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März 29, 2024

Worin besteht Nießbrauch?

  Gesammelt von myLIFE team myWEALTH September 14, 2018 11667

Im Zusammenhang mit einem Nachlass, einer Schenkung oder einem Verkauf haben Sie bestimmt schon einmal von dem Begriff „Nießbrauch“ und seinem Ergänzungsstück, dem „bloßen Eigentum“ gehört. Was ist das eigentlich, und wie funktioniert das? Das myLIFE-Team erklärt es Ihnen.

Was ist Nießbrauch?

Der Begriff „Nießbrauch“ stammt vom lateinischen usus (Gebrauch) und fructus (Genuss, Nutzung). Der Nießbrauch ist ein Recht, das es sozusagen dem Begünstigten (dem Nießbraucher) gestattet, eine Sache, die einem anderen (dem bloßen Eigentümer) gehört, zu verwenden und daraus Profit zu ziehen.

Der Nießbraucher ist daher berechtigt, die betreffende Sache über einen bestimmten Zeitraum oder bis zu einem im Voraus festgelegten Ereignis (z.B. sein Ableben) zu nutzen (ein Haus bewohnen, ein Auto fahren usw.) und daraus „Früchte zu ziehen“ (Miete oder Zinsen einnehmen usw.). Im Gegenzug ist er verpflichtet, die Substanz dieser Sache zu erhalten, d.h. sie in einem guten Zustand zu erhalten und die dabei anfallenden Instandhaltungskosten zu tragen.

Der Nießbraucher darf diese Sache jedoch nicht verkaufen, verschenken oder zerstören. Dieses Recht ist dem bloßen Eigentümer vorbehalten, der auch Reparaturen größerer Schäden übernimmt, sofern sie nicht auf mangelnde Pflege durch den Nießbraucher zurückzuführen sind.

Die grundlegenden Rechte eines Eigentümers an einer Sache lassen sich wie folgt zusammenfassen: Uneingeschränktes Eigentum = bloßes Eigentum (Verfügungsrecht über eine Sache) + Nießbrauch (Nutzungs- und Fruchtgenussrecht an dieser Sache).

Der Nießbrauch ist im Allgemeinen ein lebenslanges Recht, d.h. er endet mit dem Tod des Berechtigten. Allerdings ist es durchaus möglich, einen zeitlich begrenzten Nießbrauch zu bestellen. Dabei handelt es sich dann um einen „befristeten“ Nießbrauch. Ferner spricht man von „uneigentlichem Nießbrauch“, wenn es sich um eine verbrauchbare Sache handelt, die bei der ersten Nutzung zerstört wird (z.B. Lebensmittel, Wein, Geld usw.). In diesem Fall kann der Nießbraucher die Sache nutzen, muss sie aber entweder durch eine gleiche Sache in derselben Menge und Qualität ersetzen oder ihren geschätzten Wert am Rückgabetermin zurückzahlen.

In welchen Fällen spricht man von Nießbrauch?

Von Nießbrauch und bloßem Eigentum spricht man im Allgemeinen im Zusammenhang mit einem Nachlass, einer Schenkung oder einem Kaufvertrag. Der Nießbrauch kann daher unbewegliche Sachen (Häuser, Grundstücke usw.), bewegliche Sachen (Autos, Möbel usw.) und Finanzmittel (Aktien, Geldanlagen usw.) zum Gegenstand haben.

  • Nachlass

Wenn z.B. im Falle eines Ehepaars mit Kindern ein Ehegatte stirbt, wird der Nachlass unter dem überlebenden Ehegatten und den Kindern aufgeteilt. Das luxemburgische Gesetz vom 26. April 1979 sieht vor, dass der überlebende Ehegatte im Falle der gesetzlichen Erbfolge zwischen dem Nießbrauch der Hauptwohnung samt den zugehörigen Möbeln oder einem Kindesteil wählen kann. Wenn der verstorbene Ehegatte testamentarisch verfügt hat, dass der überlebende Ehegatte den frei verfügbaren Anteil der Ehegatten erbt, kann er neben dem uneingeschränkten Eigentum an einem Kindesteil auch das Nießbrauchsrecht am restlichen Nachlass erhalten.

