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Dezember 19, 2024

Warum man ein zu starres Familienbudget vermeiden sollte

Die letzte Weihnachtszeit ist zwar schon lange vorbei, doch Ihr Budget hat sich davon immer noch nicht ganz erholt? Für dieses Jahr haben Sie sich entschieden Ihre Finanzen in den Griff zu bekommen. Die offensichtlichste Lösung dafür lautet, sich ein strenges und minutiös geplantes Budget aufzuerlegen. Doch was, wenn es sich dabei nur um eine vermeintlich gute Idee handelt?

Um Ihnen dabei zu helfen, Ihre Budgets und Anlagen besser zu verwalten, hat sich myLIFE bereits in der Vergangenheit mit dem Thema Verhaltensökonomie beschäftigt. In diesem Artikel gilt unser Interesse der Theorie der „geistigen Buchhaltung“, und wir beleuchten die Frage, warum ein zu strenges Familienbudget der beste Weg ist, um die Kontrolle über seine Finanzen zu verlieren. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden das Fundament für künftige Artikel, die Ihnen dabei helfen sollen, Fallen, die Ihr Budget außer Kontrolle geraten lassen, zu ermitteln und einen Überblick über die Grundlagen für ein cleveres Budget zu erstellen.

Jeder sollte ein Budget erstellen

Zur Verwaltung des Haushaltsbudgets führen die meisten Singles und Paare über ihre Ausgaben implizit oder explizit Buch. Dabei erstellen sie – in etwa so wie bei einem Unternehmen – einen Finanzplan mit den aktuellen und künftigen Einkünften, den Ersparnissen und dem erworbenen Vermögen sowie den Ausgaben und absehbaren Investitionen. Anschließend werden die aktuell und künftig verfügbaren Mittel den einzelnen Posten auf der Ausgabenseite zugewiesen. So kann man bei den Ausgaben Prioritäten setzen und Geld zurücklegen, um künftige Projekte zu finanzieren und im Falle von ungeplanten Ausgaben gewappnet zu sein.

Vom Sparschwein, um Geld für Süßigkeiten zurückzulegen, bis zum Studentenjob, um den ersten eigenen Urlaub zu finanzieren: Die Planung der eigenen Finanzen wird während des gesamten Lebens gefördert. Ihre Finanzberater stehen Ihnen übrigens jederzeit gern helfend zur Seite, insbesondere wenn Sie den Kauf einer Immobilie planen. Doch warum scheitern manche Versuche der Haushaltsplanung systematisch? Der Grund hierfür liegt häufig im Prozess der Ausarbeitung des Budgets.

Die finanziellen Mittel eines Haushalts verteilen sich in der Regel auf drei Hauptposten: das Vermögen (auf Bankkonten), die Ausgaben (zusammengefasst in Budgets) und die Einkünfte (gegliedert nach Kategorien entsprechend ihrer Häufigkeit).

Geistige Buchhaltung oder die Kunst, Ausgaben und Einkünfte Kategorien zuzuordnen

Die finanziellen Mittel eines Haushalts verteilen sich in der Regel auf drei Hauptposten: das Vermögen (auf Bankkonten), die Ausgaben (zusammengefasst in Budgets) und die Einkünfte (gegliedert nach Kategorien entsprechend ihrer Häufigkeit). Sobald die Haushaltsplanung grundsätzlich steht, erstellt man eine Reihe mehr oder weniger genauer Kategorien, die die eigene Lebensweise widerspiegeln, um anhand dieser die Einkünfte und Ausgaben zu ordnen. Das Ziel besteht darin, jede Kategorie oder jedes „Konto“ besser im Blick behalten zu können. So kann man zum Beispiel ein Konto für Lebensmittel, Urlaube oder Kleidung erstellen. Diesen familiären Finanzplan sollte man dann regelmäßig kontrollieren, um zu überprüfen, ob die gesteckten finanziellen Ziele erreicht wurden oder nicht.

