Meine Finanzen, meine Projekte, mein Leben
November 21, 2024

Komplexe Probleme bei grenzüberschreitenden Scheidungen bewältigen

  Gesammelt von myLIFE team myWEALTH August 13, 2018 11286

Auch wenn sich Ehepartner einvernehmlich trennen und eigentlich eine vernünftige Regelung anstreben, kann die Scheidung einer Ehe äußerst kompliziert werden. Für Personen, die in mehreren Ländern gelebt und gearbeitet und nicht nur in einem einzigen Land, sondern international Verbindungen haben, sind die Probleme wahrscheinlich noch komplexer.

Die Scheidung und ihre finanziellen wie persönlichen Auswirkungen bilden einen Bereich, in dem es, derzeit jedenfalls, kaum eine grenzüberschreitende Harmonisierung gibt. In welchem Land der Scheidungsantrag eingereicht wird, richtet sich nach dem für den Fall anwendbaren Recht und kann im Hinblick auf finanzielle Regelungen, Sorgerechtsvereinbarungen und Steuerverbindlichkeiten einen gewaltigen Unterschied bedeuten.

Für Personen, die diesbezüglich eine Wahl haben, kann es überaus bedeutsam sein, wo die Scheidung eingereicht wird. Dies zeigen Fälle wie der von Khoo Kay Peng, dem wohlhabenden malaysischen Geschäftsmann, Vorstandsvorsitzenden und Großaktionär des britischen Modehauses Laura Ashley, und seiner Frau Pauline Chai.

Einer der Hauptstreitpunkte war, ob das Paar seinen Hauptwohnsitz in Malaysia oder Großbritannien hatte und wo daher über die Scheidung zu verhandeln sei. Khoo erklärte, über die Angelegenheit solle in Malaysia entschieden werden, da sich dort der eheliche Wohnsitz befinde; Chai forderte indes ein Verfahren in Großbritannien. Ihre Anwälte behielten die Oberhand, und sie erhielt eine Abfindung von 64 Millionen britischen Pfund, allerdings betrugen die Gerichtskosten auch über 6 Millionen US-Dollar.

Befinden sich die Parteien und ihre Wohnsitze in unterschiedlichen Ländern, ist es extrem schwierig, das Land vorherzusagen, dessen Gesetze Anwendung finden sollten. Wo das Paar geheiratet hat, hat keinen Einfluss darauf, wo das Scheidungsverfahren zu erfolgen hat.

Streit um den Gerichtsstand

Was zählt, sind das Land, in dem die Ehepartner leben, ihre Staatsangehörigkeit und (in bestimmen Fällen) ihr Wohnsitz. Selbst dann bietet ein Antrag, dass eine Scheidung in einem bestimmten Land verhandelt werden soll, keine Gewissheit, dass dies auch tatsächlich so geschieht. Wie in dem Konflikt zwischen Khoo und Chai kann es vorkommen, dass wohlhabende Paare genauso lange über das für das Scheidungsverfahren zuständige Land streiten wie über die Regelung selbst.

Darüber hinaus gilt für die Scheidung nicht zwangsläufig das Recht des Landes, in dem die Scheidung eingereicht wird.

Es gibt keine EU-weiten Vorschriften, die regeln, wo eine Ehe geschieden werden soll, wenn die Parteien in unterschiedlichen Ländern leben. Allerdings haben sich 16 europäische Länder auf Regeln zur Bestimmung des richtigen Gerichtsstands für eine Scheidung geeinigt.

Aktuell gibt es keine EU-weiten Vorschriften, die regeln, wo eine Ehe geschieden werden soll, wenn die Parteien in unterschiedlichen Ländern leben. Allerdings haben sich 16 europäische Länder auf Regeln zur Bestimmung des richtigen Gerichtsstands für eine Scheidung geeinigt.

Die EU-Verordnung von 2010 zu Ehescheidung und Trennung, bekannt als „Rom III-Verordnung“, sieht eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Ländern in Bezug auf das geltende Recht für Ehescheidungen und Trennungen vor und wurde von Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Ungarn angenommen.

Die Verordnung gilt in Fällen, in denen nationale Gesetze mehrerer Länder kollidieren, wenn also das Recht von zwei oder mehr EU-Ländern für eine Scheidung oder Trennung gelten könnte, beispielsweise das Recht das Landes der Staatsangehörigkeit der Ehepartner oder das des Landes ihres Hauptwohnsitzes.

Fehlen gemeinsamer Normen

Nach geltendem Recht können sich die Ehepartner auf das Land einigen, dessen nationale Gesetze für ihre Scheidung oder Trennung gelten sollen; allerdings kann diese Vereinbarung vor Aufnahme des Verfahrens jederzeit geändert werden.

Können sich die Ehepartner nicht auf das Land einigen, dessen Recht für ihre Scheidung oder Trennung gelten soll, unterliegt der Fall dem Recht des Landes, in dem die Ehepartner zu Beginn des Verfahrens wohnhaft sind, ansonsten das Land, in dem ihr letzter Hauptwohnsitz war, sofern dies nicht länger als ein Jahr zurückliegt und wenn einer der beiden noch immer dort lebt oder das Land der Staatsangehörigkeit beider Ehepartner oder das Land, in dem die Scheidung eingereicht wird.