Betrifft der Nachlass jedoch eine Immobilie, ist zu beachten, dass sich diese im alleinigen Eigentum des verstorbenen Ehegatten oder im gemeinsamen Eigentum mit dem überlebenden Ehegatten befunden haben muss, damit diese beiden Optionen zur Wahl stehen. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem Artikel Nachlass: Wer erbt was?.

  • Schenkung

Im Rahmen einer Schenkung kann ein Eigentümer einen Teil seines Vermögens übertragen, d.h. entweder das bloße Eigentum oder das Nießbrauchsrecht. Auf diese Weise ist es ihm möglich, die Kosten der Eigentumsübertragung zu senken und die Sache weiterhin zu nutzen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Person das bloße Eigentum an ihrem Haus an einen Verwandten überträgt, aber gleichzeitig Nießbraucher bleibt. Sie kann es weiterhin bewohnen oder vermieten, ist aber nicht mehr Volleigentümer.

Hier ist jedoch zu beachten, dass in Luxemburg die „kostengünstigere“ Übertragung einer Immobilie nur dann wirklich sinnvoll ist, wenn der Begünstigte der Schenkung kein Abkömmling des Schenkers ist (in der Regel keine oder nur sehr geringe Erbschaftssteuer).

  • Verkauf

Auch im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag spricht man von Nießbrauch. Der Kauf kann eine bewegliche Sache, aber auch bewegliche Vermögenswerte zum Gegenstand haben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Investor das bloße Eigentum an seinen Wertpapieren verkauft. Das Stimmrecht auf der Aktionärsversammlung geht dann an den bloßen Eigentümer über (außer bei Abstimmungen über die Gewinnverwendung – hier hat weiterhin der Nießbraucher Stimmrecht), und der Nießbraucher hat Anspruch auf den Gewinn, den das Unternehmen ausschüttet.

Im Falle eines lebenslangen Nießbrauchsrechts hängt dessen Wert vom Alter des Nießbrauchers zum Zeitpunkt der Schenkung ab.

Wie lässt sich der Wert des Nießbrauchs bestimmen?

  • Lebenslanger Nießbrauch

Im Falle eines lebenslangen Nießbrauchsrechts hängt dessen Wert vom Alter des Nießbrauchers zum Zeitpunkt der Schenkung ab und ergibt sich aus der folgenden Tabelle:

Nießbrauch / bloßes Eigentum
Alter des NießbrauchersWert des
Nießbrauchs
Wert des
bloßen Eigentums
Unter 20 Jahren9/101/10
Zwischen 20 und 29 Jahren8/102/10
Zwischen 30 und 39 Jahren7/103/10
Zwischen 40 und 49 Jahren6/104/10
Zwischen 50 und 59 Jahren5/105/10
Zwischen 60 und 69 Jahren4/106/10
Zwischen 70 und 79 Jahren3/107/10
Zwischen 80 und 89 Jahren2/108/10
Ab 90 Jahren1/109/10

Quelle: guichet.lu

Über diesen Wert lässt sich insbesondere die Steuergrundlage bestimmen, nach der sich die Eintragungsgebühren für Schenkungen oder Erbschaften richten.

  • Befristeter Nießbrauch

Im Falle eines Nießbrauchsrechts mit fester Dauer wird sein Wert auf 2/10 des Werts des Volleigentums je zehnjährigem Nießbrauchzeitraum geschätzt (wobei dieser Wert nicht den Wert eines lebenslangen Nießbrauchsrechts übersteigen darf).

Gut zu wissen: Bewirkt der Nießbraucher eine Wertsteigerung der Sache, kann er hierfür am Ende des Nießbrauchs keine finanzielle Entschädigung verlangen.

Eintragungsgebühren und Besteuerung

  • Eintragungsgebühren

In Luxemburg fallen bei notariell beurkundeten Erbschaften und Schenkungen grundsätzlich Eintragungsgebühren an.* Ihre Höhe richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenker (Geber) und Beschenktem (Empfänger) und schwankt je nach Wert der Sache zwischen 1,8% und 14,4%. In diesem Fall fällt die Steuer auf den Teil des Werts des uneingeschränkten Eigentums an, der sich aus der vorstehenden Tabelle ergibt.

