Meine Finanzen, meine Projekte, mein Leben
November 18, 2024

PropTech – was ist das?

  Aurélien Dobbels myHOME Januar 26, 2021 2333

Der Begriff PropTech setzt sich aus „PROPerty“ und „TECHnology“ zusammen und umfasst all die Unternehmen, die jedes Glied in der Wertschöpfungskette der Immobilienbranche von Grund auf revolutionieren. Immer mehr Anleger finanzieren diese Unternehmen, um die man bei den großen Immobilienevents in Europa nicht mehr herumkommt. Selbst der Marché International des Professionnels de L’immobilier (internationale Messe für das Immobiliengewerbe in Cannes, kurz MIPIM) widmet ihnen mit der MIPIM PropTech Europe eine eigene Veranstaltung. Das haben wir zum Anlass genommen, uns eingehender mit diesem Markt zu beschäftigen und ihn Ihnen vorzustellen.

Der Begriff PropTech umfasst alle innovativen Unternehmen, die die Produkte, Dienstleistungen und vor allem Geschäftsmodelle der gesamten Immobilienbranche revolutionieren. Dies betrifft sämtliche Bereiche der Branche, von Wohnimmobilien und Bürogebäuden über Logistik und Gastgewerbe bis hin zum Einzelhandel.

Diesen Wandel bewirkt PropTech mithilfe der Digitalisierung, und verbessert so die Praktiken und Dienstleistungen der traditionellen Akteure der Immobilienindustrie oder erfindet diese völlig neu. Zu den bekanntesten PropTech-Unternehmen gehören beispielsweise

    • WeWork, das sich mit der Bereitstellung von Büroflächen und Dienstleistungen für das Coworking einen Namen gemacht hat und seit seinem versuchten Börsengang 2019 in aller Munde ist, und
    • OpenDoor, ein Unternehmen, das Immobilien von Privatpersonen innerhalb von 48 Stunden zu einem durch einen Algorithmus bestimmten Preis kauft.

Auch wenn die Innovationszweige der PropTech äußerst zahlreich sind, lassen sie sich im Grunde in fünf große Kategorien einteilen.

Leben und Arbeiten

Die Branche „Leben und Arbeiten“ deckt alle neuen Technologien und Dienstleistungen ab, die sich direkt auf das Erlebnis des Endnutzers auswirken.

Gewohnheiten ändern sich, und mit ihnen die Lebensformen. Die Sharing Economy findet seit einigen Jahren immer mehr Zuspruch, und Coworking-Angebote haben diese Tendenz nachhaltig verstärkt. Diese ändern unsere Art zu arbeiten, ermöglichen die Senkung der relativen Kosten für die Büromiete und bieten ein anregendes, motivierendes Arbeitsumfeld und zugleich erhebliche Flexibilität.

In Luxemburg bieten Initiativen wie TheOffice  seit einigen Jahren Coworking-Spaces an. Deren Gründerin Gosia Kramer hat im Übrigen viel Energie darauf verwandt, den Begriff der „Gemeinschaft“ in diesem Kontext mit Sinn zu füllen und weiterzuentwickeln. Auch andere Akteure wie Welkin and Meraki, Regus, Silversquare oder Urban Office sind in dieser Nische tätig.

Coliving ist in erster Linie eine Lebenskunst, die die Nutzung von Privat- und Gemeinschaftsräumen mit einem Service ermöglicht, der dem eines Hotels um nichts nachsteht.

Nach dem Coworking ist nun seit Kurzem das Coliving im Kommen. Coliving ist in erster Linie eine Lebenskunst, die die Nutzung von Privaträumen (Schlaf- und Badezimmer, WC, Ankleidezimmer, Büro) und Gemeinschaftsräumen (Küche, Ess- und Wohnzimmer) mit einem Service ermöglicht, der dem eines Hotels um nichts nachsteht. Das 2020 gegründete Unternehmen Cocoonut ist der erste Anbieter für Coliving in Luxemburg. Es richtet sich besonders an Neuankömmlinge und hat das Ziel, diesen die Integration im neuen Gastgeberland zu erleichtern.

Finanzierung und Investition

Die im Bereich „Finanzierung und Investition“ tätigen PropTech-Unternehmen befassen sich insbesondere mit den ersten Schritten eines jeden Immobilienprojekts: der Standortauswahl und der Investitions- bzw. Finanzierungsphase.

Neue Finanzierungs- und Anwendungsarten entstehen. So schloss sich 2019 eine Gruppe luxemburgischer Immobilienexperten zusammen und gründete das Unternehmen Property Token, mit dem sie die erste Immobilienlage über eine Blockchain verwirklichte und ein Gebäude in Belval erwarb.

