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November 20, 2024

Das Klimaproblem und die soziale Verantwortung im Zusammenhang mit einem Zweitwohnsitz

  Gesammelt von myLIFE team myHOME Januar 18, 2023 1204

Ferienhäuser hatten schon immer ihren Reiz als persönliche Rückzugsmöglichkeit an einem schönen Ort, meist in einer warmen und sonnigen Gegend, in der Nähe eines Skigebiets oder in einer Stadt im Ausland. Sie sind unkomplizierte Ausflugsziele, Orte der augenblicklichen Entspannung und für manche Eigentümer außerdem eine Quelle regelmäßiger Mieteinkünfte, mit denen sich zumindest ein Teil der Kosten decken lässt. Heute müssen Anleger, die sich eine Zweitimmobilie zulegen, bei der Entscheidung über deren Art und Standort allerdings auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen.

Während der Corona-Pandemie stieg die Nachfrage nach Zweitwohnsitzen sprunghaft an. Vor allem diejenigen, die in einer Wohnung wohnten, fühlten sich in der Stadt eingeengt. Telearbeit und die damit verbundene Möglichkeit, von überall aus zu arbeiten, boten hingegen mehr Bewegungsfreiheit. Nach Aufhebung der Lockdown-Beschränkungen 2022 ebbte der Nachfrageanstieg auf dem Immobilienmarkt leicht ab, und in einigen Branchen erwies sich das Arbeitsumfeld nach der Pandemie als nicht so flexibel wie ursprünglich angenommen. Trotzdem steht ein Zweitwohnsitz für viele Familien nach wie vor weit oben auf der Wunschliste.

Es setzt sich allerdings die Erkenntnis durch, dass Zweitwohnsitze sowohl einen ökologischen als auch einen gesellschaftlichen Preis haben können. Den Kaufinteressenten wird daher allmählich klar, dass sie auf Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel achten müssen: Eine Strandvilla in Florida könnte in einigen Jahren unter Wasser stehen, und der Ausblick aus einer Skihütte fällt vielleicht bald nur noch auf nackte Felsen. Ein Wohnhaus aus Glas und Beton in der Innenstadt könnte künftig inmitten einer Hitzezone stehen.

Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass Zweitwohnsitze sowohl einen ökologischen als auch einen gesellschaftlichen Preis haben können.

Die CO2-Bilanz

Hinzu kommt die CO2-Bilanz von Hin- und Rückreisen, vor allem, wenn diese mit dem Flugzeug erfolgen und das Ferienhaus mehrmals im Jahr genutzt wird. Auch bei Autofahrten summieren sich die Emissionen. In Frankreich gibt es 3,4 Millionen Zweitwohnsitze, die jedes Jahr zu zahlreichen klimaschädlichen Reisen führen. In Ländern wie Italien, Spanien und Portugal sieht es nicht besser aus.

Bei den Superreichen, die meist mehrere Häuser in verschiedenen Teilen der Welt besitzen, ist der potenzielle Schaden für die Umwelt noch größer. Untersuchungen der Versicherungsgesellschaft AIG haben ergeben, dass die vermögendsten US-Bürger bis zu neun Wohnsitze in verschiedenen anderen Ländern besitzen. Häufig erreichen sie diese mit der klimaschädlichsten Reiseform – nämlich mit einem Privatjet.

Darüber hinaus haben Zweitwohnsitze auch gesellschaftliche Auswirkungen. Einige Gemeinden in Europa sind außerhalb der Hauptreisezeit zu Geisterstädten geworden, weil die meisten Hauseigentümer nur nicht das ganze Jahr über dort wohnen. Dies wirkt sich negativ auf die lokale Wirtschaft aus und führt außerdem dazu, dass Wohnraum im Verhältnis zu den in der Region gezahlten Gehältern nicht mehr erschwinglich ist.

In einigen Ländern werden Zweitwohnsitze – ebenso wie kurzzeitig vermietete Objekte, bei denen es sich um dieselben Immobilien handeln kann – für ihren zerstörerischen Einfluss auf die Gemeinden kritisiert, denn sie schwächen den gesellschaftlichen Zusammenhalt dort. In manchen Staaten ist es auch problematisch, zwei Wohnimmobilien zu besitzen, wenn gleichzeitig eine allgemeine Knappheit an bezahlbarem Wohnraum herrscht.

Für viele ist das nicht Grund genug, um auf ihren Traum vom eigenen Ferienhaus zu verzichten. Immobilieneigentum könnte dadurch allerdings teurer werden. Europäische Staaten sind sich der Problematik im Zusammenhang mit dem unregulierten Zweitimmobilienbesitz zunehmend bewusst. Sie erheben höhere Steuern und Kreditgeber verschärfen ihre Kriterien. Die finanziellen Auswirkungen bekommen Hauseigentümer womöglich deutlich zu spüren – besonders dann, wenn sie nicht verantwortungsvoll handeln.

