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April 25, 2024

Per Erbbaurecht ins Eigenheim

  Gesammelt von myLIFE team myHOME April 27, 2020 2759

Gemäß einer Studie von STATEC und des Observatoire de l’habitat (10/2019) sind die Immobilienpreise in Luxemburg innerhalb eines Jahres im Zeitraum vom 3. Quartal 2018 bis zum 3. Quartal 2019 um 11,3 % gestiegen. Angesichts dieses ungebremsten Wachstums besteht eine der Lösungen, um an günstigen Wohnraum zu gelangen, in der Inanspruchnahme eines Erbbaurechts. Das Erbbaurecht – Was ist das überhaupt? Keine Sorge, myLIFE erklärt es Ihnen.

Worum handelt es sich bei einem Erbbaurecht?

Obgleich die Praxis des Erbbaurechts bereits im römischen Recht verbreitet war, wurde es erst durch das Gesetz vom 22. Oktober 2008 über die Förderung des Wohnungswesens und die Schaffung eines Wohnungspakts mit den Gemeinden, das Erbpacht- und das Erbbaurecht im luxemburgischen Recht verankert. Das Erbbaurecht ist „ein dingliches Recht, in dessen Rahmen ein uneingeschränktes Nutzungsrecht an einer unbeweglichen Sache eingeräumt wird, die sich im Eigentum einer anderen Person befindet“.

Welche Arten von Gütern sind betroffen?

Der Begriff „Immobilie“ bezeichnet hier den Rechtsbegriff, d. h. jedes Grundstück, ob bebaut oder unbebaut, und/oder jedes Bauwerk (Wohnimmobilie- oder Industrieimmobilie). Der Erbpachtvertrag kann das Grundstück allein, das darauf befindliche Gebäude allein oder beides zusammen erfassen.

Konkret handelt es sich im Falle einer Wohnimmobilie um einen langfristigen Mietvertrag, der zwischen einem Pächter (sog. „Erbpächter“) und einem Eigentümer abgeschlossen wird. Der Eigentümer verpachtet dem Pächter das Recht, auf einem Grundstück, dessen Eigentum er behält, eine Immobilie zu errichten und/oder zu unterhalten. Der Pächter hat sodann alle Rechte, die mit dem Eigentum an der Immobilie verbunden sind, und er verpflichtet sich, ihren Wert während der gesamten Vertragsdauer so zu entwickeln und zu erhalten, als wäre er der Eigentümer. Unter keinen Umständen darf er den Wert der Immobilie mindern. Das bedeutet, dass dieser Wert ermittelt werden muss. Dies ist insbesondere der Grund, warum der Erbpachtvertrag neben der genauen Angabe der Laufzeit des Erbbaurechts unbedingt ein möglichst vollständiges Verzeichnis der Ausstattung der betreffenden Immobilie enthalten muss.

Obwohl der Pächter nicht der Eigentümer der Immobilie ist, erhält er dennoch gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr, die als Erbzins bezeichnet wird, das dingliche Recht auf vollen Genuss der Immobilie. Es gibt auch Vertragsgestaltungen, bei denen der Erbpächter eine einmalige Zahlung leistet, die bei Abschluss des Erbpachtvertrages fällig wird. Welche Vertragsart auch immer gewählt wird, die Höhe des Erbzinses ist zwischen dem Erbpächter und dem Eigentümer frei zu vereinbaren, da weder die Höhe des Erbzinses noch die Kriterien für dessen Festlegung gesetzlich geregelt sind. Zögern Sie nicht, professionellen Rat zu diesem Aspekt einzuholen.

Die Mindest- oder Höchstdauer des Erbbaurechts darf nicht geändert werden, auch nicht durch eine besondere Vereinbarung zwischen dem Eigentümer und dem Pächter.

Für welche Dauer kann ein Erbpachtvertrag geschlossen werden?

Der Erbpachtvertrag hat eine Laufzeit von 27 bis 99 Jahren und er wird notariell oder öffentlich beurkundet. Im Falle von Wohngebäuden kann das Erbbaurecht nicht für weniger als 50 Jahre eingeräumt werden. Die Mindest- oder Höchstdauer darf nicht geändert werden, auch nicht durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Eigentümer und Erbpächter.

Was geschieht bei Ablauf des Erbbaurechts?

Wenn der Erbpachtvertrag endet, gehören das Grundstück und dessen Bebauung dem Eigentümer. Diese Rückgabe erfolgt, sofern im Vertrag nicht etwas anderes vereinbart wird, ohne jede Entschädigung für den Erbpächter. Der Eigentümer kann einer Vertragsverlängerung zustimmen, ist aber nicht dazu verpflichtet. Eine stillschweigende Verlängerung des Erbpachtvertrages gibt es nicht.

Außer im Falle der Nichterfüllung der Verpflichtungen durch eine der Parteien kann ein Erbpachtvertrag vor dem Ende seiner Laufzeit nur im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien gekündigt werden. Das Gesetz sieht jedoch drei Situationen vor, in denen das Erbbaurecht endet:

  • Vereinigung, d. h. die Situation, in der z. B. durch eine Erbschaft Eigentümer und Erbpächter zur selben Person werden;
  • Totalverlust oder Enteignung der Immobilie;
  • Verjährungsfrist von 30 Jahren, d. h. der Fall, in dem das dingliche Recht des Erbpächters durch Nichtnutzung oder Nichtausübung der mit diesem Recht verbundenen Vorrechte „erlischt“.

