Die besten Feinde des Unternehmers
Unternehmern wird zwar oft Bewunderung gezollt, sie gelten jedoch auch als Menschen, die leichtfertig Risiken eingehen und zu viel Selbstvertrauen besitzen. Doch was, wenn gerade diese „Fehler“ ein Schlüssel zum Erfolg wären?
Sie möchten ein Unternehmen gründen und sind sich Ihres Erfolgs sicher? Finden Sie heraus, ob sich Ihr Traum realisieren lässt und wie Sie mithilfe von myLIFE auch Ihr Umfeld überzeugen können. Selbstverständlich haben auch wir kein Patentrezept auf Lager, das den Erfolg Ihres Unternehmens garantiert. Allerdings haben wir einige Argumente parat, die den Widerstand derjenigen mindern dürften, die Ihr Projekt als irrational und leichtsinnig bezeichnen. Natürlich ist die Gründung eines Unternehmens immer mit Risiken verbunden. Gerade die Fähigkeit, allen Risiken zum Trotz weiterzumachen, ist jedoch häufig entscheidend für den Erfolg eines Projekts.
Ein guter Business-Plan und die Berücksichtigung der wichtigsten Erfolgsfaktoren sind zweifelsohne von großer Bedeutung. In diesem Artikel möchten wir allerdings näher auf bestimmte kognitive Verzerrungen eingehen, die sich als Verbündete von Unternehmern erweisen können – vorausgesetzt, sie spielen bei Entscheidungsprozessen keine übermäßige Rolle. Die Botschaft lautet: Ein gutes Projekt ist wichtig, aber noch wichtiger ist, dass man über die Qualitäten eines guten Unternehmers verfügt.
Einerseits sind Sie von Ihrem Projekt überzeugt. Vielleicht betrachten Sie sich selbst als einen dieser Unternehmer, die sich nie haben beirren lassen und letztendlich erfolgreich waren. Andererseits sind Ihre Freunde und Verwandten der Ansicht, dass Sie die Erfolgschancen Ihres Projekts überschätzen, nicht alle Risiken begreifen und wichtige Informationen unter den Tisch fallen lassen. Wie können Sie darauf reagieren?
Selbstüberschätzung und Risikofreude sind für Innovationen und Unternehmensgründungen bedeutende treibende Kräfte.
Studien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, Unternehmer zu werden und erfolgreich zu sein, genau bei den Menschen am größten ist, die ein übersteigertes Selbstvertrauen haben und ihre Erfolgschancen überschätzen. Denn all jenen, die Risiken mehr Gewicht verleihen als Chancen, fehlt die richtige Einstellung, um sich in das Abenteuer der Unternehmensgründung zu stürzen. Sie ziehen es übrigens in der überwiegenden Mehrheit der Fälle auch gar nicht in Betracht. Mittlerweile wurde nachgewiesen, dass Selbstüberschätzung und Risikofreude wichtige Voraussetzungen für Innovationen, aber auch für die Gründung eines Unternehmens sind. Eine Erfolgsgarantie sind sie deswegen jedoch nicht. Wenn man kognitive Verzerrungen nicht erkennt, ist zudem die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs groß. Um den Sprung zu wagen und erfolgreich zu sein, ist eine Prise „Leichtsinn“ jedoch unerlässlich.
Mitunter irrational, aber niemals töricht
myLIFE macht Sie regelmäßig auf kognitive Verzerrungen und Emotionen aufmerksam, die einen soliden Entscheidungsfindungsprozess beeinträchtigen. Die aktuelle Forschungsliteratur zeigt jedoch, dass zu rationales Verhalten für den unternehmerischen Erfolg nicht von Vorteil ist und sogar ein ernsthafter Nachteil sein kann.
Wenn das Umfeld eines Unternehmers, der einen sehr speziellen oder innovativen Bereich anvisiert, über den wenig bekannt ist, zu stark auf rationale Argumente pocht, besteht die Gefahr, dass die Aufmerksamkeit des Unternehmers mehr auf die Risiken als auf die Chancen gelenkt wird. Letztendlich kann dies dazu führen, dass die Ratschläge dem Unternehmer nicht zum Erfolg verhelfen, sondern ihn zum Aufgeben bewegen. Um Herausforderungen anzunehmen und die damit verbundenen Risiken einzugehen, bedarf es Mut und Hartnäckigkeit. Aus diesem Grund ist es hilfreich, wenn man weiß, dass man sich auf Urteilsheuristiken verlassen kann – die mentalen und intuitiven kognitiven Abkürzungen, die unser Handeln mitunter unbewusst zu leiten scheinen.
Um kognitive Verzerrungen zum eigenen Vorteil nutzen zu können, genügt es nicht, diese einfach aufzulisten. Unternehmer müssen lernen, richtig mit ihnen umzugehen.
Es gilt, optimistisch zu bleiben und sich der kognitiven Verzerrungen bewusst zu sein, die Unternehmer beeinflussen. Während sich einige von ihnen nachteilig auswirken, bilden andere die Grundlage für den Erfolg. Die Dosis macht’s! Um kognitive Verzerrungen zum eigenen Vorteil nutzen zu können, genügt es nicht, diese einfach aufzulisten. Unternehmer müssen lernen, richtig mit ihnen umzugehen. Eine 2020 veröffentlichte Studie von Haili Zhang, Van der H. Bij und Michael Song mit dem Titel „Can cognitive biases be good for entrepreneurs?“ (Können kognitive Verzerrungen gut für Unternehmer sein?) legt nahe, dass Unternehmensgründer die richtige Mischung aus zwei Denkweisen – genauer gesagt zwei Arten kognitiver Verzerrungen – finden müssen.
