Kredite: wissen, was wirklich notwendig ist (2/3)
Die Beantragung eines Kredits ist zwar etwas Alltägliches, aber trotzdem nichts Banales. myLIFE erläutert Ihnen in einer dreiteiligen Artikelserie, wie man dabei am besten vorgeht. Nachdem wir herausgestellt haben, dass man zwischen einem tatsächlichen und einem empfundenen Bedürfnis nach einem Kredit unterscheiden muss, geht dieser zweite Artikel darauf ein, wie Sie bei der Beantragung die richtige Wahl treffen.
Im ersten Artikel dieser Serie, der sich mit der richtigen Vorgehensweise bei der Unterscheidung zwischen einem echten oder empfundenen Kreditbedarf beschäftigt, haben wir verdeutlicht, dass ein Kredit nicht nur Geld kostet, sondern zum Zeitpunkt der Entscheidung auch eine hohe kognitive Belastung darstellen kann. Wir schlugen daraufhin eine Selbstprüfung vor, um festzustellen, ob Ihr jetziger Finanzierungswunsch tatsächlich einem zukünftigen Finanzierungsbedarf entspricht. Denn um aus dem Schema der sofortigen Befriedigung auszubrechen, ist es ausschlaggebend, Entscheidungen auf Grundlage seiner tatsächlichen Bedürfnisse und nicht aus einer Laune heraus zu treffen. Da Sie jedoch bereits hier angekommen sind, sind Sie offenbar mehr denn je der Meinung, dass ein Kredit die richtige Lösung für die Finanzierung Ihres Projekts ist. Sehr gut! Jetzt stellt sich also die Frage, wofür Sie sich entscheiden sollen.
Der Zeitpunkt der Entscheidung ist gekommen …
Die Entscheidung für einen Kredit ist nur der Anfang; jetzt kommt es darauf an, die bestmögliche Lösung zu finden. Dafür müssen Sie sicherstellen, dass Sie alle Begriffe und Bedingungen im Zusammenhang mit der Kreditaufnahme verstanden haben und alle wichtigen Punkte berücksichtigen. Viele achten ausschließlich auf die Höhe der monatlichen Rückzahlung und haben keine besonders genaue Vorstellung von dem Gesamtbetrag, den sie unter dem Strich zurückzahlen.
Nehmen wir als Beispiel einen Kredit von 500.000 Euro mit einen Zins von 2 %. Bei einer Rückzahlung über 25 Jahre betragen Ihre Monatsraten 2.119 Euro und die Gesamtkosten der Rückzahlung 635.782 Euro zuzüglich diverser Kosten. Bei einer Laufzeit von 15 Jahren würden Ihre Monatsraten zwar auf 3.218 Euro hochschnellen, aber die Gesamtkosten des Kredits lägen „nur“ bei 579.158 Euro. Bei den Gesamtkosten besteht also eine Differenz von über 55.000 Euro!
Wie dieses Beispiel zeigt, schließt sich an die Berücksichtigung der Gesamtkosten die Frage der Gesamtlaufzeit des Kredits und des Zinssatzes an, aber auch die Frage, ob es sich um einen fest- oder variabel verzinslichen Kredit oder eine Mischform handelt.
Nach Angaben der Luxemburger Zentralbank sind 75 % der im Großherzogtum aufgenommenen Hypothekendarlehen variabel verzinslich und haben eine Laufzeit von 25 bis 30 Jahren. Das heißt aber noch nicht, dass dies die beste Lösung für Sie ist. Nur wie findet man das heraus?
Filtern Sie die Masse an verfügbaren Informationen
Organismen und Institute, die Kredite bereitstellen, sind gemäß EU-Recht verpflichtet, ihren Kunden repräsentative Beispiele vorzulegen – oftmals in Tabellenform –, in denen detailliert erläutert ist, wie die Gesamtkosten eines Kredits zustande kommen.
Verbraucher können nur eine begrenzte Zahl an Produktmerkmalen auf einmal vergleichen. Das Risiko dabei ist, dass man sich auf die oberflächlichen Merkmale konzentriert.