Die Aufteilung des Budgets in Kategorien nennt man „geistige Buchhaltung“. Richard H. Thaler, Träger des Wirtschaftsnobelpreises 2017, hat diese Vorgehensweise in seinen Arbeiten zur Verhaltensökonomik ausführlich beschrieben. Thaler definiert geistige Buchhaltung als „die Gesamtheit der kognitiven Vorgänge, die Einzelpersonen und Haushalte nutzen, um ihre finanziellen Aktivitäten zu organisieren, zu beurteilen und zu überwachen“.

Als geistige Buchhaltung bezeichnet man „die Gesamtheit der kognitiven Vorgänge, die Einzelpersonen und Haushalte nutzen, um ihre finanziellen Aktivitäten zu organisieren, zu beurteilen und zu überwachen“. (Richard H. Thaler)

Mithilfe der geistigen Buchhaltung beurteilen Singles und Familien ihre Einkünfte und Aktivitäten. Sie erstellen geistige Konten und weisen diesen Mittel zu, die dann ausschließlich für Ausgaben in Verbindung mit diesen Konten verwendet werden sollen. Darüber hinaus muss jede Haushaltsausgabe einer Kategorie zugeordnet werden, um diese einem zuvor erstellten geistigen Konto zuteilen zu können. Schließlich muss man in der Lage sein, den Stand der geistigen Konten regelmäßig in einer zuvor festgelegten Häufigkeit zu überprüfen. Diesen Prozess nennt man Budgetverwaltung.

Die Verwaltung der finanziellen Mittel eines Haushalts auf diese Art und Weise bietet zahlreiche Vorteile. So lernt etwa jedes Haushaltsmitglied, Kompromisse einzugehen und zwischen den verschiedenen Ausgabekategorien zu wählen, wenn die verfügbaren Mittel nicht ausreichen, um alle Wünsche zu erfüllen.

Zudem bietet diese Vorgehensweise einen gewissen Schutz. Denn die Selbstdisziplin in Bezug auf die vorher festgelegten finanziellen Ziele ermöglicht eine Kontrolle der Ausgaben. Neben der Verwaltung der laufenden und vorhersehbaren Ausgaben sollte diese Planung einem gut organisierten Haushalt auch ermöglichen, schwierige Phasen zu meistern oder ungeplante Ausgaben zu schultern. Sie hat darüber hinaus den Vorteil, dass man sich etwas gönnen kann, wenn im Budget zusätzliche Mittel auftauchen.

Grenzen der geistigen Buchhaltung

Wenn man das Gesamtvermögen des Haushalts sowie dessen Einkommensquellen, Lebensgewohnheiten und die sich daraus ergebenden Ausgaben realistisch einschätzt, erscheint die geistige Buchhaltung grundsätzlich logisch und sinnvoll. Unter dieser Voraussetzung würden die geistigen Konten ausschließlich dazu dienen, uns bei der rationalen Verwaltung eines Gesamtbudgets zu helfen und dessen Entwicklung nachzuvollziehen. Doch wäre der Ansatz genauso gewinnbringend, wenn wir nicht wirklich in der Lage wären, unsere Ausgaben im Voraus zu planen und mit unseren geistigen Konten zu jonglieren, um eine rationale und glaubwürdige Buchhaltung zu führen? Die Antwort lautet natürlich „Nein“.

Denn mehrere geistige Konten wären nur dann nützlich, wenn wir uns jederzeit bewusst sein würden, dass die einer Kategorie zugeteilten Mittel auch anderweitig verwendet werden könnten. Da uns dieses Bewusstsein jedoch fehlt, kann der Ansatz mitunter völlig kontraproduktiv sein. Warum ist das so? Laut Richard Thaler verletzt die geistige Buchhaltung das grundlegende Wirtschaftsprinzip der Austauschbarkeit von Geld, d. h. der Tatsache, dass ein Euro durch einen anderen Euro ersetzt werden kann. Nur weil wir einen Euro heute dem Konto „Lebensmittel“ zuweisen, bedeutet das nicht, dass wir denselben Euro morgen nicht dem Konto „Freizeit“ zuteilen können. Dieser Prozess bereitet uns jedoch mentale Schwierigkeiten, da eine Zuweisung zu Kategorien geistige Barrieren schafft.