Verfügbarkeitsheuristiken
Gemäß der Verfügbarkeitsheuristik treffen wir Entscheidungen tendenziell auf der Grundlage von Gedanken, die uns leicht und schnell in den Sinn kommen. Dadurch können wir Verfügbarkeit mit Stichhaltigkeit verwechseln, d.h. wir neigen dazu, bei Entscheidungen nur einen Teil der für eine richtige Entscheidung verfügbaren und nützlichen Informationen zu berücksichtigen.
Diese Verzerrung wird häufig in Verbindung mit einem exzessiven Vertrauen in das eigene Urteilsvermögen und die eigenen Fähigkeiten beobachtet. Sie verleitet Unternehmer dazu, Ergebnisse von Ereignissen im Nachhinein und durch falsche Kausalität allein auf ihr Handeln zurückzuführen.
Diese Denkweise mag gefährlich erscheinen, sie hat jedoch einen großen Vorteil: Sie erlaubt einem Firmenchef, der unter Druck steht und umgehend auf viele Probleme reagieren muss, Entscheidungen schnell zu treffen, ohne sich von einer Flut von Informationen überwältigen zu lassen.
Repräsentativitätsheuristiken
Dieser Begriff beschreibt die allgemeine Tendenz, Einzelfälle zu verallgemeinern. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein zukünftiger Unternehmer versucht, seine Familie von seinem Projekt überzeugen, indem er ihr nur von den Erfolgsgeschichten unverstandener Unternehmer berichtet, die letztendlich erfolgreich waren. Da diese jedoch nicht für alle unverstandenen Unternehmer repräsentativ sind, handelt es sich um eine statistische Fehlinterpretation. Aus diesen Beispielen – bei denen es sich um Einzelfälle handelt – schließt der besagte Unternehmer dann, dass auch er erfolgreich sein wird. Dabei berücksichtigt er nicht, dass diese in den Medien aufgebauschten Erfolgsgeschichten in Anbetracht der sehr großen Zahl nicht erfolgreicher Unternehmer extrem selten sind. Heißt es nicht, dass 80% der Unternehmen in den ersten 18 Monaten nach der Gründung Insolvenz anmelden?
Angehende Unternehmer unterschätzen massiv, wie wichtig Glück für den Erfolg ist, und überschätzen die Bedeutung der eigenen Kompetenzen.
Bei dieser Denkweise spielt die Illusion, alles unter Kontrolle zu haben, ebenfalls eine große Rolle. Angehende Unternehmer unterschätzen massiv, wie wichtig Glück für den Erfolg ist, und überschätzen die Bedeutung der eigenen Kompetenzen.
Beschäftigt man sich nur oberflächlich mit diesen Verzerrungen, so scheinen sie zwangsläufig nachteilige Auswirkungen zu haben. Studien haben jedoch gezeigt, dass man stark unter ihrem Einfluss stehen muss, um überhaupt eine Unternehmensgründung zu wagen und dieses Abenteuer erfolgreich und langfristig durchzustehen.
Kognitive Verzerrungen als Puffer für starke Emotionen
Natürlich können die beiden Denkweisen absolut betrachtet nicht als positiv bezeichnet werden, und man darf ihnen außerhalb des Unternehmertums auch keine allgemeine Gültigkeit zusprechen. Sie sind für einen Firmenchef nützlich, weil die Gründung eines Unternehmens ein Abenteuer ist, das viele Risiken und Ungewissheiten birgt, bedeutende zeitliche Einschränkungen mit sich bringt und starke Emotionen hervorruft. Es ist alles andere als eine ruhige und gelassene Reise. Jede Etappe des Weges unter rein rationalen Gesichtspunkten zu betrachten, ist nicht immer sinnvoll. Manchmal muss man einfach ins kalte Wasser springen.
Um diese emotionale Achterbahnfahrt zu überstehen, müssen Unternehmer über eine Persönlichkeit und eine Geisteshaltung verfügen, die es ihnen ermöglichen, Stress besser zu bewältigen, ihre Überzeugungen zu vertreten und optimistisch zu bleiben. In dieser Hinsicht sind die genannten kognitiven Verzerrungen überaus nützlich. Schließlich haben wir sie von unseren Vorfahren geerbt, die sie wie die Instinkte entwickelt haben, um in bestimmten Situationen zu überleben. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass der Schlüssel zum Erfolg stets von der richtigen Dosis abhängt.
Als Unternehmer muss man sich seinen Wagemut zum Teil bewahren, ohne dabei jedoch in Selbstgefälligkeit bezüglich der eigenen Instinkte zu verfallen. Das könnte das Projekt gefährden. Um sich einer ungewissen Zukunft zu stellen, benötigt man zweifellos Mut und Nerven aus Stahl. Doch Unternehmer können davon nur profitieren, wenn sie ihren Überzeugungen Fakten und statistische oder mathematische Tatsachen gegenüberstellen, wie zum Beispiel die Zahl der Insolvenzen in den ersten 18 Monaten oder die eigenen finanziellen Kapazitäten zur Bewältigung von Problemen und Rückschlägen.
Damit man als Unternehmer die Realität im Blick behält und sich weiterentwickeln kann, ist es besonders wichtig, sich mit vertrauten Personen zu umgeben, welche die Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Deren Ansichten sollten Unternehmer jedoch nicht in ihrem Vorwärtsdrang bremsen – auch dann nicht, wenn bestimmte Entscheidungen mit Risiken verbunden sind.
myLIFE wünscht Ihnen auf Ihrem Weg in die Welt der Unternehmer viel Erfolg.
Dieser Artikel gehört zur Aufzeichnung Artikelserie „Unternehmer“
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