Finanzen: Angehörige in Notlagen unterstützen – aber wie?
Finanzen und Familie sind zwei Bereiche, die sich nicht immer leicht miteinander vereinbaren lassen. Das Thema Geld kann zu schweren Konflikten führen und Familienbeziehungen nachhaltig belasten. Dennoch kommt es nicht infrage, einen geliebten Menschen im Stich zu lassen, der sich in einer finanziellen Notlage befindet. Wie können Sie sich in solch einer Situation verhalten? myLIFE nimmt verschiedene Optionen für Sie unter die Lupe.
Der Verlust des Arbeitsplatzes, langwierige medizinische Behandlungen, persönliche Tragödien, unvorteilhafte Budgetentscheidungen: Finanzielle Notlagen können im kleineren oder größeren Ausmaß auf unterschiedlichste Weise entstehen. Instinktiv suchen viele Menschen in einer derartigen Situation zuallererst Hilfe bei Familienangehörigen. Nehmen wir an, Sie wurden um Hilfe gebeten und müssen nun eine Entscheidung treffen. Wie sollen Sie sich verhalten? Wie können Sie Gutes tun und gleichzeitig sicherstellen, dass Sie nicht am Ende selbst in die roten Zahlen geraten? Wie vermeiden Sie Missverständnisse und sorgen dafür, dass Ihre Unterstützung nicht nur zweckgemäß verwendet, sondern Ihnen später auch zurückgezahlt wird? Bevor Sie einem Angehörigen finanzielle Hilfe zusichern, sollten Sie sorgfältig abwägen.
Eine persönliche Entscheidung
Zusammenhalt in der Familie, Großzügigkeit und Nächstenliebe: Es gibt viele ehrenwerte Beweggründe, Angehörige finanziell zu unterstützen. Faktoren wie emotionale Erpressung, Gruppenzwang oder die Angst, jemanden zu enttäuschen, gehören allerdings nicht dazu. Ob Sie einen Angehörigen unterstützen können und möchten, ist eine äußerst persönliche Frage – diese Entscheidung sollte ganz und gar Ihnen selbst überlassen sein. Handeln Sie deshalb niemals überstürzt und im Affekt, sondern nehmen Sie sich genug Zeit zum Nachdenken. Suchen Sie gegebenenfalls Rat bei Dritten, denen Sie vertrauen. Vorzugsweise sollte es hierbei sich um außenstehende, nicht involvierte Personen handeln.
Vergewissern Sie sich, dass Sie zu Ihrer eigenen Entscheidung stehen können und dass sie die Beziehung zu Ihrem hilfebedürftigen Angehörigen aus Ihrer Sicht nicht beeinträchtigt.
Helfen Sie niemals unüberlegt – auf diese Weise befeuern Sie möglicherweise das Problem, anstatt zu einer langfristigen Lösung beizutragen.
Finden Sie die Ursache, anstatt Symptome zu behandeln
Wenn ein Ihnen nahestehender Mensch in finanziellen Schwierigkeiten steckt, möchten Sie ihm möglicherweise sofort und ohne jede Diskussion helfen. In manchen Fällen kann eine Notsituation ein schnelles Eingreifen rechtfertigen. Häufig empfiehlt es sich jedoch, dem eigentlichen Problem auf den Grund zu gehen und nicht nur auf die Symptome – das heißt auf die finanzielle Bedürftigkeit – zu schauen. Helfen Sie niemals unüberlegt – auf diese Weise befeuern Sie möglicherweise das Problem, anstatt zu einer langfristigen Lösung beizutragen.
Was ist die Ursache für die finanzielle Bedürftigkeit? Oft finden sich im Hintergrund einer finanziellen Notlage Schwierigkeiten bei der Budgetverwaltung, der Arbeitssuche oder der Karriereplanung; in manchen Fällen kann sogar ein äußerst kostspieliges Suchtverhalten zugrunde liegen. Bei Problemen dieser Art kann das Begleichen möglicher Schulden höchstens eine vorübergehende Lösung darstellen. Je nach Situation können Sie Folgendes tun, um der betroffenen Person langfristig zu helfen:
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- Vermitteln Sie ihr geeignete Hilfsangebote (z.B. bei Überschuldung) oder eine Karriereberatung, vereinbaren Sie einen Termin mit einem Finanzexperten Ihres Vertrauens o.ä.
