Ersparnisse bei negativen Zinssätzen – was tun?
Unter Ersparnissen versteht man in der Regel den Anteil unseres zurückgelegten Geldes, das sicher auf einem Bankkonto angelegt ist. Und bisher ging man davon aus, dass das gesparte Kapital allmählich und risikolos anwächst, solange man es einfach liegen lässt. Doch dies trifft nicht mehr zu, seitdem einige Finanzinstitute negative Zinssätze auf Ersparnisse eingeführt haben. Das heißt mit anderen Worten, dass Sie mitunter Gebühren für Ihre Einlagen liquider Mittel zahlen müssen. Wie kommt das, und wie können Sie reagieren, wenn es Sie betrifft?
Könnten Beträge auf Ihrem Sparkonto in Luxemburg demnächst unter einem negativen Zinssatz zu leiden haben? Die Antwort lautet: Ja. Um das zu verstehen, muss man sich in Erinnerung rufen, dass Ihre Bank Geld verdient mit der Zinsdifferenz zwischen den Einlagen auf ihren Konten und den Krediten, die sie vergibt.
Sparzinsen und Kreditzinsen
Einfach ausgedrückt konzentriert sich die traditionelle Tätigkeit einer Bank auf die Vermittlung und die Geldtransformation. Auf der einen Seite vereinnahmt die Bank kurzfristige Einlagen, die sie mit einem bestimmten Zinssatz vergütet. Auf der anderen Seite vergibt sie längerfristige Kredite zu einem höheren Zinssatz. Durch die Wahrnehmung dieser Rolle als Vermittler zwischen Einlegern und Kreditnehmern erhalten die Banken eine Vergütung aus der Differenz zwischen den Zinsen, die sie auf die Kredite erhalten, und denen, die sie auf Einlagen zahlen.
Dieses Modell funktioniert solange, wie die Differenz zwischen dem Sparzins und dem Kreditzins ausreichend groß ist, um dem Finanzinstitut zu ermöglichen, seine Risiken im Zusammenhang mit Ausfällen bei den vergebenen Krediten zu decken und letztendlich noch Geld zu verdienen. In einer Zeit niedriger Zinssätze schrumpfen die Zinsspannen. In einer Zeit negativer Zinssätze werden ohne die Übertragung dieser Zinssätze auf die Kundeneinlagen auch die Zinsspannen negativ. Wenngleich die Banken eine solche Situation vorübergehend aushalten können, nimmt sie mittelfristig schnell einen destruktiven Charakter an. Nun befinden wir uns aber in der Eurozone seit Juni 2014 in genau so einem Szenario.
Die Zinssätze für einen Sparer in Euro sind nicht niedrig, sondern negativ. Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das noch lange so bleiben wird.
Negative Zinssätze sind bereits Realität
In Finanz- und Wirtschaftskreisen löst heute jede Diskussion über Zinssätze zahlreiche Klagen über deren Schwäche aus. Tatsächlich ist dies im Grunde genommen jedoch nicht korrekt. Die Zinssätze für einen Sparer in Euro sind nicht niedrig, sondern negativ. Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das noch lange so bleiben wird.
Bei einem potenziellen Wirtschaftswachstum, das nur zum Teil ein mangelndes Bevölkerungswachstum widerspiegelt, und einer Anhäufung von Schulden durch die öffentliche Hand werden die Zentralbanken (und insbesondere die Europäische Zentralbank EZB) sehr akkommodierend bleiben müssen. Seit den 1970er-Jahren besteht die Hauptaufgabe der Zentralbanken darin, den Anstieg der Inflation zu begrenzen. Seit der Finanzkrise von 2008 ist auch die Bekämpfung des Gespensts der Deflation eine Priorität geworden.
Trotz der quantitativen Lockerung und des massiven Kaufs von Schuldverschreibungen durch die Zentralbanken ist nach wie vor keine Inflation in Sicht. Die ursprünglich nur als Übergangslösung geplante Politik der Festlegung des Referenzzinssatzes im negativen Bereich durch die EZB im Juni 2014 sollte die Nachfrage stimulieren und produktive Investitionen ankurbeln. Dennoch fehlt von der Inflation weiter jede Spur. Unter diesen Bedingungen wird der Kern des Geschäftsmodells traditioneller Banken infrage gestellt.
Denn es sind nicht die Banken, die willkürlich den Zinssatz für die Vergütung von Einlagen festlegen, sondern vielmehr die EZB bei der Steuerung ihrer Geldpolitik über den Referenzzinssatz. Und angesichts der derzeitigen Lage müssen die Banken reagieren, und zwar gar nicht mal, um mehr Geld zu verdienen, sondern um keines mehr zu verlieren.
Wie werden die Banken reagieren?
Angesichts des negativen Referenzzinssatzes arbeiten alle Banken daran, die liquiden Mittel, die auf ihren Konten hinterlegt sind, zu reduzieren. Denn es kostet sie mittlerweile etwas, ihr Geld bei der Zentralbank anzulegen – dort, wo es ihnen früher etwas einbrachte. Doch wie baut man diese liquiden Mittel ab?
