Wie spricht man in der Familie am besten das Thema Nachlass an?
Der Tod eines Angehörigen ist stets ein schmerzvolles Ereignis. Und Teil der bitteren Wahrheit ist auch, dass nicht nur zahlreiche administrative Formalitäten zu erfüllten und schnelle Entscheidungen zu treffen sind, sondern auch Erbfragen geklärt werden müssen, die in einer solch schwierigen Situation sonst zu Konflikten führen und sogar Familien spalten können. Wenn man seinen Nachlass jedoch sorgfältig plant und mit den Erben rechtzeitig offen spricht, lassen sich diese bedauerlichen Streitigkeiten möglicherweise vermeiden. myLIFE hat sich dem Thema offen und ehrlich gewidmet.
Der Gedanke an den eigenen Tod und die Nachlassplanung ist ein Thema, das für uns alles andere als selbstverständlich ist und dem wir uns nicht gerne stellen. Allerdings gibt es gute Gründe dafür, es doch zu tun. Der Tod ist für die Familienmitglieder und Verwandten ein höchst emotionales Ereignis, sodass es ihnen unter Umständen schwer fällt, Entscheidungen zu treffen oder an das „Danach“ zu denken. Wenn man aber seinen Nachlass im Voraus plant, entlastet man seine Angehörigen ein wenig und macht ihnen das Loslassen etwas leichter. Neben dem rein praktischen Nutzen lässt sich bei dieser Gelegenheit auch prüfen, welche Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerlast der Erben bestehen, und vor allem natürlich wird auf diesem Wege möglichen Konflikten zwischen den Erben vorgebeugt.
Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihr Vermögen
Bevor Sie darüber sprechen, was Sie Ihren Hinterbliebenen vererben oder schenken wollen, sollten Sie sich über den Umfang Ihres Vermögens im Klaren werden. Was besitzen Sie (Immobilien, Finanzvermögen, Wertgegenstände usw.), und wie möchten Sie Ihren Besitz vererben?
Um sich einen Überblick zu verschaffen und Entscheidungen in Kenntnis der Sachlage zu treffen, ist es mehr als empfehlenswert, einen entsprechenden Experten hinzuzuziehen. Ein Vermögensverwalter oder Ihr Bankberater können Ihnen dabei helfen, eine vollständige Aufstellung Ihrer Vermögenswerte zu erstellen, deren Übertragung vorzubereiten und vor allem sicherzustellen, dass Ihr Vermögen nicht verloren geht.
Sie haben nun eine klare Vorstellung von Ihrer Situation und möchten sich an das Aufsetzen Ihres Testaments begeben? Dann ist es jetzt an der Zeit, sich Ihren Angehörigen zu widmen.
Es gibt genaue Regeln, die für die gesetzlichen Erben und den ihnen zustehenden Erbteil gelten.
Überlegen Sie sich, wem Sie was vererben möchten
Zu diesem Punkt möchten wir uns kurz fassen, da Sie selbst am besten einschätzen können, welche Entscheidungen zu treffen sind. Allerdings ist dieser Punkt auch recht heikel, da Sie nicht völlig frei entscheiden können. Es gibt genaue Regeln, die für die gesetzlichen Erben und den ihnen zustehenden Erbteil gelten.
Die Entscheidung, wem Sie innerhalb des gesetzlichen Rahmens einen Vermögenswert oder ein Erinnerungsstück vererben, liegt jedoch ganz bei Ihnen. Dies mag einigen zwar schwerfallen, aber wenn Sie wirklich vermeiden wollen, dass Ihre Erben unter sich klären müssen, wer nun Ihre Briefmarkensammlung oder den Ring Ihrer Großmutter bekommt, müssen Sie sich klar dieser Frage stellen. Und lassen Sie sich dabei keinesfalls zu unüberlegten Versprechen hinreißen. Damit sind Enttäuschungen, Neid und Zwietracht zwischen Ihren Erben nahezu vorprogrammiert.
Planen Sie gründlich, und sprechen Sie erst dann mit Ihren Angehörigen, wenn Sie sich Ihrer Sache wirklich sicher sind.
Suchen Sie das Gespräch mit Ihren Erben
Niemand spricht gerne über den eigenen Tod. Denken Sie daran, dass dieses Thema für Ihre Angehörigen ebenso schwierig ist wie für Sie selbst. Denn solche Gespräche sind ein Wechselbad der Gefühle, und zur psychologischen Dimension kommen erschwerend auch noch finanzielle Erwägungen und Fragen zur Erbfolge hinzu.
Das Gespräch dreht sich um Ihren letzten Willen und ist keine Verhandlung.
Da jede Familie ihre eigenen Traditionen und Rituale hat, gibt es für den erfolgreichen Ablauf dieses Gesprächs kein Patentrezept. Man kann jedoch einige Aspekte beachten, um die Situation so gut wie möglich zu meistern.