Beispiel:

Herr Dupont, 55 Jahre, schenkt seine schöne Wohnung in Luxemburg seinem Sohn Martin, der 25 Jahre alt ist. Herr Dupont behält sich das Nießbrauchsrecht an der Wohnung vor und Martin wird bloßer Eigentümer.

Wert der Wohnung zum Zeitpunkt der Schenkung: 1.000.000EUR
Wert des Nießbrauchs: 5/10 x 1.000.000EUR = 500.000EUR
Höhe der anfallenden Eintragungsgebühr: 500.000EUR x 1,8% (geltender Satz bei Erbschaft in gerader Linie) = 9.000EUR
Zu diesem Betrag kommen Umschreibungsgebühren (1%) und eine Abgabe an die Gemeindeverwaltung (surtaxe communale) hinzu.**

Gut zu wissen: Wenn die Schenkung eine Immobilie zum Gegenstand hat, die sich außerhalb Luxemburgs befindet, muss sie nicht notariell beurkundet werden und es fallen folglich auch keine Eintragungsgebühren an. Allerdings unterliegt die Immobilie im Allgemeinen in dem Land, in dem sich ihr Standort befindet, der Schenkungssteuer.

  • Besteuerung

Die Besteuerung von Nießbraucher und bloßem Eigentümer ist unterschiedlich und richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Status. Beispielsweise wird die Sache, die Gegenstand des Nießbrauchs ist, dem Vermögen des Nießbrauchers zugerechnet. Dieser zahlt die Gebühren, die durch ihre Nutzung anfallen (Einkommensteuer auf Mieteinnahmen, lokale Steuern usw.), und kann sie steuerlich absetzen. Ein bloßer Eigentümer hingegen zahlt keine Steuern auf sein Kapital, da die Sache nicht als Teil seines Vermögens gilt.

Das bloße Eigentum endet zeitgleich mit dem Nießbrauch, weil der bloße Eigentümer am Ende des Nießbrauchs zum Volleigentümer wird.

Ende des Nießbrauchs

Der Nießbrauch endet in folgenden Fällen:

  • bei Übertragung: Der Nießbraucher kann sein Nießbrauchsrecht verkaufen oder verschenken. Sollten Sie ein solches Verfügungsgeschäft beabsichtigen, empfehlen wir Ihnen, vorher den Rat eines Fachmanns einzuholen. In einfachen Worten: Übertragbar ist das Nießbrauchsrecht und nicht die Sache, auf die es sich bezieht! Hierbei ist zu beachten, dass die Dauer des Nießbrauchsrechts im Falle einer Übertragung gleich bleibt.
  • im Falle eines befristeten Nießbrauchs bei Ablauf der festgesetzten Frist
  • im Falle eines lebenslangen Nießbrauchs beim Tod des Inhabers
  • bei Missbrauch durch den Nießbraucher, d.h. wenn dieser die Erhaltung der Sache nicht sicherstellt
  • beim Kauf des bloßen Eigentums durch den Nießbraucher
  • bei Nichtinanspruchnahme des Nießbrauchsrechts über eine Dauer von 30 Jahren
  • beim vollständigen Untergang der betreffenden Sache

Das bloße Eigentum endet zeitgleich mit dem Nießbrauch, weil der bloße Eigentümer am Ende des Nießbrauchs zum Volleigentümer wird.

* Schenkungen an Stiftungen, für Hochschulstipendien und öffentliche Bildungseinrichtungen sind von den Eintragungsgebühren befreit.

** Bei Schenkungen von Immobilien müssen grundsätzlich Umschreibungsgebühren (1% des Verkehrswerts der Immobilie) sowie in Luxemburg-Stadt eine Abgabe an die Gemeindeverwaltung (50% der fälligen Eintragungsgebühren) gezahlt werden. Die Eintragungsgebühren sind nur zur Hälfte zahlbar bei Schenkungen, die im Rahmen eines Ehevertrags oder im Hinblick auf eine künftige Eheschließung erfolgen. Siehe: Vorbereitung Ihres Nachlasses: Worauf sollten Sie achten?