Wenn ein Haushalt eine geistige Buchhaltung mit streng getrennten Konten führt, begibt er sich in ein starres System nicht übertragbarer Budgetposten. Eine zu starre Strategie mit getrennten Konten hat damit unmittelbare Auswirkungen auf die Entscheidungen und die Lebensqualität eines Haushalts. So kann es dazu kommen, dass auf Urlaub verzichtet wird, obwohl ausreichende finanzielle Mittel auf einem Sparkonto verfügbar sind, das im aktuellen Umfeld keine nennenswerte Rendite erwirtschaftet.

Das Problem liegt darin, dass Verbraucher die leidige Angewohnheit haben, sämtliche Einkünfte und Ausgaben Kategorien zuzuordnen, und zwar selbst dann, wenn die Umstände es nicht ohne weiteres erlauben, unerwartete Einkünfte oder Ausgaben zuzuweisen. Dadurch wird das System, das die familiäre Finanzverwaltung vereinfachen sollte, sehr komplex oder sogar unkontrollierbar, und man vergisst schnell, kleine alltägliche Ausgaben zu berücksichtigen, wie etwa am Kaffeeautomaten im Büro. Der Wunsch, das Budget bis ins kleinste Detail zu verwalten, führt dazu, dass man langfristig den Überblick über das Haushaltsvermögen verliert.

Dies mag zwar intuitiv völlig widersprüchlich sein, doch ein zu strenges und starres Budget hat mehr Nachteile als Vorteile.

Wenn ein zu starres Budget Fehlverhalten fördert

Dies mag zwar intuitiv völlig widersprüchlich sein, doch ein zu strenges und starres Budget hat mehr Nachteile als Vorteile. Natürlich muss ein Budget strukturiert sein und über ein Mindestmaß an Vorgaben verfügen, um ausreichend Schutz vor spontanen Ausgaben zu bieten. Es muss jedoch auch flexibel genug sein, um Finanzmittel von einem geistigen Konto auf ein anderes übertragen zu können.

So kommt es in großen Unternehmen leider häufig zu der absurden Situation, dass einigen Abteilungen drei Monate vor Ende des Jahres Gelder fehlen, während andere Abteilungen klare Haushaltsüberschüsse vorweisen können. Aus Angst, das Budget könnte im kommenden Jahr gekürzt werden, geben diese Abteilungen die verfügbaren Mittel dann lieber für unnötige Anschaffungen aus, anstatt diese solidarisch mit anderen Abteilungen zu teilen.

In Haushalten passieren ganz ähnliche Dinge. Ein gänzlich unflexibles Budget kann Sie dazu verleiten, zu viel Geld für nicht wirklich gewünschte Dinge und zu wenig Geld für gewünschte Dinge auszugeben. Dies kann etwa der Fall sein, wenn man ein Budget für den Schlussverkauf festlegt. Man benötigt einen Pullover, findet jedoch keinen passenden, möchte das entsprechende Budget aber auf jeden Fall nutzen. Letztendlich kauft man dann ein Kleidungsstück, das man gar nicht wirklich haben wollte. Oder jemand, der gerne ins Restaurant geht, verzichtet bis zum Monatsende auf den Restaurantbesuch, weil das entsprechende Budget bereits ausgereizt ist.

Diese Beispiele mögen zwar belanglos klingen, wenn sich derartige Situationen jedoch mehrfach bei verschiedenen „geistigen Konten“ wiederholen, kann dies dazu führen, dass das Wohlbefinden eines Verbrauchers aufgrund zu starrer Grenzen deutlich leidet. Schwerwiegender sind jedoch mögliche negative Folgen für die Vermögensverhältnisse einer Familie, wenn sich diese etwa zu hohen Zinsen Geld leiht, um in ein langfristiges Gut zu investieren, anstatt dafür auf einem Sparkonto geparkte Gelder zu verwenden.

Schlussendlich entscheidend ist daher, ein Gleichgewicht zwischen einem zu lockeren und einem übermäßig starren Budget zu finden. Richard Thaler rät Haushalten dazu, ausreichend flexible Budgets zu erstellen und diese regelmäßig zu überprüfen, um finanzielle Mittel so zuzuweisen, dass sie den Interessen der Familie am besten dienen.