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Dezember 11, 2024

Corona und Finanzen: Konzentration auf das Wesentliche

Die Coronakrise stellt unser Leben seit über einem Jahr auf den Kopf. Nicht nur auf gesundheitlicher, sondern auch auf persönlicher Ebene hat sie viele erschüttert und dazu veranlasst, sich auf das zu besinnen, was ihnen wirklich wichtig ist. Dies beinhaltet auch finanzielle Aspekte.

Für gewöhnlich sehen Ökonomen in jeder Krise auch eine Chance für eine Weiterentwicklung der Wirtschaft und vor allem für innovative, vielversprechende Branchen. Vielleicht sollten Sie die Pandemie als eine Gelegenheit betrachten, um Ihren Umgang mit Geld oder Ihr Sparverhalten zu überdenken. Das Ziel: Ihre Finanzen auf die für Sie wesentlichen Dinge ausrichten, um Ihre Lebensqualität zu verbessern. myLIFE hilft Ihnen, Ihre finanzielle Situation zu ordnen, damit Sie optimistisch in die Zukunft blicken können.

Finanzielle Flexibilität

In Krisenzeiten sollte sich jeder die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, was für ihn selbst, die eigene Familie, den Haushalt, die Finanzen und die Lebensbedingungen wichtig ist. In der myLIFE-Reihe zur Verhaltensökonomie wird immer wieder betont, dass finanzielle Fehlentscheidungen häufig darauf zurückzuführen sind, dass wir zu kurzfristig denken, statt eine langfristigere Perspektive einzunehmen.

Wir neigen zur Prokrastination und schieben immer wieder Dinge hinaus – etwa den Zeitpunkt, an dem wir endlich anfangen, Geld beiseite zu legen, unsere Finanzen in Ordnung zu bringen oder wichtige Aufgaben zu erledigen, die längst fällig sind. Warum schaffen wir es nicht, unsere guten Vorsätze in die Tat umzusetzen? Es ist schlicht bequemer, am Status-quo festzuhalten, als sich aus unserer Komfortzone herauszuwagen und Veränderungen anzustoßen, die sich nachhaltig auf unser Leben auswirken. Doch das war vor Beginn der Coronakrise!

COVID-19 hat einen radikalen Wandel unserer Gewohnheiten bewirkt. Unser Konsumverhalten und unser Verhältnis zu Geld haben sich drastisch verändert. Restaurantbesuche, Shoppingtouren mit Freundinnen, Wochenendtrips ins Ausland – all das ist zurzeit nicht möglich.

Angesichts der eingeschränkten Konsummöglichkeiten während des ersten Lockdowns waren wir gezwungen, uns auf das Wesentliche und auf unsere unmittelbare Umgebung zu konzentrieren. Im weiteren Verlauf der Coronakrise haben viele von uns ihr Verhalten angepasst und sogar ihr Verhältnis zu Geld verändert.

Laut einer Studie von McKinsey von September 2020 möchten mehr als ein Drittel der Menschen in Europa nachhaltiger sparen, nachdem in den ersten Monaten der Krise gewissermaßen dazu gezwungen waren. 27 Prozent der Befragten möchten auch nach der Coronakrise ethischer, günstiger und weniger gedankenlos konsumieren. Der Konsumwahn wurde abrupt gebremst, und plötzlich merken viele, dass es ihnen an nichts fehlt.

Manch einer empfindet diese neue Art zu leben als langweilig und fade und wartet sehnsüchtig auf eine Rückkehr zur früheren Normalität. Wir hingegen sehen die Krise als eine großartige Chance, sich neu zu erfinden und das eigene Verhältnis zu Geld grundlegend zu überdenken. Das Ziel: Ihr Geld sollte Sie glücklich machen und Sie sollten sich nicht länger zum Sklaven Ihrer geistigen Buchhaltung machen.

Bei der geistigen Buchhaltung unterteilen wir das Haushaltsbudget in Gedanken in unterschiedliche Kategorien. Zwar kann dies dazu beitragen, dass die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen, es kann aber auch zu Fehlentscheidungen führen, wenn wir dem Geld auf den unterschiedlichen geistigen Konten nicht den gleichen Wert beimessen. Doch ein Euro ist ein Euro, egal wofür wir ihn einsetzen. Zu viel geistige Buchführung kann dazu führen, dass man einen Kredit aufnimmt, um Urlaub machen zu können, während das dafür nötige Geld auf einem niedrig verzinsten Sparkonto liegt.

Der positive Effekt der Coronakrise ist, dass sie unser Ausgabeverhalten und damit auch unsere geistige Buchhaltung auf den Kopf gestellt hat.

