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November 16, 2024

Anlagen: Sollte man eher auf Zulieferer als auf KI-Unternehmen setzen?

  Gesammelt von myLIFE team myINVEST November 8, 2024 51

Für Anleger im Technologiebereich ist es verlockend, sich auf die erstaunlichen Renditen der Top-Performer zu fokussieren und dabei all die anderen Unternehmen zu vergessen, die sich als Enttäuschung erwiesen haben.

Technologieunternehmen, die echtes Potenzial haben und sich in einem frühen Stadium ihres Lebenszyklus befinden, bieten die Chance auf starke Renditen – doch sie sind nicht einfach zu finden. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, vom Wachstum im Technologiesektor zu profitieren, die tendenziell weniger volatil und besser vorhersehbar sind.

Eine bewährte Option besteht in der sogenannten Pick-and-Shovel-Strategie. Sie umgeht die Titel, die am Markt die größte Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und konzentriert sich stattdessen auf die Zulieferer – also jene Unternehmen, die die Voraussetzungen für einen Wandel schaffen, statt ihn selbst aktiv herbeizuführen. Der Name dieser Anlagestrategie geht auf den Goldrausch der 1840er und 1850er Jahre in Kalifornien zurück: Es heißt nämlich, dass nicht die Goldgräber selbst damals den größten Reichtum anhäuften, sondern die Ausrüster, die sie mit dem erforderlichen Werkzeug versorgten.

Auch wenn diese Behauptung unbelegt ist, hat sich die Pick-and-Shovel-Strategie bei Innovationszyklen im Technologiesektor bisher relativ gut bewährt. So sind es vor allem Unternehmen wie Apple, Microsoft und Alphabet, die sich in den Zeiten des Internetbooms langfristig behauptet und ihre Ertragsstärke unter Beweis gestellt haben – also Anbieter von Cloud-Netzwerken, Software, mobilen Geräten oder Internetbrowsern.

Es waren Unternehmen wie Apple, Microsoft und Alphabet, die sich in den Zeiten des Internetbooms langfristig behauptet haben – also Anbieter von Cloud-Netzwerken, Software, mobilen Geräten oder Internetbrowsern.

Hohe Erwartungen – große Enttäuschungen

Auf der Seite der „Goldgräber“ ist die Bilanz durchwachsener. Es gab durchaus Erfolgsgeschichten wie z.B. Amazon und Meta, das Unternehmen hinter Facebook und Instagram. Viel größer war aber die Zahl der Enttäuschungen, darunter aufsehenerregende Pleiten wie pets.com, eToys.com und garden.com. Diese Unternehmen erkannten zwar frühzeitig das Potenzial des Internets, scheiterten aber an einem noch nicht ausgereiften Markt oder hatten zu hohe Ausgaben, keine ausreichend präzise Ausrichtung oder eine schlechte Unternehmensführung.

Es gibt plausible Gründe für den Erfolg der Pick-and-Shovel-Strategie. Bei großen technologischen Durchbrüchen wie dem Internet oder der künstlichen Intelligenz dauert es seine Zeit, bis Anwendungsfälle aufkommen. So wurde das Potenzial des Internets etwa erst mit der Einführung des Smartphones voll erschlossen. Frühzeitige Investitionen in konkrete Anwendungsfälle sind daher zwangsläufig spekulativer, auch wenn die langfristige Rendite unter Umständen höher sein kann.

Wird sich ein solcher Ansatz im Bereich der künstlichen Intelligenz – dem neuesten „Goldrausch“ – für die Anleger auszahlen? Einige Analysten spekulieren, dass die wirtschaftliche Produktivität dank KI auf ein ganz neues Niveau ansteigen könnte. Laut Goldman Sachs Research könnte KI das globale BIP um 7% (bzw. nach derzeitigem Stand um fast 7 Billionen US-Dollar) in die Höhe treiben und das Produktivitätswachstum über einen Zeitraum von zehn Jahren um 1,5 Prozentpunkte steigern.

Es gibt viele mögliche Einsatzfelder für KI. Schon heute wird sie unter anderem in der medizinischen Diagnostik, in der Bestandsverwaltung, in Verbindung mit Lieferketten und zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Effizienz eingesetzt. Hinzu kommen viele weitere Einsatzmöglichkeiten, die noch auszuloten sind, z.B. im verarbeitenden Gewerbe, im Finanzsektor, in der Unterhaltungsbranche und im Einzelhandel. Der zunehmende Einsatz von KI wird höchstwahrscheinlich bedeutende und weitreichende Folgen haben – aber noch ist unklar, welche Bereiche das größte Ertragspotenzial bieten könnten. Bislang gibt es noch keine „Killerapplikation“, die mithilfe von KI irgendetwas mit echtem Mehrwert und starkem Potenzial zu schaffen verspricht und von der sich Anleger eine außergewöhnliche Rendite erhoffen könnten.

