklären, was unter einem Gründerzentrum zu verstehen ist?

„Ein Gründerzentrum, auch Inkubator genannt, ist für mich ein Ort, an dem versucht wird, auf flexible Weise alle wichtigen Komponenten zusammenzutragen, die zur Förderung der Gründung und des Wachstums neuer Unternehmen notwendig sind.

Diese Strukturen umfassen Dienstleistungen und Prozesse im Zusammenhang mit der Entwicklung von Unternehmen, Infrastrukturen für die Unterstützung in der Anlaufphase sowie auch spezielle Teams, die die Unternehmer in der frühen Entwicklungsphase ihres Unternehmens betreuen, die häufig die schwierigste und riskanteste Phase darstellt. Eine weitere sehr wichtige Säule ist die Schaffung einer Community, in der sich die Unternehmer über bewährte Verfahren austauschen und sogar im Bereich der Innovation Synergien entwickeln können.

Wie haben wir uns die durch Technoport geleistete Unterstützung für Jungunternehmen vorzustellen?

Wir gehen stets Schritt für Schritt vor. Zunächst einmal bewerten wir die Ideen und Konzepte der Unternehmer mithilfe unserer Coaches. Anschließend setzen wir die Unternehmer mit diesen in Verbindung, geben ihnen Zugriff auf unsere Netzwerke und vermitteln ihnen den Kontakt zu Spezialisten für ihre jeweilige Branche bzw. Berufsgruppe. Und schließlich folgt der Teil, in dem wir uns um die Infrastruktur kümmern. Hierbei stellen wir den Unternehmern ein Arbeitsumfeld zur Verfügung, das es ihnen erlaubt, sich dem Wichtigsten überhaupt zu widmen: der Entwicklung ihres Unternehmens.

Ein weiterer Punkt, der uns von anderen unterscheidet, ist die Vielfältigkeit unseres Angebots. Wir sind nicht nur ein Inkubator, wir bieten auch die Möglichkeit zum sogenannten Coworking und verschaffen Zugang zu einer digitalen Fertigungswerkstatt (FabLab), die die schnelle Herstellung von Prototypen ermöglicht. So konnten wir im Laufe der Jahre das von uns abgedeckte Spektrum an Sektoren stetig vergrößern.

Was genau zeichnet die von Technoport ausgewählten Start-up-Unternehmen aus?

Technoport hat sich die Förderung innovativer, technologieorientierter Projekte zum Ziel gesetzt. Wir sind kein thematisch spezialisiertes Gründerzentrum wie beispielsweise Paul Wurth InCub, das sich vor allem auf den Industriesektor (InduTech) konzentriert, oder LHoFT, das eher ein Hub aus dem FinTech-Bereich ist. Stattdessen richten wir uns an die Allgemeinheit und haben inzwischen etwa vierzig Unternehmen aus den verschiedensten Bereichen wie Umweltschutz, Grundstoffe, IT-Sicherheitslösungen, soziale Netzwerke usw. auf die Beine geholfen.

Eine unserer Besonderheiten liegt allerdings darin, dass wir vor allem zwei Zielgruppen im Auge haben: zum einen neu gegründete Unternehmen (Start-ups), und zum anderen ausländische Unternehmen, die in Luxemburg Innovations- und Forschungszentren errichten möchten.

Die Unternehmer haben zwar bereits eine Vielzahl an vielversprechenden Ideen für ihr geplantes Unternehmen, doch fehlt es ihnen etwa an den nötigen Kontakten oder der Expertise, um ihr Projekt erfolgreich umzusetzen.

Könnten Sie uns unter all den Unternehmen, die von Ihrem Inkubator betreut werden, ein Beispiel einer Erfolgsstory nennen? Und könnten Sie kurz erklären, in welcher Weise Technoport zu diesem Erfolg beigetragen hat?

Ich möchte mich an dieser Stelle nicht auf ein einzelnes Beispiel beschränken, da jedes Unternehmen einen unterschiedlichen Entwicklungsverlauf nimmt und individuelle Bedürfnisse hat. Oftmals haben die Unternehmer zwar bereits eine Vielzahl an vielversprechenden Ideen für ihr geplantes Unternehmen, doch fehlt es ihnen etwa an den nötigen Kontakten oder der Expertise, um ihr Projekt erfolgreich umzusetzen. Und genau da kommt Technoport ins Spiel, um ihnen zu helfen.

Mir kommen da direkt einige Beispiele in den Sinn. Zum Beispiel das Unternehmen Trendiction, von dem das Produkt Talkwalker entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um ein benutzerfreundliches, höchst performancestarkes Tool zum Online-Monitoring und Online-Reputationsmanagement, das von namhaften großen Unternehmen und Agenturen weltweit genutzt wird. Abgesehen davon, dass wir von Anfang an an dieses Projekt geglaubt haben, bestand unser Beitrag darin, dass wir den Kontakt zwischen dem Gründerteam und ihrem aktuellen CEO vermittelt haben. Heute beschäftigt das Unternehmen knapp 200 Mitarbeiter in seinen Niederlassungen in den USA, Deutschland und Luxemburg.