Außerhalb der 16 Länder, die die Regelung angenommen haben, gibt es keine gemeinsame Norm für die Bestimmung des Gerichtsstands – bei Unstimmigkeiten werden die Anwälte beider Seiten darüber streiten müssen. In einem aktuellen Fall wurden von einer deutschen Staatsangehörigen ein Scheidungsantrag in England und kurz darauf vom Ehemann seinerseits ein weiterer, erfolgloser Antrag zur Verhandlung des Falles in Deutschland eingereicht – mit der Begründung, er sei über die Einreichung des Antrags in Großbritannien nicht informiert worden.

Ein weiteres Problem hat mit der Anerkennung eines Scheidungsurteils in einem Land zu tun, wenn dieses in einem anderen Land gefasst wurde. In der EU (außer in Dänemark) legt die sogenannte Brüssel-IIa-Verordnung vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung Vorschriften fest, um die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die in einem EU-Mitgliedstaat getroffen wurden, in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu vereinfachen. Demnach kann eine Scheidung, die in einem Mitgliedstaat gewährt wurde, von anderen Ländern ohne weitere rechtliche Formalitäten anerkannt werden.

Komplikationen im Verfahren

Seit dem 1. August 2022 gilt statt dieser Regelung die Brüssel-IIb-Verordnung, die insbesondere Änderungen zu den Bereichen elterliche Verantwortung und internationale Kindesentführung enthält, darunter die automatische Vollstreckung und Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen über die elterliche Verantwortung in anderen Mitgliedstaaten.

Gleichwohl kann die Anerkennung aus verschiedenen Gründen, die in der Brüssel-II-Verordnung dargelegt sind, abgelehnt werden. Hierzu zählen Fälle, in denen eine Anerkennung eindeutig gegen die öffentliche Ordnung verstößt, wenn das Urteil in Abwesenheit des Antragsgegners verkündet wurde, wenn Ehepartner nicht rechtzeitig von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt wurden, um sich einen Rechtsbeistand zu beschaffen, oder wenn die Anerkennung mit einem späteren Urteil in einer Rechtssache zwischen denselben Parteien unvereinbar ist.

Ein Verfahren ist daher möglicherweise nicht immer ganz unkompliziert. In einem recht aktuellen Fall stritt sich ein Paar darüber, ob ein französisches oder ein britisches Urteil anerkannt werden müsse, da sie im Prinzip in beiden Ländern geschieden wurden. Letzten Endes blieb das Scheidungsurteil wirksam, das früher gefasst worden war.

Im Falle einer Ehe außerhalb der EU kann es sogar noch komplizierter werden. In dem schlagzeilenträchtigen Fall von Mick Jagger behaupteten seine Anwälte, dass die 1991 mit Jerry Hall auf der indonesischen Insel Bali geschlossene hinduistische Ehe ungültig sei. Ähnliche Probleme können sich bereits bei der Definition von „Scheidung“ ergeben.

In Luxemburg sollten Unterhaltszahlungen von bis zu 24.000 EUR pro Jahr steuerlich abzugsfähig sein.

Besteuerung von Unterhaltszahlungen

Selbst wenn die Scheidung unter Dach und Fach und alles geregelt ist, können weitere Probleme auftreten, wie etwa die von Land zu Land unterschiedliche Behandlung von Einkommen und/oder Unterhaltszahlungen. In Luxemburg beispielsweise sollten Unterhaltszahlungen von bis zu 24.000 EUR pro Jahr steuerlich abzugsfähig sein. Durch die jüngsten Steuerreformen in den USA wurde die steuerliche Begünstigung von Unterhaltszahlungen dort jedoch zum Teil abgeschafft. In der Praxis sind die Vorschriften von Land zu Land anders.

Auch die Wertzuwachssteuer kann bei einer geplanten Scheidungsvereinbarung zu einem Problem werden. Sie kann für jeden Vermögenswert gelten, der im Zuge der Aufteilung des Vermögens von einem der Ehepartner verkauft werden muss, weil dadurch ja beim Verkauf etwaige Wertsteigerungen realisiert werden.

Während Vermögensübertragungen zwischen Ehepartnern steuerfrei erfolgen können, entsteht eine Steuerpflicht, sobald das offizielle Trennungsverfahren eingeleitet wurde. Die meisten Länder gewähren eine Übergangsfrist für Übertragungen; um davon zu profitieren, müssen die sich trennenden Paare jedoch gut organisiert sein und diese rechtzeitig abschließen. In jedem Land gelten eigene Wertzuwachssteuersätze und Steuerfreibeträge. In Luxemburg beispielsweise sind kurzfristige Gewinne in voller Höhe im Rahmen der Einkommensbesteuerung zum persönlichen Grenzsteuersatz der betreffenden Person zu versteuern.

Grenzüberschreitende Scheidungen sind nie ganz unkompliziert, und häufig steht viel auf dem Spiel. Eine Einigung auf den Gerichtsstand, an dem die Sache verhandelt werden soll, kann schwierig sein, wenn bereits bei der Vermögensaufteilung und der Sorgerechtsregelung mit Uneinigkeit zu rechnen ist – professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen ist hier essentiell.