- Treffen Sie sich mit den richtigen Personen und passen Sie Ihr Gespräch an die anwesenden Personen an. Wenn Kinder anwesend sind, sollten Sie dies natürlich bei Ihrer Wortwahl berücksichtigen. Für Kinder sind bereits Trauer und Tod sehr abstrakte Konzepte. Sie sollten sie daher nicht zusätzlich auch noch mit administrativen und finanziellen Fragen belasten. Wägen Sie folglich gut ab, wie realitätsnah Sie Ihren Diskurs gestalten möchten. Da das Thema wichtig ist, sollte man Kindern die Situation zweifelsohne erklären. Aber eben ohne dabei auf Detailfragen einzugehen, die sie ohnehin nicht verstehen würden.
- Die Erbschaft beschränkt sich nicht auf materielle Werte. Wenn wir an den eigenen Tod denken, wird uns häufig bewusst, dass unsere größten Reichtümer nicht ausschließlich finanzieller Natur sind. Nutzen Sie das Gespräch mit Ihren Angehörigen, um auch Ihr geistiges Erbe im Hinblick auf Ihre Werte, Prioritäten, Überzeugungen und Hoffnungen anzusprechen.
- Das Gespräch dreht sich um Ihren letzten Willen und ist keine Verhandlung. So schwierig dieser Moment auch sein mag, er ist für einen reibungslosen Ablauf der künftigen Ereignisse von entscheidender Bedeutung. Einer der Gründe für die Nachlassplanung und ein Gespräch mit Ihren Erben ist, dass Sie Ihre Entscheidungen erklären können. Natürlich dürfen auch Ihre Angehörigen das Wort ergreifen, jedoch stehen Verhandlungen außer Frage. Ihr letzter Wille ist zu respektieren. Sollten Sie im Gespräch mit Ihren Erben allerdings feststellen, dass die eine oder andere Änderung sinnvoll ist, können Sie diese immer noch vornehmen und die betroffenen Personen darüber informieren.
So schwierig es auch sein mag, ein Gespräch über den Nachlass stellt für alle Beteiligten häufig auch eine gesunde und heilsame Sache dar. Sicher können mit einem Gespräch nicht alle Empfindsamkeiten und versteckten Ressentiments aus der Welt geschafft werden. Jedoch bietet es den großen Vorteil, dass alle Fragen offen auf den Tisch gelegt werden können, und so Unausgesprochenes und Argwohn nicht erst vor sich hin schwelen und gar zur Spaltung der Familie führen können. Darin liegt der eigentliche Sinn der Sache.
Versetzen Sie sich im Hinblick auf Ihre materiellen Güter in Ihre Erben hinein – insbesondere in jene, die sich womöglich vernachlässigt fühlen. Versuchen Sie dies ohne Schuldgefühle zu tun, und erinnern Sie sich beispielsweise daran, wie Sie reagiert haben, als Sie erfuhren, dass Ihr Großvater das von Ihnen so heißgeliebte Gemälde Ihrem Cousin vermacht hat und nicht Ihnen. Wenn er noch zu Lebzeiten erklärt hätte, warum das Gemälde an Ihren Cousin und nicht an Sie gehen soll, hätten Sie sich sicher einfacher damit abfinden können. Es war seine Entscheidung, und Sie wären darüber im Bilde gewesen – vielleicht hätten Sie es auch besser verstanden. Möglicherweise war Ihrem Großvater gar nicht bewusst, wie viel Ihnen an dem Gemälde lag, und Sie hätten sich unter Umständen problemlos mit Ihrem Cousin einigen können. So einfach wäre es gewesen, hätte man nur das Gespräch gesucht …
Die Einbeziehung von Experten bietet zudem den Vorteil, dass diese Ihre Situation unvoreingenommenen beurteilen können und daher bei der Familie in der Regel auf Gehör und Verständnis stoßen.
Holen Sie sich Unterstützung
Um Ihren Nachlass gründlich zu planen, sollten Sie entsprechende Experten hinzuziehen. Ihr Kundenbetreuer und ein Notar können Ihnen dabei helfen, die nötigen Vorbereitungen für das Gespräch mit Ihren Angehörigen zu treffen. Die Nachlassverwaltung gestaltet sich unter Umständen wesentlich einfacher, wenn man sich auf einen oder mehrere der Familie bekannte Experten stützen kann. Gemeinsam mit ihnen können Sie Ihren Nachkommen die genauen Beweggründe erklären. Die Einbeziehung von Experten bietet zudem den Vorteil, dass diese Ihre Situation unvoreingenommenen beurteilen können und daher bei der Familie in der Regel auf Gehör und Verständnis stoßen.
Auch wenn es sich dabei für Sie und Ihre Angehörigen um ein schwieriges und sensibles Thema handelt, lohnt sich für alle Beteiligten der Schritt, dass Sie Ihren Nachlass planen und rechtzeitig das Gespräch suchen. Mit ein paar richtig gewählten Worten können Sie Ihre Entscheidungen gegenüber Ihren Erben verständlich machen und frühzeitig verhindern, dass sich daraus womöglich zu einem späteren Zeitpunkt familiäre Spannungen entwickeln. Zögern Sie auch nicht, sich für eine fundierte Beratung an einen entsprechenden Experten zu wenden.