Der positive Effekt der Coronakrise ist, dass sie unser Ausgabeverhalten und damit auch unsere geistige Buchhaltung auf den Kopf gestellt hat. Wir haben weniger Geld für Restaurantbesuche, Freizeitaktivitäten und nicht notwendige Güter ausgegeben. Somit haben wir mehr gespart und uns Gedanken über die verschiedenen Ausgabenposten gemacht.

Zwar sind wir derzeit gezwungen, unseren Urlaub in letzter Minute zu planen, haben andererseits aber genügend Mittel für Ausflüge mit der ganzen Familie. Das Infektionsgeschehen macht Ihnen am Ende doch noch einen Strich durch die Rechnung? Reagieren flexibel und nutzen Sie das gesparte Geld, um Haus, Wohnung oder Garten zu verschönern.

Angesichts der Coronakrise lautet das Motto: Flexibilität. Und dies ist durchweg positiv zu sehen. Es geht nicht darum, die Kontrolle abzugeben und nicht mehr zu planen, sondern darum, flexibel zu sein und Ausgaben, Sparverhalten und Pläne an die jeweilige Situation anzupassen. Allerdings sollten Sie sich zugleich darüber im Klaren sein, was Ihnen wirklich wichtig ist.

In drei Schritten herausfinden, was Ihnen wichtig ist

Wie können Sie bestimmen, was Ihnen wichtig ist und einen großen Einfluss auf Ihre Lebensqualität hat? Aus der Verhaltensökonomie wissen wir, dass die meisten Menschen Schwierigkeiten haben, für die Zukunft zu planen und vor allem ihre zukünftigen Präferenzen richtig einzuschätzen. Deshalb unterscheidet man zwischen bekundeten und offenbarten Präferenzen. Mit einem kurzen Beispiel lassen sich diese Begriffe besser erklären als durch theoretische Ausführungen.

Beispiel

Sie haben immer betont, ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität sei für Sie, in der Stadt, in der Nähe des Büros, der Geschäfte und der Schule Ihrer Kinder zu wohnen, auch wenn dies bedeutet, dass Sie in einer kleineren Wohnung leben. Das ist Ihre bekundete Präferenz.

Während des Lockdowns mussten Sie in dieser nicht allzu großen Wohnung leben, arbeiten und gleichzeitig Ihre Kinder im Homeschooling betreuen. Heute erkennen Sie, dass diese Situation nicht mehr Ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Die Wohnung ist zu klein, wenn alle mehr Zeit zu Hause verbringen. Die Gegebenheiten haben sich verändert; Sie arbeiten mehr im Homeoffice. Sie stellen also fest: Sie brauchen mehr Platz. Das ist Ihre offenbarte Präferenz. Sie möchten sich eine größere Wohnung, vielleicht auch ein Haus mit Garten suchen. Das kann bedeuten, von der Stadt aufs Land zu ziehen, zumal Sie die Vorteile der Stadt wegen der Beschränkungen momentan ohnehin nicht nutzen können. Bei einem in etwa gleichbleibendem Budget setzen Sie andere Prioritäten: Sie möchten mehr Wohnraum.

Ein Schock wie die Coronapandemie ermöglicht es, sich auf das zu konzentrieren, was einen wirklich zufrieden macht, und die eigenen Überzeugungen mit der neuen Realität abzugleichen.

Es ist in der Regel sehr schwierig, zwischen diesen beiden Arten von Präferenzen zu unterscheiden. Ein Schock wie die Coronapandemie ermöglicht es, sich auf das zu konzentrieren, was einen wirklich zufrieden macht, die eigene Lebensweise zu überdenken und Überzeugungen mit der neuen Realität abzugleichen.

Wie machen Sie dies konkret? Indem Sie die in dieser neuen Realität nötige Flexibilität aufbringen und Ihr Leben anhand einer dreiteiligen Strategie neu definieren.

1. Passen Sie Ihre Sparziele an

Haben Sie mehr gespart, als vor der Coronakrise, indem Sie Ihre Ausgaben zu Beginn des Lockdowns auf das Wesentliche beschränkt haben? Das ist ein guter Anfang. Sie sollten sich auf keinen Fall schuldig fühlen, wenn Sie während der Krise auf diese Ersparnisse zurückgreifen müssen, falls Sie in finanzielle Schieflage geraten – weil Sie Ihren Job verloren haben oder weniger verdienen. Wenn Sie über Ersparnisse verfügen, sollten Sie diese bei Bedarf nutzen und sinnvoll einsetzen. Dafür ist ein Notgroschen schließlich da.

Wenn Sie hingegen mehr als genug Geld haben und auch unerwartete Kosten decken können oder wenn Sie Steuergutschriften oder staatliche Hilfen erhalten haben, sollten Sie diese Mittel nicht übermäßig in Anspruch nehmen. Niemand kann derzeit vorhersagen, wie lange die Krise andauern und wie sie sich langfristig auswirken wird.

