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April 27, 2024

Anpassung an höhere Zinssätze

  Gesammelt von myLIFE team myINVEST Februar 12, 2024 208

Als Reaktion auf einen Inflationsschub stiegen die Zinssätze in den letzten zwei Jahren steil an – ein Signal für die Rückkehr zu wirtschaftlichen Bedingungen, wie sie in Europa und Nordamerika seit drei Jahrzehnten nicht mehr vorherrschten. Dies sorgte für Volatilität an den Finanzmärkten und ließ eine neue Investitionslandschaft entstehen. Höhere Zinssätze und das Ende einer Inflation von nahezu null dürften andere Anlageansätze und -strategien begünstigen. An diese Trendwende müssen sich die Anleger nun entsprechend anpassen*.

Der Zinsanstieg lässt sich auf eine auf mehreren Faktoren beruhende Inflation zurückführen. Zu nennen sind beispielsweise die Unterbrechung der Lieferketten im Zuge der Corona-Pandemie, eine möglicherweise zu lockere Geldpolitik über einen zu langen Zeitraum hinweg sowie steigende Rohstoffpreise aufgrund einer wiederauflebenden Nachfrage.

Wenngleich die Inflationsraten infolge der geldpolitischen Straffung sinken, sind viele Ökonomen der Ansicht, dass sie sich auf höherem Niveau einpendeln werden – vor allem im Vergleich zum Zeitraum zwischen der weltweiten Finanzkrise und 2020. Faktoren, die dazu beigetragen haben, die Preise niedrig zu halten (z.B. billige Waren aus China und der dort insgesamt kostengünstigere Arbeitsmarkt), werden in den kommenden Jahren wahrscheinlich nicht die gleiche deflationäre Wirkung haben.

Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass die Zinssätze wieder auf das Niveau des vergangenen Jahrzehnts von nahezu null zurückkehren. Die Finanzmärkte waren zuletzt über lange Zeit durch Niedrigzinsen geprägt, die in erheblichem Maße für eine günstige oder aber ungünstige Entwicklung der einzelnen Vermögenswerte verantwortlich waren. Anleger sollten ihre Portfolios entsprechend überprüfen und Anpassungen an das veränderte Umfeld erwägen.

Anstieg bei den Ersparnissen

Zu den offenkundigsten Veränderungen zählen höhere Sparzinsen. Über ein Jahrzehnt erhielten Sparer nur geringe oder gar keine Zinsen auf ihre Ersparnisse, während sie heute auf bis zu 4% hoffen können. Nach einer volatilen Phase an den Finanzmärkten scheinen stetige und scheinbar verlässliche Erträge in Kombination mit Kapitalerhalt (in Abhängigkeit von der künftigen Inflationsrate) durchaus attraktiv. Dies unterscheidet sich deutlich vom früheren Umfeld, in dem die Anleger regelrecht gezwungen waren, sich zur Erzielung einer Rendite am Aktienmarkt zu engagieren.

Obwohl die Inflation nachlässt, werden auf viele Sparkonten in der Eurozone nach wie vor Zinsen unterhalb der Preissteigerungsrate gezahlt, sodass die Sparer in Wirklichkeit Geld verlieren.

Doch selbst bei höheren Zinsen sind die Möglichkeiten von Bareinlagen begrenzt. Die Zinssätze für Sparkonten schwanken in Abhängigkeit von den Zentralbankzinsen, sodass die Höhe der Rendite nicht immer vorhersehbar ist. Wenn ein erheblicher Vermögensanteil in bar gehalten wird, können künftige Inflationsanstiege für die Anleger schmerzhaft sein. Obwohl die Inflation nachlässt, werden auf viele Sparkonten in der Eurozone nach wie vor Zinsen unterhalb der Preissteigerungsrate gezahlt, sodass die Sparer in Wirklichkeit Geld verlieren. Bargeld mag sich als kurzfristige Option oder für Notfälle eignen, doch wenn es darum geht, Vermögen auf lange Sicht zu mehren, bleiben die Finanzmärkte wohl weiterhin das Mittel der Wahl.

Bei Anleihen stehen die Anleger angesichts einer umgekehrten Renditekurve vor einem noch komplexeren Dilemma, sind die Renditen bei kurzen Laufzeiten doch höher als bei langen Laufzeiten. 2023 lagen die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen zumeist bei rund 2,5%, was nach Abzug der Inflation in der Eurozone eine negative Rendite bedeutete.