- Möglicherweise sind Sie auch selbst in der Lage, ihr neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die zu einer beruflichen Weiterentwicklung beitragen.
- Helfen Sie der Person, Kontrolle über ihre eigenen Finanzen zu erlangen. Hierbei sollte, falls erforderlich, zunächst ein Schuldentilgungsplan erstellt werden. An nächster Stelle steht das Erlernen eines guten Umgangs mit dem eigenen Budget. In der Artikelserie „Budget“ von myLIFE finden Sie umfassende Informationen zu diesem Thema. Es kann für Ihr Gegenüber durchaus hilfreich sein, wenn Sie Methoden zur Budgetverwaltung am Beispiel Ihrer eigenen Finanzen demonstrieren.
Ihre Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld können auf lange Sicht wertvoller sein als jede kurzfristige finanzielle Unterstützung. In den folgenden Abschnitten erfahren Sie, welche Möglichkeiten sich auf finanzieller Ebene bieten, wenn Sie einem Angehörigen in Not helfen möchten.
Ihre Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld können auf lange Sicht wertvoller sein als jede kurzfristige finanzielle Unterstützung.
Geld schenken
Wenn ein Angehöriger mit vorübergehenden Liquiditätsproblemen konfrontiert ist, können Sie ihm natürlich die benötigten Mittel zur Verfügung stellen. Denn schließlich macht Geben mehr Freude als Nehmen. Das Wichtigste ist, dass Sie sich durch Ihre Hilfsbereitschaft nicht selbst in Schwierigkeiten bringen. Unabhängig vom finanziellen Bedarf der betroffenen Person sollten Sie sich also bewusst darüber sein, über welche Mittel Sie tatsächlich verfügen, und ein realistisches Maß für Ihre Hilfeleistung wählen. Bei einer Schenkung sollten Sie explizit klarstellen, dass Sie keine Rückzahlung erwarten.
Handelt es sich um eine einmalige Unterstützung oder sind regelmäßige Zahlungen vorgesehen, bis das Problem behoben ist? Knüpfen Sie Ihre aktuelle Schenkung oder zukünftige Zahlungen an bestimmte Bedingungen? Was soll geschehen, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden? Haben Sie sich einen Überblick über die steuerlichen und rechtlichen Aspekte verschafft, die bei einer Schenkung zum Tragen kommen?
Ihre Großzügigkeit spricht für Sie – achten Sie jedoch darauf, den Rahmen Ihrer Hilfeleistung genau abzustecken. Wenn Sie Missverständnisse und Unklarheiten vermeiden, trägt dies zum Schutz Ihrer persönlichen Beziehung zu der beschenkten Person bei.
Gut zu wissen: Möchten Sie sicherstellen, dass Ihre Schenkung zweckgemäß verwendet wird? Sollten Sie Zweifel daran haben, dass die von Ihnen zur Verfügung gestellten Mittel wirklich für den vorgesehenen Zweck verwendet werden, können Sie statt Bargeld auch einfach Gutscheine für bestimmte Geschäfte schenken. Denken Sie über diese Möglichkeit nach. Als weitere Alternative zu Bargeld können Sie anbieten, bestimmte Rechnungen zu begleichen oder regelmäßige Zahlungen per Dauerauftrag zu übernehmen.
Es ist wichtig, dass Sie die Bedingungen für das Darlehen klar formulieren und schriftlich festhalten. Dieses Dokument muss anschließend von allen Beteiligten unterzeichnet werden.
Geld verleihen
Sie möchten den benötigten Betrag als Darlehen zur Verfügung stellen? Auch hier ist es wichtig, dass Sie die Bedingungen für das Darlehen klar formulieren und schriftlich festhalten. Dieses Dokument muss anschließend von allen Beteiligten unterzeichnet werden. Auch wenn die Unterzeichnenden Familienmitglieder sind, müssen insbesondere die folgenden Aspekte unmissverständlich und in schriftlicher Form vereinbart werden:
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- Darlehensbetrag und Zahlungsmodalitäten (Bargeld oder kein Bargeld, eine oder mehrere Zahlungen …)
- Rückzahlungsmodalitäten (Fälligkeiten, Beträge, mit oder ohne Zinsen …)
- Konsequenzen und Entschädigungen im Falle einer Nichterfüllung der Rückzahlungsbedingungen
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Legen Sie klare Bedingungen fest und verwechseln Sie emotionale Bindung nicht mit Vertrauen. Verlangen Sie bestimmte Sicherheiten von Ihrem Gegenüber, falls erforderlich.