Verantwortungsvoller Umgang mit Wohneigentum

Es gibt Mittel und Wege, verantwortungsvoller mit einem Zweitwohnsitz umzugehen, zum Erhalt der Regionen beizutragen, die man ins Herz geschlossen hat, und lokale Kontakte zu knüpfen, ohne die Einheimischen zu benachteiligen oder gegen sich aufzubringen. Diese Maßnahmen könnten auch dazu beitragen, unerwartet hohe Kosten zu vermeiden, die entstehen, wenn Staaten gegen nicht ortsansässige Immobilienbesitzer vorgehen.

Der vielleicht wichtigste Schritt ist es, sich so viel wie möglich in die Gemeinschaft vor Ort einzubringen.

Der vielleicht wichtigste Schritt ist es, sich so viel wie möglich in die Gemeinschaft vor Ort einzubringen. Für die ständigen Einwohner ist es wahrscheinlich besonders lästig, wenn Neuankömmlinge eine Immobilie hauptsächlich zur Vermietung als Ferienhaus kaufen, denn diese wird dann vielfach von zahlreichen rücksichtslosen Kurzzeitbesuchern genutzt, die oft viel Lärm verursachen. Seit dem Aufkommen von Airbnb hat sich dieses Problem deutlich verschärft. Im Hinblick darauf ist es hilfreich, ein Haus zu kaufen, das Sie regelmäßig nutzen möchten, und das sich in einer Gegend befindet, in der Sie – zumindest gelegentlich – am Leben vor Ort teilnehmen können.

Ebenso wichtig ist die Verkehrsanbindung. Wenn sich ein Ferienhaus realistisch betrachtet nur mit dem Flugzeug erreichen lässt, das große Mengen an CO2-Emissionen verursacht, entstehen dadurch fortwährende Klimakosten durch Treibhausgasemissionen. Aus ökologischer Sicht ist es deutlich sinnvoller, sich für eine Immobilie an einem Standort zu entscheiden, der mit dem Auto (idealerweise einem Elektrofahrzeug) oder, noch besser, mit dem Zug erreichbar ist.

Revitalisierung ungenutzter Immobilien

Wenn Sie ein neues Haus bauen oder ein baufälliges Haus sanieren, anstatt eine Bestandsimmobilie zu kaufen, entziehen Sie dem Markt keinen Wohnraum. In ganz Europa gibt es Förderprogramme für den verantwortungsvollen Wohnungsbau, die dabei helfen können, die Errichtung oder Renovierung eines Zweitwohnsitzes zu finanzieren.

Beispielsweise hat die italienische Regierung 2020 ein ehrgeiziges Programm aufgelegt, das es Hausbesitzern ermöglicht, Maßnahmen zur energetischen Sanierung zu 110% über Steuererleichterungen zu finanzieren. Zudem haben dortige Gemeinden Immobilien in strukturschwachen Dörfern zu einem äußerst niedrigen Preis an ausländische Interessenten verkauft oder sogar verschenkt, wenn diese sich dafür engagieren, bei der Revitalisierung von unter Einwohnerschwund leidenden Orten zu helfen. In Frankreich wird für Arbeiten im Zusammenhang mit der Modernisierung, dem Umbau und der Sanierung von Wohngebäuden ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz erhoben, der sogar noch niedriger ausfällt, wenn diese Arbeiten der Energieeinsparung dienen.

Es wird jedoch auch immer wichtiger für Käufer, sicherzustellen, dass der von ihnen gewählte Zweitwohnsitz nicht in einem gefährdeten Gebiet liegt. Große Teile der Welt – darunter auch Regionen in Europa – sind durch die Veränderung der Wetterlagen beträchtlichen Risiken etwa durch Überschwemmungen, Dürren und einen steigenden Meeresspiegel ausgesetzt.

Kanada, Deutschland und Japan zählen zu den zehn Ländern, die vom Klimawandel voraussichtlich am stärksten betroffen sein werden. Im Juli 2021 kam es in Deutschland zu katastrophalen Überschwemmungen, bei denen fast 200 Menschen ums Leben kamen, und zwischen Dezember 2023 und Januar 2024 wurden in einigen Gebieten des Landes die höchsten Niederschlagsmengen seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881 registriert. In Frankreich, Griechenland, Spanien und Portugal kommt es im Sommer immer häufiger zu Waldbränden und Dürren, die auch einige beliebte Urlaubsregionen betreffen.

Zwar ist ein Zweitwohnsitz für viele Familien ein lang gehegter Wunsch, doch die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen lassen sich nicht länger ignorieren. Eine Möglichkeit zur Lösung dieser Probleme ist ein verantwortungsvoller Eigentumsansatz, der darauf ausgerichtet ist, eine zusätzliche Klimabelastung zu vermeiden, und der Regionen sowie Gemeinden vor Ort Vorteile bringt.