Geänderte Berechnungsweise bei Technologieaktien

Die neuen Bedingungen haben auch Folgen für die Aktienmärkte. Vom Niedrigzinsumfeld profitierten Unternehmen, die bis weit in die Zukunft ein hohes Wachstum prognostizieren konnten. Dies ließ sich insbesondere an der starken Entwicklung des Technologiesektors ablesen, wobei die US-Technologiegiganten allen anderen Anlagebereichen im letzten Jahrzehnt meist weit voraus waren.

Angesichts höherer Zinsen ist bei diesen Unternehmen nun eine andere Berechnungsweise erforderlich. Höhere Zinsen machen diese zukünftigen Cashflows möglicherweise weniger wertvoll. Die Anleger dürften eher Unternehmen bevorzugen, bei denen hohe kurzfristige Cashflows und Dividenden erwartet werden. Dies verdeutlichte bereits die kurzfristige Performance von Substanzwerten im Vergleich zu Wachstumswerten. Der MSCI Europe Value Index legte in den 12 Monaten bis November 2023 um 6,1% zu, verglichen mit 5,4% für den breiteren MSCI Europe Index.

In einem von einer höheren Inflation bestimmten Umfeld sind die Unternehmen auch mit höheren Kosten konfrontiert, beispielsweise für die Gehälter ihrer Beschäftigten, Industrieanlagen und -ausrüstung sowie Räumlichkeiten und Dienstleistungen. Um rentabel zu bleiben, müssen sie diese Kosten an ihre Kunden weitergeben können. In diesem Zusammenhang kann ein einzigartiges Produkt, eine führende Marktposition oder ein Markt mit hohen Eintrittsbarrieren zu einer stärkeren Preismacht verhelfen. Unternehmen, die undifferenzierte Produkte auf stark umkämpften Märkten verkaufen, dürften es schwerer haben.

Die Bedeutung starker Bilanzen und einer niedrigen Verschuldungsrate dürfte zudem steigen, wenn Inflation und Zinsen auf einem höheren Niveau verweilen als in der jüngeren Vergangenheit.

Die Auswirkungen der Unternehmensverschuldung

Die Bedeutung starker Bilanzen und einer niedrigen Verschuldungsrate dürfte zudem steigen, wenn Inflation und Zinsen auf einem höheren Niveau verweilen als in der jüngeren Vergangenheit. Die Kreditaufnahme ist teurer geworden, was die Rentabilität der Unternehmen wahrscheinlich beeinträchtigen wird. Gleichzeitig reagieren sie empfindlicher auf Marktschwankungen. Unternehmen mit soliden Bilanzen verfügen hingegen über mehr Möglichkeiten – sie können schwächere Mitbewerber aufkaufen, zum Erhalt ihres Marktanteils die Preise senken, oder zur Stärkung ihrer Produkte oder zu Expansionszwecken Investitionen tätigen.

Auch Dividenden können wertvoller werden, selbst wenn dies zunächst unlogisch klingt: Schließlich sind die Dividendenrenditen 2023 erstmals nach über einem Jahrzehnt unter die Renditen von Staatsanleihen gesunken. Allerdings können Dividenden im Gegensatz zu den Erträgen aus Anleihen im Laufe der Zeit wachsen. Höhere Dividendenerträge tragen zum Werterhalt einer Anlage nach einer inflationären Phase bei.

Es ist eine neue Investitionslandschaft entstanden, die es einfacher macht, Erträge aus risikoärmeren Anlagen wie Anleihen und Bargeld zu erzielen. Schnell wachsende Unternehmen, die ihr Wertpotenzial erst in der Zukunft entfalten werden, werden es in diesem Umfeld vermutlich schwerer haben. Hingegen dürften Unternehmen mit verlässlichen Dividenden, starken Bilanzen und einer geringen Verschuldung in der Anlegergunst steigen. Falls noch nicht geschehen, sollten Sie Ihr Anlageportfolio neu bewerten, um die positiven wie negativen Auswirkungen dieser Trendwende für Sie besser einschätzen zu können. Hier ist es besonders empfehlenswert, sich von einem Experten beraten zu lassen.

Wenngleich die Inflationsraten infolge der geldpolitischen Straffung sinken, sind viele Ökonomen der Ansicht, dass sie sich auf höherem Niveau einpendeln werden – vor allem im Vergleich zum Zeitraum zwischen der weltweiten Finanzkrise und 2020.

* Bitte beachten Sie, dass die bereitgestellten Informationen immer entsprechend Ihrer persönlichen Situation berücksichtigt werden müssen und sich im Falle von Gesetzesänderungen ändern können.