Da der Erbpächter das Grundstück nicht erwirbt, ist der Kaufpreis für die Immobilie für ihn deutlich niedriger. Für den Eigentümer bietet ein solcher Erbpachtvertrag ein regelmäßiges langfristiges Einkommen.

Welche Vorteile bietet ein Erbpachtvertrag?

Da der Erbpächter nicht das endgültige Eigentum an der Immobilie erwirbt, verringert sich der Kaufpreis der Immobilie erheblich. Dies eröffnet Chancen für diejenigen, die sich einen herkömmlichen Immobilienkauf nicht leisten können, indem es ihnen ermöglicht, die Immobilie langfristig, auch über mehrere Generationen hinweg, in vollem Umfang zu nutzen.

Je nach gewählter Vertragsgestaltung bietet der Erbpachtvertrag dem Eigentümer ein erhebliches Kapital oder eine langfristige regelmäßige Einnahme, wobei sein Eigentum am Grundstück und am Ende des Vertrages an allem, was darauf errichtet wird, erhalten bleibt.

Insbesondere diese Vorteile für jede Partei haben bestimmte Behörden und Institutionen dazu veranlasst, diese Art von Verträgen in Luxemburg stärker zu fördern. Der  äußerte sich hierzu wie folgt: „Der Kirchberg-Fonds und die Société Nationale des Habitations à Bon Marché (SNHBM) arbeiten bei den derzeit laufenden Wohnungsprojekten zusammen. Gemeinsam mit der Regierung verfolgen sie eine Politik des erschwinglichen Wohnraums.“ Als eine der Maßnahmen ist hervorzuheben, dass die im Rahmen dieser Kooperation verwalteten Wohnungen auf dem Kirchberg im Wege des Erbbaurechts übertragen werden. Die luxemburgische Regierung ist daher der Ansicht, dass das Erbbaurecht einer der Wege ist, die im Hinblick auf eine Politik des erschwinglichen Wohnraums beschritten werden müssen.

Worin bestehen die Nachteile eines Erbpachtvertrages?

Wenn der Erbpächter das Eigentum in vollem Umfang nutzen kann, ist er auch für das Eigentum verantwortlich und muss es ordnungsgemäß instand halten. Auch etwaige Reparaturen an der Immobilie gehen zu seinen Lasten. Und schließlich ist er derjenige, der die mit der Immobilie verbundenen Steuern und Abgaben zu zahlen hat. Zu bedenken ist, dass der Erbpächter am Ende der Vertragslaufzeit nichts hat. In der Tat legt Artikel 13-12 des Gesetzes vom 22. Oktober 2008 eindeutig fest: „Sofern in der Erbbaurechtsurkunde nichts anders festgelegt wurde, kann der Erbpächter den Eigentümer der Immobilie nicht zwingen, den Wert der Bebauung, gleich welcher Art, die sich bei Ablauf des Erbpachtvertrages auf dem Grundstück befindet, zu bezahlen.“

Wenn ein Erbpächter sein Nutzungsrecht vor Ablauf des Pachtvertrages weiterverkaufen möchte, wird der Wert des Pachtvertrages dadurch begrenzt, dass der Pächter nicht Eigentümer des Grundstücks ist und der Wiederverkaufspreis in der Regel an die Baupreise und nicht an die Inflationsrate gebunden ist. Der Eigentümer hat auch ein Vorkaufsrecht beim Verkauf der Immobilie, d. h. er hat Vorrang vor anderen Kaufinteressenten beim Weiterverkauf.

Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Mietvertrag kann ein ausgelaufener Erbpachtvertrag nicht stillschweigend verlängert werden.

Und schließlich kann der ausgelaufene Erbpachtvertrag im Gegensatz zu einem herkömmlichen Mietvertrag nicht stillschweigend verlängert werden. Die Parteien können jedoch nach Ablauf des ersten Erbpachtvertrages einen neuen Erbpachtvertrag abschließen.

All diese Nachteile sind für einige Personen ausreichend, um die Erbpacht als eine „schlechte gute Idee“ zu bezeichnen, insbesondere in einem so dynamischen Markt wie Luxemburg. Dies scheint insbesondere die Ansicht der Mitglieder der  Fondation Idea, die auf Initiative der luxemburgischen Handelskammer gegründet wurde, zu sein. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, „Überlegungen zugunsten der nachhaltigen Entwicklung Luxemburgs und des allgemeinen wirtschaftlichen Interesses des Landes anzustellen“.

Der Erbpachtvertrag scheint insofern einen interessanten Kompromiss darzustellen, als der Erbpächter das Eigentum an einer Immobilie erhält, ohne die mit dem Erwerb des Grundstücks verbundenen Kosten tragen zu müssen. Andererseits handelt es sich um ein unvollständiges und zeitlich begrenztes Eigentum. Eine gute Alternative zum Kauf oder eine „schlechte gute Idee“? Es gibt keine klare Antwort auf diese Frage, und es liegt an Ihnen, sich eine eigene Meinung zu bilden.