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Oktober 30, 2024

Leistung am Arbeitsplatz: Was ist von Produktivitäts-Apps zu halten?

Nimmt die Produktivität ab oder bricht die Effizienz am Arbeitsplatz plötzlich ein, kann es – in der Hoffnung, das Problem schnell und ohne großen Aufwand zu lösen – verlockend sein, sich auf die erstbeste Produktivitäts-App zu stürzen. Auch wenn eine solche App nützlich sein kann, so stellt sie doch kein Allheilmittel dar. Im Gegenteil, sie kann sogar den gegenteiligen Effekt erzielen.

Das Wichtigste in Kürze

    • Der Technologie-Bias führt dazu, dass wir glauben, Apps seien die Wunderlösung für all unsere Probleme
    • In manchen Fällen lenken Produktivitäts-Apps eher ab und demotivieren anstatt zu helfen
    • Es ist nicht notwendig, mehrere herunterzuladen, wenn es eine geeignete gibt
    • Die Apps sind allgemein gehalten und berücksichtigen nicht zwangsläufig Ihre speziellen Anforderungen

Was tun Sie, wenn Sie das Gefühl haben, nicht mehr ausreichend produktiv zu sein? Einige werden sich sofort in den Play/App Store begeben und nach der neusten App suchen, die ihnen verspricht, ohne Aufwand „ihr Leben zu verändern“. Aber ist es wirklich sinnvoll, stundenlang nach einer Wunderlösung zu suchen, die gar nicht existiert, wenn man eigentlich Zeit sparen möchte? Produktivitäts-Apps können einen gewissen Nutzen haben, sollten aber stets als Mittel zum Zweck und nicht als Zweck selbst betrachtet werden. Die Technologie kann nicht alles lösen.

Diese Erkenntnis haben Sie sicherlich bereits mit ChatGPT gewonnen. Ende 2022 veröffentlichte das Unternehmen OpenAI eine Testversion des KI-Programms ChatGPT. Durch seine ausführlichen und recht gut formulierten Antworten in vielen Bereichen erregte dieser Chatbot schnell Aufmerksamkeit. Gewiss haben Sie das Programm bereits selbst getestet, um zu sehen, ob es Ihre Fragen sinnvoll beantworten kann und Ihnen eine lästige Recherche erspart. Und ja, dieser Prototyp ist äußerst beeindruckend, aber er ersetzt (noch) keine menschliche Arbeitskraft. So haben viele schon Stunden damit zugebracht, das Programm zu befragen, anstatt ihre Unterlagen zu durchforsten, und in den meisten Fällen ist die Suche nicht so erfolgreich, dass man nicht mehr selbst aktiv werden müsste.

In übersteigertem Maß glauben, dass Maschinen all unsere Probleme lösen können, hat einen Namen: Man spricht dabei vom Technologie-Bias.

Der Technologie-Bias als neuer Störfaktor für unsere Produktivität

In übersteigertem Maß glauben, dass Maschinen all unsere Probleme lösen können, hat einen Namen: Technologie-Bias. ChatGPT selbst erklärt, dass „dieser Bias aufkommt, wenn Personen dazu neigen, die Zuverlässigkeit, die Präzision und die Fähigkeiten eines automatisierten Systems, eines Algorithmus oder einer Technologie im Allgemeinen zu überschätzen“.

Ein übermäßiges Vertrauen in die Technologie kann sich negativ auswirken, da wir der Technologie dadurch zu viel Macht verleihen und ihr „gehorchen“, ohne die Manipulationsrisiken oder mögliche Fehler wahrzunehmen. ChatGPT ist ein neues Phänomen, dessen volles Ausmaß wir noch nicht ermessen können. Gleichzeitig ist dies lediglich die Fortsetzung einer seit mehreren Jahren bestehenden Wirklichkeit: Sobald wir auf ein Hindernis stoßen, begeben wir uns sofort ins Internet oder suchen eine App, die uns ein möglichst einfaches Allheilmittel bieten soll.

Und im Bereich „Produktivität“ mangelt es nicht an Apps. Inzwischen wird es immer schwieriger, nicht viel Zeit mit der Suche nach der perfekten App zu „verschwenden“, die Ihnen eigentlich helfen sollte, Zeit zu sparen. Umso mehr, da keine App Ihnen sagen kann, aus welchem Grund Ihre Produktivität tatsächlich gesunken ist. Dabei sollte man stets die Ursachen angehen, wenn man eine anhaltende Verbesserung erzielen möchte.