Die Wiedereinführung der quantitativen Lockerung durch die EZB im September 2019 hat in hohem Maße zum fast völligen Verschwinden der Alternativen für die traditionelle Geldtransformation beigetragen, die Banken zur Verfügung stehen. Umwandeln der Fälligkeiten durch die Wiederanlage in Anleihen mit längeren Laufzeiten oder Umwandeln der Kreditqualität durch Wiederanlage von Anleihen privater Unternehmen ist durch das Versiegen von Gelegenheiten und durch aufsichtsrechtliche Sachzwänge praktisch unmöglich geworden. Für die Banken ähnelt die Suche nach positiven Renditen heute der Suche nach Ostereiern, wenn die Kinder schon am Vortag suchen durften. Da ist fast nichts mehr übrig!
Die Banken haben im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:
- Ihre Kunden erfolgreich davon überzeugen, ihr Geld auf den Märkten anzulegen, statt es auf einem Sparkonto schlummern zu lassen. Damit lassen sich die auf ihren Konten hinterlegten liquiden Mittel reduzieren.
- Die negativen Zinssätze auf die Einlagen ihrer Kunden anwenden, um eine akzeptable Zinsdifferenz zu erhalten, damit sie ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen können.
Während die erste Option klar die bevorzugte ist, ist die zweite diejenige, die Schritt für Schritt umgesetzt wird, wenn es den Banken in einem dauerhaften Negativzinsumfeld nicht gelingt, die bei ihnen hinterlegten liquiden Mittel hinreichend zu reduzieren.
Gar nicht so neu, wie es scheint
Für den Sparer hat die Anwendung eines negativen Zinssatzes einen psychologisch störenden Charakter. Warum sollten wir unser Erspartes bei der Bank hinterlegen, wenn uns das Geld kostet? In Wirklichkeit hat es dies in der Vergangenheit schon mehrfach gegeben, auch wenn die meisten von uns sich dessen gar nicht bewusst waren und dem erlegen sind, was man die Geldwertillusion nennt.
Historisch betrachtet fällt es nicht schwer zu erkennen, dass die reale Rendite von Sparguthaben schon über mehrere Zeiträume negativ war.
Worum geht es? Ziel des Verzichts auf sofortigen Konsum ist es, von einem vergüteten künftigen Konsum zu profitieren. Historisch betrachtet fällt es nicht schwer zu erkennen, dass die reale Rendite (nach Abzug der Inflation) von Sparguthaben schon über mehrere Zeiträume negativ war. Wenn Ihnen Ihr Erspartes über ein Jahr beispielsweise 2% einbringt, die Preise aber im selben Zeitraum um 2,5% steigen, ist die reale Rendite Ihrer Ersparnisse negativ. Anders ausgedrückt bedeutet Geldwertillusion zu glauben, dass Sie zwangsweise reicher sind, weil der Betrag auf Ihrem Konto gestiegen ist. Unser Beispiel zeigt, dass das nicht unbedingt stimmt. Dennoch sollte man sich nicht mit einer Situation abfinden, nur weil sie nicht neu ist.
Was soll der Sparer tun?
Es gehört nicht zu den Aufgaben einer Website wie myLIFE, Ihnen zu sagen, was Sie mit Ihrem Ersparten tun sollen. Andererseits können wir dem Sparer und dem Anleger raten, nicht in einer aufschiebenden Haltung zu verharren. Das Warten auf eine eventuelle Anhebung der Zinssätze, bevor man handelt, könnte zu einer Anhäufung der damit verbundenen Opportunitätskosten führen. Sich der Realität zu verweigern, ist noch schlimmer. Negative Zinsen sind eine Realität, und Ihre Bank könnte sie in mehr oder weniger naher Zukunft an Sie weitergeben, sofern das nicht schon geschehen ist. Denn das Beibehalten einer positiven Vergütung oder einer Vergütung von null auf klassische, liquide und risikolose Sparguthaben kostet die Finanzintermediäre Geld. Ihr wirtschaftliches Überleben verbietet ein unbegrenztes Subventionieren von Sparern.
Statt sich von einem negativen Zinssatz abstrafen zu lassen, sollten Sie mit Ihrem Kundenbetreuer Ihre Situation besprechen, um Lösungen zu finden, die besser auf Ihre Projekte und Ihr Anlegerprofil abgestimmt sind.
Was können Sie tun, wenn Sie über bedeutende liquide Mittel in Form von Einlagen bei Ihrer Bank verfügen? Statt sich von einem negativen Zinssatz abstrafen zu lassen, sollten Sie mit Ihrem Kundenbertreuer Ihre Situation besprechen, um Lösungen zu finden, die besser auf Ihre Projekte und Ihr Anlegerprofil abgestimmt sind. Neben Spar- und Kreditlösungen bieten Universalbanken Ihren Kunden auch professionelle alternative Lösungen zum traditionellen Sparen an. Sie verfügen über Produkte und Dienstleistungen, die auf eine zweckmäßige Diversifizierung Ihres Vermögens zugeschnitten sind. Denken Sie daran!