Kurzum: Betrachten Sie Geld als Mittel und nicht als Selbstzweck. Bestimmen Sie auf dieser Grundlage, was für Sie wichtig ist und wofür Sie das Geld verwenden möchten.

2. Schreiben Sie auf, welche nicht notwendigen Ausgaben Sie langfristig vermeiden möchten

Während des Lockdowns haben Sie sich nicht mehr täglich einen Kaffee zum Mitnehmen gekauft, Sie haben möglicherweise weniger Kleidung gekauft oder sind weniger Auto gefahren, obwohl Ihr Haushalt zwei oder mehr Fahrzeuge besitzt. Jetzt ist es an der Zeit, sich mit der Familie die Kontoauszüge der letzten Monate anzuschauen und über die offenbarten Präferenzen zu sprechen. Für die einen ist ein Streamingdienst-Abo das Wichtigste, für die anderen sind es regelmäßige Bücherkäufe, und wieder andere wollen sich zu Hause ein Fitnessstudio einrichten oder ein Online-Fitness-Abo abschließen.

Präferenzen können einen großen Einfluss auf Budgetentscheidungen haben. Wenn Sie längere Zeit nicht mehr in ein Restaurant gehen konnten, haben Sie vielleicht festgestellt, dass es Ihnen mehr Freude bereitet, zu Hause mit der Familie zu kochen, als Sie gedacht hätten. Deshalb ist möglicherweise eine Küchenrenovierung sinnvoller als der Kauf eines neuen Autos, da Sie momentan ohnehin weniger unterwegs sind. Überlegen Sie, was Sie wirklich zufrieden und langfristig glücklich macht.

Dies ist eine gute Gelegenheit, Ihr Budget neu auszurichten und unnötige Ausgaben zu vermeiden. Loggen Sie sich im Online-Banking ein und vergleichen Sie Ihre aktuellen Ausgaben mit denen vor der Krise. Es geht nicht darum, sich strikte Sparmaßnahmen aufzuerlegen, sondern schrittweise den eigenen Lebensentwurf zu gestalten.

3. Legen Sie sich einen Plan B für den Ernstfall zurecht

Sie sollten in jedem Fall flexibel bleiben, zumal der weitere Verlauf der Krise unvorhersehbar ist. Bei Problemen, Jobverlust oder Verschlechterung Ihrer finanziellen Situation sollten Sie einen Plan B in der Tasche haben.

Hier bietet es sich an, sich von Sektoren inspirieren zu lassen, in denen man jederzeit in eine Krisensituation geraten kann. Ein Beispiel hierfür ist die Luftfahrt. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen können im Flugverkehr immer mal Schwierigkeiten auftreten. Einen Plan B zu haben, bedeutet, bei Problemen über eine Checkliste zu verfügen, die man durchgehen kann, um mit unerwarteten Ereignissen oder Ausfällen umzugehen. Es gilt, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein und auf das Beste zu hoffen – oder wie es im angelsächsischen Raum heißt: „Be prepared for the worst and hope for the best”.

In der Regel haben Zwischenfälle bei Flügen keine schwerwiegenden Auswirkungen, weil die Piloten unaufgeregt eine Checkliste durchgehen, die es ihnen ermöglicht, Schwierigkeiten zu beheben. Analog können Sie eine Checkliste für Ihre Finanzen erstellen, indem Sie im Voraus festlegen, welche Ausgaben Sie schnell kürzen und welche Dinge Sie bei Bedarf verkaufen können, um finanzielle Engpässe zu überbrücken. Wäre es möglich, den Zweitwagen zu verkaufen, der in der Garage verstaubt, bestimmte Online-Abos zu kündigen, die nicht oft genutzt werden, oder sich für einen günstigeren Telefonvertrag zu entscheiden? Nehmen Sie sich Zeit, um diese Fragen in aller Ruhe zu beantworten.

Es ist wichtig, bereits einen Plan B zu machen, bevor Probleme auftreten. Wenn man sich in einer schwierigen Situation befindet, wird man oft von negativen Emotionen überwältigt, sodass es schwer fällt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Deshalb nehmen Piloten bei Anomalien auch dann immer die jeweilige Checkliste zur Hand, wenn sie sie in und auswendig kennen – um sicherzustellen, dass sie überlegt und rational handeln.

Sie sind nun bestens gerüstet, um diese schwierige Zeit der Unvorhersehbarkeit mit der nötigen Flexibilität zu meistern. Es ist entscheidend, sich auf das zu konzentrieren, was für Sie und Ihre Familie wirklich wichtig ist, und vorbereitet zu sein, bevor ein unerwartetes Ereignis Sie aus der Bahn werfen kann.