Keine App kann Ihnen sagen, aus welchem Grund Ihre Produktivität gesunken ist. Dabei sollte man stets die Ursachen angehen, wenn man eine anhaltende Verbesserung erzielen möchte.

Zwar sind Produktivitäts-Apps nicht per se unnütz oder gar schädlich, im Folgenden finden Sie jedoch sieben Gründe, die dafür sprechen, sich gut zu überlegen, ob man sich wirklich auf sie verlassen sollte.

1. Ablenkung ohne Ende

Mit Sicherheit nutzen Sie mehr als eine App auf Ihrem Handy. So kommt es vor, dass Sie – wenn Sie eigentlich nur auf eine Nachricht in Slack antworten wollen – anfangen, auch Ihre E-Mails zu lesen, die sozialen Netzwerke zu checken und auf die letzten Nachrichten Ihrer Lieblings-WhatsApp-Gruppen zu antworten. Das, was 30 Sekunden dauern sollte, nimmt schließlich 10 Minuten in Anspruch.

Wenn so viele Apps Ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ist es schwer, den ursprünglichen Grund, warum man das Handy zur Hand genommen hat, im Kopf zu behalten. Gleichzeitig hat jede App ihre Daseinsberechtigung bei eigener Funktionsweise, sodass Sie sich konstant an unterschiedliche Bedienweisen anpassen müssen. Auf diese Weise sinkt Ihre Konzentration bei jedem neuen Kontext und Ihre „mentale Batterie“ leert sich. Anders ausgedrückt benötigen Sie für 15 Minuten am Smartphone etwa eine Stunde, um sich wieder völlig auf Ihre ursprüngliche Aufgabe zu konzentrieren. Nicht optimal, könnte man behaupten.

2. Technologische Vorgaben, die für Erschöpfung sorgen

Ob im Bereich der Produktivität oder in einem anderen Bereich, Apps werden in einem rasanten technologischen Tempo entwickelt, mit dem Marketingversprechen, einfach und schnell Ergebnisse zu erzielen. Doch so wie bei den ganzen angesagten Blitzdiäten oder Express-Trainingsprogrammen, die schnelle Ergebnisse versprechen, ist es schwierig, dauerhaft Schritt zu halten. Das Ergebnis: Man fühlt sich schnell ausgelaugt und was zunächst gewonnen wurde, ist schnell wieder verloren. Bei Apps sieht es genau gleich aus. Wenn man das von ihnen vorgegebene Tempo nicht hält, fühlt man sich schuldig und gibt schneller auf. Dadurch wird der Produktivitätsverlust noch hervorgehoben, also das Gegenteil des gewünschten Effekts.

3. Eine App berücksichtigt Ihre persönlichen Anforderungen nicht

Technologien für das Zeitmanagement geben in der Regel einen einheitlichen Rhythmus vor, der Ihre Persönlichkeit und Ihre Physiologie gänzlich außer Acht lässt. Manch einer ist morgens am produktivsten, andere wiederum sind wahre Nachteulen. Manch eine wird durch knappe Fristen motiviert, während das Ticken der Uhr bei anderen für Schweißausbrüche sorgt. Je größer also die Diskrepanz zwischen dem vorgegebenen Rhythmus der App und dem des Anwenders, desto mehr schadet die App der Produktivität anstatt sie zu beflügeln.

Technologien für das Zeitmanagement geben in der Regel einen einheitlichen Rhythmus vor, der Ihre Persönlichkeit und Ihre Physiologie außer Acht lässt.

Darüber hinaus sind Apps nicht darauf ausgelegt, das Nebeneinander der äußerlichen Umstände zu berücksichtigen, die man im Alltag unter einen Hut bringen muss: Busfahrplan, Aktivitäten der Kinder, Rhythmus der Kollegen usw.

Folglich ist es ganz und gar keine gute Idee, Ihr Leben auf Biegen und Brechen an den von der App vorgegebenen Rhythmus anzupassen.

4. Viele Apps verderben den Brei

Heutzutage gibt es Apps für wirklich alles (Schrittzähler, Menge an getrunkenem Wasser, Bildschirmzeit usw.). So lässt man sich leicht dazu verführen, einen Haufen Apps herunterzuladen, die sich in ihrem Funktionsumfang teils überschneiden. Brauchen Sie wirklich zwei Meditations-Apps? Oder drei verschiedene Aufgabenlisten-Apps?

In der Downloadspirale gefangen suchen Sie sofort eine neue App, sobald Sie die Ineffizienz der bereits vorhandenen erkennen, ohne sich zu fragen, ob diese wirklich Ihren Ansprüchen genügt.

