So verwandeln Unternehmer ihre Schwächen in Stärken
Sie haben beschlossen, den Schritt in die Unabhängigkeit zu wagen und Ihr eigenes Unternehmen zu gründen? Einige Ihrer Bekannten bewundern sicher Ihren Mut, während andere Ihre Entscheidung leichtsinnig finden. Damit die Zweifler letztendlich nicht Recht behalten, müssen Sie einen kühlen Kopf bewahren und sich vor kognitiven Verzerrungen in Acht nehmen, die Ihr Urteilsvermögen beeinträchtigen können. Ihr Erfolg steht auf dem Spiel!
Sie sind wirklich mutig!
„Du gründest deine eigene Firma? Du bist wirklich mutig! Ich würde mich niemals trauen, ein so großes Risiko einzugehen.“ Diese Sätze kommen Ihnen bekannt vor? Studien haben bestätigt, dass Unternehmer risikofreudiger sind als der Bevölkerungsdurchschnitt. Das bedeutet aber nicht, dass sie unüberlegt handeln. Denn sie bereiten sich vor und versuchen, vorhandene Risiken zu minimieren.
Ein ausgeklügelter Business-Plan und gute Partner sind zwar unerlässlich, reichen jedoch nicht, um den Erfolg und den Fortbestand Ihres Unternehmens zu sichern. Schließlich hängt Ihr Erfolg nicht allein von rationalen Aspekten ab, sondern auch von Ihren Entscheidungen. Diese werden jedoch systematisch von Emotionen und kognitiven Verzerrungen beeinflusst, die man nicht leugnen, sondern im Zaum halten sollte.
Unternehmer sind laufend mit Entscheidungen konfrontiert. Dafür müssen sie nicht nur die richtigen Rückschlüsse ziehen können, sondern auch die Faktoren verstehen, die zu Fehlurteilen führen können.
Unternehmer sind laufend mit Entscheidungen konfrontiert. Dafür müssen sie nicht nur die richtigen Rückschlüsse ziehen können, sondern auch die Faktoren verstehen, die zu Fehlurteilen führen können. In der Verhaltensforschung werden diese Faktoren als kognitive Verzerrungen bezeichnet. Damit Sie nicht blindlings in die Falle tappen, erklärt Ihnen myLIFE die typischsten kognitiven Verzerrungen für Unternehmer. Wenn Sie sich dieser Verzerrungen bewusst sind, können Sie sie zu Ihrem Vorteil nutzen – denn ohne Risikobereitschaft keine Innovationskraft. So stärken Sie im Laufe der Zeit Ihre Intuition und werden womöglich zu einem wahren Experten auf dem Gebiet.
Nachstehend gehen wir auf sechs kognitive Verzerrungen ein, die für Unternehmer typisch sind und denen Sie sich bewusst sein sollten, wenn Sie Ihr Unternehmen erfolgreich führen möchten.
1. Halten Sie sich nicht für unfehlbar (Selbstüberschätzung)
Selbstüberschätzung ist zweifelsohne die wichtigste kognitive Verzerrung, die Sie bei der Gründung Ihres Unternehmens in Schach halten müssen. Die Gründung oder Leitung eines Unternehmens verleiht Menschen eine Form von psychologischer Macht. Doch Vorsicht: Dieses Gefühl der Unfehlbarkeit kann dazu führen, dass Sie Ihr Urteilsvermögen und Ihre Fähigkeit, mit bestimmten Situationen umzugehen, überschätzen. Wenn Unternehmer schwierige Aufgaben erledigen müssen, besteht zwischen der objektiven Realität und dem Vertrauen der Unternehmer in ihr Urteilsvermögen häufig eine Diskrepanz. Dies ist ein typisches Merkmal von Selbstüberschätzung.
Die Gefahr. Selbstüberschätzung kann dazu führen, dass Sie Fehlentscheidungen treffen und Ihre Kompetenzen zur Lösung eines Problems über- sowie die Folgen eines möglichen Misserfolgs unterschätzen. In Verbindung mit einer gewissen Neigung, Risiken einzugehen, kann dieser blinde Fleck in Bezug auf Ihre Grenzen zu gefährlichen Situationen führen oder gar die Zukunft Ihres Unternehmens gefährden.