Als Bürge eintreten
In bestimmten Situationen kann es eine große Hilfe sein, wenn Sie als Bürge für ein Familienmitglied eintreten. Eine Bürgschaft sollten Sie jedoch nie auf die leichte Schulter nehmen, da sie weitreichende Folgen haben kann. Mit einer selbstschuldnerischen und unteilbaren Bürgschaft verpflichten Sie sich nämlich zur Begleichung aller von der Bürgschaft abgedeckten Schulden im Falle einer Zahlungsunfähigkeit Ihres Angehörigen. Bei einer einfachen Bürgschaft können Sie den Gläubiger auffordern, zunächst nur das Vermögen des Hauptschuldners (d.h. Ihres Angehörigen) zu pfänden oder das Verfahren zu teilen.
Warum sollten Sie lieber zweimal nachdenken, bevor Sie eine Bürgschaft übernehmen? Abgesehen von den bereits beschriebenen möglichen Folgen stellt sich die Frage, welches Risiko Sie ganz unmittelbar und real eingehen. Wenn eine Bank zur Freigabe von Mitteln an Ihren Angehörigen eine Kaution verlangt, bedeutet dies, dass sie ihn als Risikokunden einstuft. Das sollte Ihnen zu denken geben. Glauben Sie wirklich, dass ihr Angehöriger in der Lage ist, das Geld zurückzuzahlen? Sind Sie bereit, das Risiko seiner möglichen Zahlungsunfähigkeit einzugehen? Bei aller Hilfsbereitschaft gilt auch hier: Bleiben Sie realistisch.
Gut zu wissen: Verlangen Sie über mündliche Versprechen und guten Willen hinaus umfassenden Einblick in die Finanzen Ihres Angehörigen (Einkommen, Ausgaben, Schulden, Vermögen usw.). Vereinbaren Sie nach Möglichkeit einen gemeinsamen Termin mit Ihrem Angehörigen und dessen Bankberater, bei dem Sie all Ihre Fragen stellen und Klarheit darüber erlangen können, worauf Sie sich einlassen. Sie können zudem alle unterzeichneten Dokumente sowie den Tilgungsplan in Kopie anfordern. Erkundigen Sie sich bei der Bank, ob es möglich ist, Sie umgehend in Kenntnis zu setzen, falls der Darlehensnehmer eine Zahlungsfrist versäumt.
In bestimmten Situationen kann es eine große Hilfe sein, wenn Sie als Bürge für ein Familienmitglied eintreten. Seien Sie jedoch vorsichtig, denn eine Bürgschaft kann weitreichende Folgen haben.
Jede Arbeit verdient angemessene Bezahlung
Zum Schluss noch eine weitere Option: Sie können einem bedürftigen Angehörigen zu einem besseren Einkommen verhelfen, indem Sie ihn als Mitarbeiter einstellen. Dies muss natürlich offiziell und auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Arbeitsvertrags geschehen. Je nach Situation und Fähigkeiten könnte Ihr Angehöriger zum Beispiel im Haushalt anfallende Aufgaben übernehmen oder Sie bei der Kinderbetreuung unterstützen. Haushalt, Instandhaltung, Gartenarbeit, Hilfe bei den Schulaufgaben, Kinderbetreuung, Verwaltungsaufgaben – die Liste an Tätigkeiten, die sich entlohnen lassen, ist lang. Einige von ihnen fallen in die Kategorie der Sonderausgaben, für die bestimmte Steuervergünstigungen gelten. Informieren Sie sich!
Dass Sie einen bedürftigen Angehörigen unterstützen möchten, spricht für Sie. Um in dieser Situation die beste Lösung zu finden, sollten Sie drei wichtige Aspekte beachten: Stellen Sie sicher, dass Sie zu Ihrer Entscheidung stehen können, legen Sie ein realistisches Maß sowie klare Bedingungen für Ihre Hilfeleistung fest und achten Sie darauf, dass Sie sich nicht selbst in Schwierigkeiten bringen.