Sind wiederaufbaufähige Wohngebäude das Konzept der Zukunft?
Wie wäre es, wenn wir die Gebäudeplanung in Luxemburg neu erfinden würden? Denn neben sogenannten traditionellen Bauweisen kommen derzeit offenbar nachhaltigere und wirtschaftlichere Alternativen auf. Wenn sie halten, was sie versprechen, könnten in Zukunft immer mehr modulare und wiederaufbaufähige Gebäude auf luxemburgischem Boden entstehen. myLIFE weiß mehr über diese Immobilien zu berichten, die auf einem Kreislauf des Auf-, Ab- und Wiederaufbauens beruhen.
Wohngebäude, die aus demontierbaren, recyclingfähigen und für andere Zwecke wiederverwertbaren Materialien errichtet werden, gewinnen in Luxemburg zunehmend an Beliebtheit. Erste kleinere Projekte deuten auf eine vielversprechende Zukunft hin.
Auch im Bauwesen gewinnt die Kreislaufwirtschaft an Bedeutung
Kreislaufwirtschaft ist definitionsgemäß „die wiederherstellende Verwendung von Materialien und Produkten in Kreisläufen, die mit erneuerbarer Energie funktionieren, wobei jeder Bestandteil eine Ressource für einen anderen Bestandteil darstellt und durch eine Verbesserung der Qualität und Produktivität der Ressourcen eine positive Wirkung auf die Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt erzielt wird“.
Wie andere Sektoren in Luxemburg kommen das Bauwesen und die Stadtplanung nicht an der Kreislaufwirtschaft vorbei und zählen diesbezüglich sogar zu den wichtigsten Bereichen. Tatsächlich findet das Konzept immer mehr Anhänger – allen voran die Regierung, die darin ein Schlüsselinstrument für die Energiewende sieht. Die Behörden haben verstärkt Anstrengungen in diesem Bereich unternommen und insbesondere Folgendes erarbeitet:
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- eine nationale Strategie für eine Kreislaufwirtschaft;
- Grundsätze der Kreislaufwirtschaft, die vom Hohen Rat für nachhaltige Entwicklung definiert wurden;
- eine nationale Null-Abfall-Strategie;
- das Monitoring-Tool Product Circularity Data Sheet (PDCS), mit dem sich Daten über die Wiederverwendung von Produkten oder Materialien sammeln lassen;
- eine nationale Plattform für die Wiederverwendung von bei Abbauarbeiten gewonnen Materialien, auf die wahrscheinlich künftig zurückgegriffen wird.
All diese Maßnahmen zielen darauf ab, bis 2050 das Netto-Null-Ziel und damit CO2-Neutralität zu erreichen.
All diese Maßnahmen zielen darauf ab, bis 2050 das Netto-Null-Ziel und damit CO2-Neutralität zu erreichen. Sie ermöglichen nicht nur den bevorzugten Einsatz lokaler Ressourcen, um die Materialversorgung besser zu verwalten und Arbeitsplätze zu schaffen, sondern tragen auch zur Verringerung des direkten oder indirekten Energieverbrauchs, der Abfallmengen auf Baustellen sowie unnötiger Transportvolumen bei. Denn ein Drittel des von der Europäischen Union produzierten Abfalls stammt aus Bau- und Abbrucharbeiten. Von den Auswirkungen dieser Vorgehensweise profitieren also nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wirtschaft und die Gesellschaft.
Vom Abbau …
In der Branche kommen sowohl neue Gebäude als auch der Erhalt bestehender Gebäude durch Renovierung für zirkuläres Bauen in Betracht. Immer häufiger werden abrissreife Gebäude inspiziert, um daraus wiederwertbare Materialien zu gewinnen. Ihr erneuter Einsatz bei dieser Form des Recyclings ist häufig nicht optimal, da die Ingenieure nicht immer die genaue Zusammensetzung, den Zusammenbau der Komponenten oder die beste Vorgehensweise für den Abbau eines Gebäudes kennen.
Wenn das Konzept der Kreislaufwirtschaft von vornherein mitgedacht wird, lassen sich die Wiederverwendung von Materialien und der Wiederaufbau leichter planen.