Chancen im Bereich der KI-Infrastruktur

Vor diesem Hintergrund haben sich Zulieferer definitiv als richtige Wahl für Anleger erwiesen. An erster Stelle stehen dabei die Halbleiterhersteller TSMC, Samsung und Nvidia, die jene hochkomplexen und für den Betrieb von KI unverzichtbaren Chips entwickeln. Auch wenn ausdrücklich betont werden muss, dass die Wertentwicklung in der Vergangenheit keinen Hinweis auf zukünftige Ergebnisse darstellt, sei dennoch darauf hingewiesen, dass Nvidia im ersten Quartal 2024 einen Umsatzanstieg von 262% gegenüber dem Vorjahresquartal vorweisen konnte. Ein weiterer Vertreter dieses Sektors ist ASML, ein Hersteller von Maschinen zur Fertigung von Halbleitern. All diese Zulieferer haben von einer enormen Nachfrage im Bereich der KI-Infrastruktur profitiert, ausgehend von Unternehmen, die nicht von der Konkurrenz abgehängt werden wollen.

Profitiert haben auch Cloud-Computing-Anbieter: KI basiert schließlich auf Daten, und Cloud-Computing-Anbieter liefern die Technik zur Erhebung und Analyse dieser Daten. Die Unternehmen in diesem Bereich haben Milliarden investiert, um sicherzustellen, dass sie im Hinblick auf KI wettbewerbsfähig sind. Laut einer Prognose von Goldman Sachs könnten die führenden IT-Konzerne, darunter Microsoft, Alphabet, Meta und Amazon, in den kommenden Jahren bis zu 1 Billion US-Dollar für KI-Investitionen ausgeben.

Das Problem für die Anleger besteht darin, dass der Markt diese Entwicklungen schon in vollem Umfang erkannt hat. Im Jahr 2023 entfielen mehr als die Hälfte aller Gewinne am US-Aktienmarkt auf die „Glorreichen Sieben“ (Amazon, Apple, Alphabet, Meta, Microsoft, Tesla und Nvidia). Ihre kombinierte Rendite in diesem Jahr war mit 75,7% nahezu dreimal so hoch wie die Gesamtrendite des S&P 500 von 24,2%.

Sie machen zudem einen immer größeren Anteil der US-Börsenindizes aus. Die zehn größten Unternehmen des S&P 500 hatten Ende 2023 laut Morgan Stanley einen Anteil von 27% an der Gesamtkapitalisierung des Index. Der betreffende Anteil war demnach beinahe doppelt so hoch wie ein Jahrzehnt zuvor, als er noch bei 14% lag.

Zulieferer erwiesen sich in früheren Zyklen als stabile Werte mit einer vergleichsweise weniger aufregenden Kursentwicklung. Dieses Mal ziehen sie am Markt jedoch viel Aufmerksamkeit auf sich und treffen auf großes Interesse.

Das Dilemma der Anleger

Das mag wie ein gutes Argument für die Pick-and-Shovel-Strategie wirken. Zugleich ergibt sich daraus aber auch das Risiko, dass sie dieses Mal nicht so gut funktionieren wird. Zulieferer erwiesen sich in früheren Zyklen als stabile Werte mit einer vergleichsweise weniger aufregenden Kursentwicklung. Dieses Mal ziehen sie am Markt jedoch viel Aufmerksamkeit auf sich und treffen auf großes Interesse. Sie mögen zwar weiterhin starke Unternehmen mit vielversprechenden Wachstumsperspektiven sein, doch inzwischen spiegelt ihr Aktienkurs möglicherweise ihren tatsächlichen Wert wider.

Anleger stehen also vor der Frage, ob sie auf Zulieferer setzen wollen, die zwar eine klare Nachfrage bedienen, deren Aktien jedoch relativ hoch bewertet erscheinen, oder ob sie versuchen wollen, die wichtigsten Anwendungsfälle für KI auszumachen und auf die Unternehmen zu setzen, die voraussichtlich von ihnen profitieren werden. Letzteres ist zwangsläufig ein eher spekulativer Ansatz, aber er verspricht hohe Renditen für Anleger, die die richtigen Titel wählen.

In jüngster Zeit entwickeln mehr und mehr Fondsmanager ein gezieltes Interesse an Unternehmen mit großen und komplexen Datensammlungen, aus denen KI wirklich differenzierte und bahnbrechende Erkenntnisse gewinnen könnte. Dazu zählen etwa Unternehmen mit einer umfangreichen Sammlung von juristischen Daten oder Forschungsergebnissen, die möglicherweise letztendlich am meisten von der nächsten KI-Welle profitieren werden.

Die Pick-and-Shovel-Strategie ist ein solider Ansatz für Investitionen in neue Technologietrends. Im KI-Bereich sind jedoch viele Anleger schon auf dieselbe Idee gekommen. Neueinsteiger müssen unter Umständen eine andere Strategie finden, um von den kommenden Etappen der KI-Revolution zu profitieren.