Diese Angaben sind zwar sehr nützlich, aber durch ihre Menge entsteht ein ungewollter Effekt: Wenn immer mehr Elemente zu berücksichtigen sind, steigt die kognitive Belastung des Verbrauchers deutlich an. Die Verhaltensforschung hat jedoch gezeigt, dass Verbraucher nur eine begrenzte Zahl an Produktmerkmalen auf einmal vergleichen können. Unter diesen Bedingungen besteht die Gefahr, dass man sich auf Nebensächliches wie z. B. nicht berechnete Bearbeitungsgebühren konzentriert. Dabei geht schon aus den bereitgestellten Vertriebsunterlagen klar hervor, dass diese Gebühren nur einen winzigen Teil der Gesamtrückzahlung darstellen. Das ist zu wenig, um das Hauptkriterium für Ihre Entscheidung zu sein.
Wenn man eine Auswahl unter einer Fülle von Informationen treffen muss, tendiert das Gehirn dazu, an den Elementen hängen zu bleiben, die einem besonders ins Auge springen, z. B. an einer fett gedruckten Zahl oder leuchtenden Farben. Doch Vorsicht: Dass ein Element herausgestellt ist, bedeutet nicht, dass es für Sie persönlich am sachdienlichsten ist. Hüten Sie sich außerdem vor sogenannten Kreditrechnern, die als Skalenachsen mit Schiebereglern in Fenstern neben gewerblichen Websites dargestellt werden. Die Anordnung der Elemente (Schieberegler, herausgestellte Summe und suggerierte Anzahl der Monatsraten) soll Ihre Entscheidung durch den sogenannten „Ankereffekt“ beeinflussen. Indem Ihre Aufmerksamkeit auf vordefinierte Ausgangsdaten gelenkt wird, können Sie von diesen Simulatoren zu einer Entscheidung verleitet werden, die für Sie nicht optimal ist.
Unvermeidliche Kompromisse
Wenn Sie nach dem für Sie besten Kredit suchen, sollten Sie immer daran denken, dass Sie Kompromisse eingehen müssen. Möchten Sie Ihren Kredit schneller zurückzahlen? Dies führt zwar zu einer Senkung des Gesamtbetrags der Rückzahlung, aber dafür steigen Ihre Monatsraten. Und das beeinflusst unmittelbar Ihr jetziges Konsumvermögen. In bestimmten Fällen gefährden Sie so auch Ihre Liquidität. 15 Jahre lang auf alles verzichten, damit das Haus abbezahlt werden kann, ist nicht unbedingt ideal, wenn Reisen und Ausgehen mit den Freunden für Sie das Wichtigste im Leben ist. Um glücklich mit seinem Geld zu sein, sollte man beim Aufstellen eines Budgets und bei der Aufnahme eines Kredits wissen, wo seine Prioritäten liegen.
Aber auch dann wird einem die Entscheidung nicht leicht gemacht. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass man von der Art und Weise, wie die Informationen über das Finanzprodukt dargeboten werden, beeinflusst wird. Aus Untersuchungen des Economic and Social Research Institute (ESRI) in Irland geht hervor, dass sich Verbraucher bei Krediten je nachdem, wie die Informationen präsentiert werden, unterschiedlich entscheiden.
Wenn die Gesamtkosten des Kredits vor dem Betrag der Monatsraten angegeben werden, wählen sie oft eine kürzere Gesamtlaufzeit des Kredits, damit sie alles in allem weniger bezahlen. Wenn umgekehrt die Monatsrate zuerst erscheint, tendieren sie eher zu einem Kredit über eine längere Laufzeit, was höhere Gesamtkreditkosten bedeutet.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Menschen ganz leicht zu beeinflussen sind und bei der Suche nach einer privaten Finanzierung selten Entscheidungen in voller Sachkenntnis treffen. Ein rundum ideales Produkt gibt es ohnehin nicht. Die Unterschiede zwischen Kreditangeboten, Laufzeiten, Gesamtkosten und Monatsraten sind alles Parameter, die geprüft werden und sowohl zu Ihrer aktuellen Finanzkraft als auch deren erwarteter Entwicklung passen müssen.
Am Ende des zweiten Artikels über wichtige Fragestellungen im Zusammenhang mit Krediten möchten wir Ihnen nahelegen, die objektive Meinung eines Experten einzuholen, der Sie bei solch schwierigen finanziellen Entscheidungen unterstützen kann. Auf dieser Grundlage können Sie, sobald Ihre Entscheidung feststeht, zu unserem dritten Artikel übergehen, in dem wir Ihnen erklären, wie Sie die Rückzahlung Ihres Kredits richtig meistern.