Die Lösung. Sie müssen lernen, Ihre eigenen Grenzen zu erkennen, und zugeben können, dass Sie nicht über die nötigen Kompetenzen oder Kenntnisse verfügen, um sämtliche Herausforderungen allein zu meistern. Mit anderen Worten: Sie müssen nicht nur voll und ganz hinter Ihrem Projekt stehen, sondern sich auch angewöhnen, Rat von Außenstehenden einzuholen, etwa von Freunden, Geschäftspartnern oder externen Experten. Lernen Sie, Aufgaben zu übertragen, und stellen Sie – sobald Sie können – jemanden ein, dessen Kompetenzen Ihr Know-how ergänzen.
Unternehmer, die sich ihres Erfolgs zu sicher sind, denken häufig: „Das ist zwar schon anderen passiert, aber mir wird das nie passieren“.
2. Überschätzen Sie nicht die Wahrscheinlichkeit von positiven Entwicklungen (unrealistischer Optimismus)
Unrealistischer Optimismus ist ein Klassiker bei Unternehmern, insbesondere, wenn sie bereits an Selbstüberschätzung leiden. Unternehmer, die sich ihres Erfolgs zu sicher sind, denken dann häufig: „Das ist zwar schon anderen passiert, aber mir wird das nie passieren“.
Die Gefahr. Unrealistischer Optimismus kann dazu führen, dass Sie bei Entscheidungen allein auf Ihr Gefühl setzen und Fakten unberücksichtigt lassen. Dadurch gehen Sie bei Entscheidungen möglicherweise unverhältnismäßig hohe Risiken ein.
Die Lösung. Als Unternehmer müssen Sie lernen, auf das Beste zu hoffen und auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Das heißt, Sie müssen Fakten und die Schlussfolgerungen daraus bewusst in Ihren Entscheidungsfindungsprozess einbeziehen. Bedienen Sie sich hierzu etwa der Pre-Mortem-Methode. Dabei werden sämtliche Katastrophenszenarien und Ereignisse zusammengetragen, die Ihr Unternehmen in die Insolvenz treiben könnten. Anschließend entwickeln Sie Lösungsansätze, die im Falle des tatsächlichen Eintritts dieser Katastrophenszenarien umgesetzt werden können. Seien Sie nicht pessimistisch, aber sorgen Sie vor!
3. Glauben Sie nicht, dass Sie immer richtig liegen (Bestätigungsfehler)
Zu selbstsichere Unternehmer neigen dazu, ihre eigenen Ideen bei der Suche nach oder der Interpretation von Informationen zu bestätigen. Dies macht sie blind für Argumente, die ihre eigenen Standpunkte und Urteile infrage stellen.
Die Gefahr. Der Bestätigungsfehler kann Sie dazu verleiten, Informationen zu ignorieren, die für Ihr Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind, nur weil diese Ihrer Sichtweise der Dinge widersprechen.
Die Lösung. Geben Sie Ihrer Meinung nicht mehr Gewicht als Fakten, akzeptieren Sie Feedback und bleiben Sie sich Ihrer Grenzen bewusst. Als Unternehmer oder Unternehmensgründer müssen Sie Kritik und schlechte Nachrichten akzeptieren und diese nutzen, um die Erfolgschancen Ihres Projekts zu maximieren. Sofern sie konstruktiv ausfällt, sollte Kritik stets willkommen sein.
Viele Unternehmer unterschätzen, wie viel Zeit und Ressourcen für die Realisierung ihres Projekts erforderlich sind.
4. Setzen Sie sich keine zu ambitionierten Deadlines (Planungsfehlschluss)
Viele Unternehmer fallen dieser kognitiven Verzerrung anheim, die dazu führt, dass sie unterschätzen, wie viel Zeit und Ressourcen für die Realisierung ihres Projekts erforderlich sind.
Die Gefahr. Planungsfehler, die häufig mit übermäßigem Optimismus verbunden sind, können für ein Unternehmen fatal sein, das keinen „Plan B“ für den Fall vorgesehen hat, dass die verfügbaren Ressourcen oder anvisierten Deadlines nicht ausreichen, um ein geplantes Ziel zu erreichen.