Property Token verwirklichte erstmals eine Immobilienlage über eine Blockchain und erwarb auf diesem Weg ein Gebäude in Belval.

Auch das ursprünglich für die Finanzierung neuer Produkte oder Dienstleistungen konzipierte und bekannte Modell des Crowdfunding hat sich inzwischen für den Immobilienmarkt geöffnet. Akteure wie Wiseed oder Anaxago eröffnen den Initiatoren neue Wege der Finanzierung und ermöglichen Privatanlegern zugleich den Zugang zu einer neuen Anlageklasse.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt dagegen das Unternehmen GarantMe, das Bürgschaften auf französischem Boden für Mieter anbietet, die eine solche nicht selbst erbringen können. Das ist zum Beispiel bei zahlreichen ausländischen Studierenden der Fall, die nach Paris kommen.

Bauplanung und Konstruktion

Wie der Name schon sagt, umfasst die Branche „Bauplanung und Konstruktion“ alle PropTech-Unternehmen, die innovative Lösungen im Bereich Gebäudeplanung, Ausführung von Bauarbeiten und Gebäudeübergabe anbieten.

Ein in diesem Feld sehr bekannter Akteur ist Katerra, ein 2015 vom früheren Interim-CEO von Tesla Michael Marks gegründetes Unternehmen. Katerra entwirft und fertigt Bauteile, die dann vor Ort montiert werden. So fertigt das Unternehmen zum Beispiel ab Werk Wände mit den zugehörigen Fenstern an, die es anschließend liefert und vor Ort montiert.

Ein Unternehmen in Nordfrankreich baute kürzlich innerhalb von knapp 24 Stunden ein Haus – mit einem 3D-Drucker.

Noch überraschender sind die Errungenschaften im Bereich 3D-Konstruktion: Ein Unternehmen in Nordfrankreich baute kürzlich innerhalb von knapp 24 Stunden ein Haus – mit einem 3D-Drucker. Diese Technik ist nicht nur aufgrund ihrer Schnelligkeit interessant, sondern auch, weil die benötigte Menge an Beton gegenüber einer klassischen Konstruktion drastisch reduziert werden kann.

Markt und Transaktionen

Neben der Finanzierung und dem eigentlichen Bau hat sich die PropTech auch das Feld „Markt und Transaktionen“ zu eigen gemacht. So bekommt auch die Vermarktung ihren Anteil an Innovationen, beispielsweise mit der Entwicklung des iBuyer-Modells des bereits erwähnten Unternehmens OpenDoor.

Ein iBuyer oder Instant Buyer ist ein Immobilientransaktionsmodell, bei dem Unternehmen Wohnimmobilien von Privatverkäufen kaufen und gleich wieder verkaufen. Der Begriff „Instant“ bezieht sich darauf, dass diese Tätigkeit darauf abzielt, innerhalb viel kürzerer Zeit ein Barangebot für eine Immobilie zu unterbreiten als im Fall traditioneller Immobilienmakler. Die Bewertung der Immobilie erfolgt innerhalb weniger Augenblicke online mithilfe eines Prozesses, bei dem Technologien des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen.

Weitere Unternehmen auf der anderen Seite des Atlantik wie Easyknock entwickeln das Prinzip des sale and lease back, bei dem ein Eigentümer seine Immobilie an einen Investor verkauft und als Mieter darin wohnen oder es sogar anschließend wieder zurückkaufen kann.

Verwaltung und Geschäftsführung

Auch heute noch gibt es Unternehmen, die ihren Immobilienbestand manuell mit Excel-Dateien verwalten. Junge Unternehmen in der Branche „Verwaltung und Geschäftsführung“ entwickeln Lösungen, die diese Verwaltung erleichtern, sei es für Betreiber, Immobilienverwalter, Gebäudemanager oder Anlageverwalter.

Weit davon entfernt, nur ein flüchtiges Phänomen zu sein, revolutioniert PropTech jedes Glied in der Wertschöpfungskette der Immobilienbranche von Grund auf. In jedem der genannten Bereiche gibt es schon jetzt Unternehmen, die international sehr gut aufgestellt sind. Weltweit haben sich etwa 40 davon zu sogenannten Einhörnern (Start-ups mit einer Marktbewertung von über einer Milliarde US-Dollar) gemausert. Sie sind unbemerkt durch die Hintertür gekommen, haben sich rasch vergrößert und stellen heute die etablierte Ordnung auf den Kopf. Wenn Sie sich für die Immobilienbranche Luxemburgs und der Welt in irgendeiner Weise interessieren, führt an PropTech kein Weg mehr vorbei!