Damit Materialien nicht unbrauchbar werden, kann sich ein PDCS als hilfreich erweisen: Darin werden die Herkunft, die Zusammensetzung, der Verarbeitungsweg, der Zusammenbau und die physikalischen Eigenschaften jedes Materials dokumentiert. Wenn das Konzept der Kreislaufwirtschaft von vornherein mitgedacht wird, können die verschiedenen Beteiligten die Wiederverwendung von Materialien und den Wiederaufbau leichter planen.
… zum Wiederaufbau
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft ist zwar für die Planung von Gewerbegebieten gedacht, betrifft aber auch städtische Wohngebiete. Der Bauprozess muss sich an der Stadt- und Raumplanung orientieren. Bereits in der Planungsphase sind die architektonischen Entscheidungen von zentraler Bedeutung, da sie sich auf die Effizienz des Gebäudes, seine Nachhaltigkeit, aber auch auf seine Rolle als „Materiallager“ auswirken werden.
Für Architekten und Ingenieure besteht das Ziel heute in einer zirkulären Wertschöpfung über Projekte mit sauberen, innovativen, abbaubaren und wiederverwendbaren Materialien sowie unter Einsatz erneuerbarer Energien. Einfache, sichtbare und leicht verständliche Strukturen erleichtern die Reparatur und den Abbau.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um die Umweltauswirkungen von Materialien zu verringern. Beispielsweise kann auf natürliche Materialien wie Holz, Produktionsmethoden mit geringerer Energieintensität oder Bauarten zurückgegriffen werden, bei denen Komponenten wie Stahlträger demontiert und wiederverwendet werden können.
Modulares Bauen ist in Luxemburg bereits Realität
In Luxemburg veranschaulichen mehrere Architekturprojekte das Konzept des zirkulären Bauens. So illustriert etwa das im Rahmen von Esch2022 in Belval errichtete Projekt „Petite Maison“ den Kreislauf aus Planung, Bau und Rückbau eines Gebäudes, um für die Wiederverwendung seiner Materialien zu werben. In diesem Pop-up-Projekt sind alle Komponenten abbau- und transportfähig und können in identischer oder anderer Form wieder aufgebaut werden. Bei den ausgewählten Materialien handelt es sich um zuvor bereits verwendete und recycelte Materialien, und die Rohstoffe sind erneuerbar und/oder haben ein hohes Wiederverwendungspotenzial. Die verantwortlichen Architekten wollten zeigen, dass Zirkularität im Bauwesen bereits heute und selbst bei größeren Wohnimmobilien möglich ist.
Andere ähnlich konzipierte Gebäude umfassen Büro- und Ausstellungsflächen. Das ist zum Beispiel beim temporären modularen Holzgebäude in Moutfort der Fall: Es besteht aus in der Schweiz vorgefertigten Holzmodulen, aus denen für einige Zeit ein Bergrestaurant entstehen soll. Diese Module können jederzeit wiederverwendet und für ein völlig anderes Projekt genutzt werden.
Auch der luxemburgische Pavillon für die Weltausstellung Expo in Dubai 2021–2022 wurde aus Stahl und Holz gefertigt, damit er recycelt und wiederaufgebaut werden kann. Der Pavillon für die nächste Expo, die 2025 in Osaka stattfinden wird, soll auf dieselbe Weise entstehen.
Wiederaufbaufähige Gebäude regen dazu an, die Nutzung städtischer Räume zu überdenken, und besitzen das Potenzial, sich als wirtschaftlich nachhaltige Investition durchsetzen.
Wiederaufbaufähige Gebäude regen dazu an, die Nutzung städtischer Räume zu überdenken, und besitzen das Potenzial, sich als wirtschaftlich nachhaltige Investition durchsetzen. Sie können daher nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus ökologischen Gründen bevorzugt zum Einsatz kommen.
Sind wiederaufbaufähige Gebäude die Zukunft des Wohnungsbaus? Sie bieten in jedem Fall ökologische und ökonomische Vorteile, die sie zu einer interessanten Investition machen. Ist dieses Konzept interessant genug, um für Ihr zukünftiges Eigenheim in Frage zu kommen? Entscheiden Sie selbst!