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April 16, 2024

Ist der luxemburgische Immobilienmarkt überteuert?

Sechs von zehn Europäer sind davon überzeugt, dass Immobilien in ihrem Land zu teuer sind. In Luxemburg wird diese Meinung sogar von 89% der Einwohner vertreten, wobei 78% in den nächsten 12 Monaten einen weiteren Preisanstieg erwarten1. Ist dieser Wahrnehmungsunterschied im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn gerechtfertigt?

Ein Preisboom?

Es ist nicht zu leugnen, dass die Immobilienpreise im letzten Jahrzehnt stark angestiegen sind. Seit 2009 sprechen wir laut Observatoire de l’Habitat sogar von einem Anstieg von 39% für das ganze Land. Im jährlichen Durchschnitt bedeutet dies eine Preissteigerung von 4,8%! Noch beeindruckender sind jedoch die Zahlen für Luxemburg-Stadt, wo die Preise jährlich um 6,8% steigen. Ein Element, das das Preisgefälle zwischen Stadt und Land weiter verstärkt.

Mit 6.416€ liegt der Quadratmeterpreis in Luxemburg-Stadt deutlich unter dem Quadratmeterpreis anderer europäischer Metropolen und Wirtschaftszentren.

Dieser kontinuierliche Anstieg blieb weitgehend unbeeindruckt von internationalen Krisen. Im Gegensatz zu den meisten Ländern der Eurozone hatte die Finanzkrise 2008 wenig Einfluss auf den luxemburgischen Immobilienmarkt. Die Transaktionspreise nahmen zwar zwischen 2008 und 2009 um 2,5% ab, stiegen jedoch im darauffolgenden Jahr um 5% an. Eine nachhaltige Wachstumsrate, die seitdem anhält.

Dieser Anstieg ist im Wesentlichen auf drei Schlüsselfaktoren zurückzuführen:

  • Wirtschaftliche Gründe: Luxemburg hat ein extrem hohes BIP-Wachstum, das vor allem von einem boomenden Privatsektor getragen wird. Während die Eurozone seit 2006 ein BIP-Wachstum von 6% zu verzeichnen hat, erlebt Luxemburg im gleichen Zeitraum einen Anstieg von 17%. Zusätzlich registriert Luxemburg das höchste mittlere Einkommen pro Haushalt im internationalen Vergleich, was wiederum Wirtschaftswachstum und Kaufkraft positiv beeinflusst. Dementsprechend steigen auch die Immobilienpreise.
  • Demographische Gründe: Die Bevölkerungszunahme von 12% seit 2010 beweist, dass die robuste Wirtschaft des Landes viele Menschen anzieht. Bei einer aktuellen Einwohnerzahl von 591.000, wird bis 2030 ein Anstieg auf 678.000 Bewohner erwartet. Bereits jetzt gibt es jedoch ein jährliches Defizit von 2.500 Wohneinheiten. Das Immobilienangebot deckt also bei Weitem nicht den Bedarf, was die Preise weiter nach oben schnellen lässt.
  • Steuerliche Gründe: Im Gegensatz zu Frankreich fällt die Grundsteuer in Luxemburg äußert gering aus. Eine Wohnsteuer ist sogar inexistent. Dies sind zwei Elemente, die das Halten von Immobilien kostengünstig machen und sich auf den Kaufpreis auswirken. Während beispielsweise ein Grenzgänger aus Thionville über 3.000€ pro Jahr an lokalen Steuern bezahlt, liegen die gleichen Kosten in Luxemburg bei rund 150€.

Überteuerte Immobilien?

Ist denn nun der luxemburgische Immobilienmarkt auf Grund des starken Preisanstiegs überteuert? Mit 6.416€/m2 für eine Wohnung, liegt der Quadratmeterpreis in Luxemburg-Stadt deutlich unter dem Quadratmeterpreis anderer europäischer Metropolen und Wirtschaftszentren. So beträgt der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Paris 8.340€, in Genf 8.861€ und in London über 10.000€.

Darüber hinaus hat der Staat Luxemburg Maßnahmen eingeleitet, um den Zugang zu Immobilien zu erleichtern und ihre Beschaffungskosten zu reduzieren. Unter ihnen der „Bëllegen Akt“, eine Steuergutschrift von 30.000€ pro Person (60.000€ für ein Paar), absetzbar von den Registrierungsgebühren. Eine große Hilfe für Erstkäufer! Eine 500.000€ teure Immobilie in Luxemburg kostet daher in ihrer Anschaffung insgesamt nur 501.750€, wohingegen die gleiche Immobilie zum selben Preis in Paris 536.000€ und in Brüssel 545.000€ kosten würde2.

(…) während eine Verlangsamung des Immobilienmarktes noch immer möglich ist, ist sie dennoch unwahrscheinlich (…).

Angesichts der bislang angeführten Fakten ist es legitim zu behaupten, dass der kontinuierliche Preisanstieg den Zugang zu Immobilien in Luxemburg für eine Vielzahl von Haushalten verunmöglicht. Andererseits bleibt Luxemburg, vor allem im Vergleich zu anderen städtischen Zentren seiner Nachbarländer, noch leistbar.

Immobilienblase: ja oder nein?

Im Kontext eines hohen Immobilienpreisanstiegs stellt sich die Frage nach der Stabilität des Marktes. Auf Basis der vorangegangenen Ausführungen ist eine Verlangsamung des Marktes zwar möglich, jedoch sehr unwahrscheinlich, da die Preise sowohl von wirtschaftlichen als auch von demographischen und steuerlichen Faktoren gestützt werden. Mit Preisen, die letztendlich niedriger als jene in vergleichbaren Metropolen sind, kann man berechtigterweise davon ausgehen, dass noch Luft nach oben bleibt. Eben diese Dynamik wird in der aktuellen Ausgabe von BIL|IMMOindex zum Zustand des luxemburgischen Immobilienmarkts hervorgehoben.

Eine Beruhigung für Hausbesitzer, ein Vorteil für Investoren.


1 TNS Ilres (2016)
2 Die Simulation basiert auf folgende Online-Rechner: www.paris.notaires.fr und www.notaire.be