Die Lösung. Akzeptieren Sie, dass insbesondere in der Welt der Unternehmer nicht immer alles so läuft, wie geplant. Ermitteln Sie potenzielle Risiken und Hindernisse, berücksichtigen Sie in Ihren Zeitplänen die Möglichkeit von unvorhergesehenen Ereignissen und machen Sie stets einen „Plan B“. Auch wenn Sie alles möglichst schnell erledigen wollen: Setzen Sie sich realistische Deadlines, um Ihre Ziele zu erreichen.
5. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende (Versunkene Kosten)
Diese kognitive Verzerrung beschreibt die Neigung, ein Projekt unter dem Vorwand, bereits viel Zeit, Arbeit oder Geld investiert zu haben, um jeden Preis fortzuführen. Unabhängig davon, ob die erwarteten Vorteile die aktuellen Kosten ausgleichen werden oder nicht, wollen wir Projekte, in die wir bereits viel investiert haben, nicht aufgeben – und zwar selbst dann nicht, wenn die erhofften Ergebnisse offensichtlich unerreichbar geworden sind. Wir sagen uns dann: „Ich bin schon so weit gekommen und habe so viel investiert, ich kann jetzt unmöglich aufgeben!“
Die Gefahr. Dieses „Durchhalten um jeden Preis“ kann Sie in eine Sackgasse führen und Ihr Unternehmen in den Abgrund reißen. Denn leider tragen unsere Bemühungen nicht immer Früchte. Wenn Unternehmensgründer auf einem falschen Weg beharren, investieren sie Zeit und Geld in ein Projekt, das bereits gescheitert ist.
Die Lösung. Zunächst müssen Sie verstehen und akzeptieren, dass Erfolge nicht garantiert sind, selbst wenn Sie in ein Projekt bereits viel Zeit, Arbeit und Geld gesteckt haben. Sie müssen anerkennen können, dass ein Ziel unrealistisch ist oder ein Projekt nicht weiterverfolgt werden kann. Nur wie finden Sie das heraus? Zuallererst indem Sie die Bedeutung bereits investierter Mittel nicht überschätzen. Sie müssen die Frage beantworten, ob sich die nötigen weiteren Investitionen lohnen oder ob die verbliebenen Ressourcen nicht besser anderweitig eingesetzt werden könnten. Einen Fehlschlag zu akzeptieren ist zwar schmerzhaft, jedoch weit weniger schlimm, als auf einem Irrweg zu beharren.
Bei zu vielen oder zu komplexen Optionen sind Unternehmer möglicherweise außerstande, Entscheidungen zu treffen oder zu handeln.
6. Gehen Sie Entscheidungen nicht aus dem Weg (Status-quo-Verzerrung)
Diese Verzerrung beschreibt, dass wir tendenziell den Status quo beibehalten möchten. Bei zu vielen Optionen, zu komplexen Entscheidungen oder einem zu ungewissen Umfeld sind Unternehmer möglicherweise außerstande, Entscheidungen zu treffen oder zu handeln. Sie verstehen sich dann als vorsichtige Person, die rationalen Argumenten bei der Entscheidungsfindung Vorrang gibt. Warum auch nicht – vorausgesetzt, man geht Veränderungen nicht aus dem Weg. Denn letztendlich zeichnen sich Unternehmer dadurch aus, dass sie handeln!
Die Gefahr. Die größte Gefahr besteht darin, eine wichtige Chance zu verpassen, die sich Ihrem Unternehmen bietet und die nach einer klaren und relativ schnellen Entscheidung verlangt.
Die Lösung. Versuchen Sie zu verstehen, was Sie davon abhält, tätig zu werden. Notieren Sie die möglichen Ursachen, um herauszufinden, woher Ihr Widerstand gegen Veränderungen kommt. Denn dieser Widerstand hat zweifelsohne einen Grund. Wenden Sie sich an Vertrauenspersonen in Ihrer Firma, die Sie bei anstehenden Entscheidungen gegebenenfalls unterstützen können.
Die kognitiven Verzerrungen, die Unternehmer beeinflussen können, sind nicht zwangsläufig zu Ihrem Nachteil – sie können sogar zu Ihrem Verbündeten werden. Denken Sie einfach daran, dass sich Unternehmer, die unüberlegt Risiken eingehen, der kognitiven Verzerrungen und Emotionen, die ihre Entscheidungen leiten, am wenigsten bewusst sind. Die eigenen Schwächen zu kennen, ist ein Zeichen der Stärke!
Dieser Artikel gehört zur Aufzeichnung Artikelserie „Unternehmer“
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