Ein weiteres Beispiel, das ich anführen kann, ist SecureWave. Diesem Unternehmen aus dem Bereich IT-Sicherheit haben wir unter enger Zusammenarbeit mit dem damaligen (2000-2001) Arbeitsministerium dabei geholfen, zahlreiche Entwickler einzustellen, die nicht aus der EU stammen. Ihre Fähigkeiten waren für das Unternehmen von entscheidender Bedeutung.

Oder nehmen wir das Unternehmen Foobot, das ein Produkt zur Messung der Raumluftqualität entwickelt hat und vermarktet. Wir haben ihnen den Kontakt zu The Faktory in Lüttich vermittelt, einem privaten Investmentfonds, der sowohl die Finanzierung als auch die Acceleration von Start-ups anbietet und sich schließlich dazu entschied, in das Unternehmen zu investieren.

Ein weiteres schönes Beispiel ist LuxScan Technologies, das mit dem Export Award 2018 ausgezeichnet wurde. Dieses Unternehmen beschäftigt sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Scannern zur Optimierung des Holzzuschnitts und zur Analyse der Holzqualität. In diesem Fall spielten wir insofern eine entscheidende Rolle, als dass wir den Unternehmern dabei halfen, geeignete Räumlichkeiten zu finden, als sie den Inkubator verlassen mussten, und so dazu beitrugen, das Unternehmen in Luxemburg zu halten.

Unser Auswahlprozess umfasst vier Stufen […]. Unter dem Strich bleiben von den uns erreichenden Bewerbungen jährlich etwa 7-10% übrig, denen wir uns schließlich widmen.

Auf Grundlage welcher Kriterien werden die von Technoport zu betreuen beabsichtigten Start-ups ausgewählt?

Unser Auswahlprozess umfasst vier Stufen. Unser erster Filter greift, sobald sich ein Unternehmer bei uns bewirbt, wobei etwa 70% der Projekte übrig bleiben. An diesem Punkt wird von uns schlicht und einfach geprüft, ob die Beschreibung technologische oder innovative Aspekte aufweist. Ist diese erste Auswahl geschafft, so beginnt der eigentliche Prozess der Unterstützung. Wir setzen uns mit dem Unternehmer zusammen, um sein Konzept zu prüfen, und stellen anschließend ein Team aus externen Prüfern – Branchen-, Technologie- und/oder Finanzierungsexperten – zusammen, das sich ebenfalls mit dem Unternehmer trifft.

Dieses Team erstellt ein Gutachten zu dem Projekt, das sich mit unserem ergänzt. Anschließend wird die Angelegenheit an den Verwaltungsrat weitergereicht, der schließlich über die endgültige Annahme entscheidet. Unter dem Strich bleiben von den uns erreichenden Bewerbungen jährlich etwa 7-10% übrig, denen wir uns schließlich widmen.

Das Besondere an Luxemburg ist, dass die sich hier ansiedelnden Unternehmen sehr schnell dazu gezwungen sind, sich internationale Zielgruppen zu suchen, um weiter bestehen zu können.

Technoport gilt als einer der besten Inkubatoren in ganz Europa. Was genau macht Sie so besonders?

Ich glaube, das ist unser Geschäfts- und Unternehmensführungsmodell. Wir weisen eine hohe Erfolgsrate auf: Von den 59 Unternehmen, die unseren Inkubator verließen, wurden 17 aufgekauft. Das Besondere an Luxemburg ist, dass die sich hier ansiedelnden Unternehmen sehr schnell dazu gezwungen sind, sich internationale Zielgruppen zu suchen, um weiter bestehen zu können. Bei den Inkubatoren, die ich in Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien erlebt habe und die sich zunächst auf ihren jeweiligen Binnenmarkt fokussieren, war dies jedoch nicht zwangsläufig der Fall.

 

Herr De Biasio, welchen Rat können Sie Jungunternehmern, die ein Start-up planen, mit auf den Weg geben?

Ich bin der Meinung, dass das Unternehmertum allem voran eine Leidenschaft sein muss. Jeder Projektträger sollte sich zunächst einmal die Frage stellen, warum er diesen Schritt wagen will und welche Ziele er erreichen möchte. Wir bei Technoport haben Unternehmen erlebt, die einen exponentiellen Wachstumskurs hingelegt haben, während andere Unternehmer wiederum für sich entschieden, ihr Unternehmen lieber klein und familiär zu halten. Nichtsdestotrotz können beide Unternehmensmodelle gleichermaßen innovative Lösungen entwickeln. Ihr einziger Unterschied liegt in ihrem Entwicklungsmodell. Es liegt daher am Unternehmer selbst, zu entscheiden, welche Art von Start-up er gründen möchte. Von dieser Entscheidung hängt dann schließlich ab, welche Mittel er zur Umsetzung seines Projekts benötigt.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website Technoport.lu.