Die Flut an Apps führt dazu, dass uns Entscheidungen ermüden und Informationen so zerstreut sind, dass es schwierig wird, sich gut zu organisieren und die Aufgaben zu erledigen, bei denen all diese Apps Abhilfe leisten sollen. Sind die Aufgaben zu sehr auf unterschiedliche Apps aufgeteilt, verliert man leicht den Überblick und wird entmutigt.

Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, nur eine einzige App zu nutzen, aus der man allerdings das volle Potenzial schöpft. Leider ist das “Zappen” zwischen verschiedenen Technologien ein Problem, das sich nur schwer überwinden lässt. Es braucht Zeit, um den Umgang mit einer neuen App zu lernen und noch mehr Zeit, um diese zu beherrschen. Das kann der Produktivität schnell zum Verhängnis werden, insbesondere wenn Sie mehrere Apps gleichzeitig verwenden. Daher sollten Sie sich, bevor Sie eine App herunterladen, die Sie möglicherweise nicht brauchen, überlegen, wie viel Zeit Sie investieren möchten, um einen effizienten Umgang mit ihr zu erlernen.

5. Mehr Apps – mehr Benachrichtigungen

Benachrichtigungen sind einer der größten Störfaktoren für die berufliche Produktivität. Jedes einzelne Aufleuchten stört Ihre Konzentration und entfernt Sie von der zu erledigenden Aufgabe. Und wie bereits erwähnt: Man braucht Zeit, um sich wieder konzentrieren zu können.

Neue Apps auf Ihrem Gerät bedeuten lediglich mehr Benachrichtigungen und mehr Ablenkung.

Neue Apps auf Ihrem Gerät bedeuten lediglich mehr Benachrichtigungen und mehr Ablenkung. Wenn Sie Ihre Produktivität steigern wollen, sollten Sie als erstes herausfinden, welche Apps Ihnen Benachrichtigungen senden und all diejenigen deaktivieren, die Sie nicht unbedingt benötigen.

Außerdem können Sie auf Ihrem Smartphone sogenannte Konzentrationsmodi einrichten und verwenden, um zu kontrollieren, wann Sie Benachrichtigungen von Apps erhalten.

6. Schädlich für den Geldbeutel

Manche Apps gehen nicht nur zulasten Ihrer Produktivität, sondern auch Ihrer finanziellen Situation. Wenngleich es zahlreiche kostenlose Produktivitäts-Apps gibt, so muss man bei einigen zahlen, um den vollen Funktionsumfang zu erhalten. Und natürlich sind die Funktionen, die für Sie am interessantesten scheinen, die kostenpflichtigen.

Während einige dieser Anwendungen die Investition wert sind, lohnen sich andere nicht oder jedenfalls nicht für Ihre Bedürfnisse. Bevor Sie also Geld ausgeben, sollten Sie sich vergewissern, ob Ihnen die App nützlich ist. Informieren Sie sich und probieren Sie zunächst – wenn vorhanden – die kostenlose Version.

7. Apps schaffen Abhängigkeit

Zahlreiche Gründe können für eine sinkende Leistung verantwortlich sein. Wenn man sich jedes Mal auf sein Smartphone stürzt, sobald man einen Produktivitätsrückgang feststellt, kann das schnell zu einer ungesunden Abhängigkeit gegenüber der Technologie führen. Produktivitäts-Apps sind kein Allheilmittel für Ihre Probleme. Sie sind so konzipiert, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit so stark wie möglich auf sich ziehen. Wenn Sie ihnen zu viel Wichtigkeit beimessen, verbringen Sie möglicherweise mehr Zeit an Ihrem Handy und weniger Zeit an der Aufgabe, bei deren Fertigstellung diese Apps eigentlich helfen sollen. Denken Sie daran!

Auch wenn Produktivitäts-Apps nicht zu verachten sind, so muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Technologie ein Mittel zum Zweck bleiben sollte und nicht zum Selbstzweck werden darf. Bevor Sie also ohne nachzudenken Apps herunterladen, die eine Ablenkung darstellen könnten, versuchen Sie zunächst, die Ursachen Ihres Produktivitätstiefs herauszufinden. Es gibt zahlreiche Strategien zur Produktivitätssteigerung, die ohne Apps auskommen. Wenn diese nicht ausreichen sollten, können Sie selbstredend eine (und nur eine!) App zu Hilfe nehmen, solange diese Sie nicht ablenkt, wenn Sie an einem wichtigen Projekt arbeiten!