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Dezember 22, 2024

Fake News im Finanzbereich: Wie man sie erkennt und sich davor schützt

Vor einer Investitionsentscheidung ist es essenziell, sich gut zu informieren und sicherzustellen, dass diese Entscheidung nicht von Fake News beeinflusst wird. Das ist umso wichtiger, als Fake News im Bereich Finanzen mitunter äußerst ausgefeilt und daher schwer zu erkennen sind. Kein Grund zur Panik – myLIFE erklärt, wie man diesen Falschinformationen auf die Schliche kommt und sich vor ihnen schützt.

Das Wichtigste in Kürze

    • Fake News hat es schon immer gegeben. Neu ist allerdings die Geschwindigkeit, mit der sie sich verbreiten, was den digitalen Verbreitungskanälen und den sozialen Medien geschuldet ist.
    • Da sie immer ausgefeilter werden und mitunter nur schwer zu erkennen sind, können Fake News im Finanzbereich schwerwiegende Auswirkungen auf Unternehmen und Anleger haben. Letztere sind am anfälligsten für Falschinformationen. Daher ist es ganz wichtig zu lernen, die Mechanismen dieser Fake News zu erkennen und sich vor ihnen zu schützen.
    • Unser Gehirn verwechselt das Simple mit dem Wahren. Je stärker eine Nachricht verbreitet wird, desto wahrer wirkt sie.
    • Emotionen (Panik oder Aufregung) sind schlechte Ratgeber, weil sie unüberlegte Überreaktionen begünstigen. Genau das ist das Ziel derjenigen, die Fake News verbreiten.
    • Digitale Algorithmen verstärken Fake News, indem sie wie Echokammern für die Informationen wirken, die in Ihrem Bekanntenkreis geteilt werden.
    • Um sich vor Fake News zu schützen, muss es gelingen, den Teufelskreis aus emotionalen Reflexen und Ansteckungsgefahr zu durchbrechen. Das bedeutet auch, dass ohne vorherige Überprüfung keine Information geteilt werden sollten.

Heute ist jeder mit dem Begriff „Fake News“ vertraut, der sich mit „Falschinformation“ übersetzen lässt (im Französischen auch als „Infox“ bekannt, eine Verschmelzung der Wörter Information und Intoxikation). Dieser im digitalen Zeitalter entstandene Begriff hat verschiedene Bedeutungen. Im ursprünglichen Sinne bezieht er sich auf Desinformation, also die vorsätzliche Verbreitung von falschen, inkorrekten oder irreführenden Informationen mit der Absicht, einer Person oder einer Gesellschaft zu schaden, Meinungen zu beeinflussen oder sich auf betrügerische Weise zu bereichern. Doch auch Misinformation gilt als Fake News, also die unbeabsichtigte, versehentliche oder übereilte Verbreitung von Falschinformationen. Fake News gibt es zwar nicht erst seit gestern; sie verbreiten sich jedoch schneller denn je. Dies lässt sich mit der starken Zunahme digitaler Verbreitungskanäle wie sozialer Netzwerke erklären, aber auch mit immer mehr „Trollfabriken“, die politische oder wirtschaftliche Ziele verfolgen und vorsätzlich Falschinformationen erzeugen.

2022 waren 70% der Europäer regelmäßig mit Fake News konfrontiert. Davon sahen sich nur 12% in der Lage, Fake News von Fakten unterscheiden zu können.

Im digitalen Zeitalter, in dem alles schneller geht, neigen wir fast alle dazu, als sensationell betrachtete Informationen weiter zu verbreiten, ohne uns die Mühe zu machen, ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Das führt dazu, dass sich Fake News ebenso schnell verbreiten wie Viren und viele Menschen infizieren, bevor sie überprüft und für falsch erklärt werden. Von ihrem Einfluss auf Wahlergebnisse bis hin zu ihren Auswirkungen auf das Gesundheitsverhalten – der negative Effekt der Fake News steht außer Frage. Das geht so weit, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) während der Pandemie sogar von Infodemie sprach, um auf die Ähnlichkeit mit der Ausbreitung des Coronavirus selbst anzuspielen. Laut der als äußerst seriös geltenden Statistik-Website Statista waren 2022 70% der Europäer regelmäßig mit Fake News konfrontiert. Zugleich sahen sich nur 12% davon in der Lage, eine Falschinformation von einem Fakt unterscheiden zu können.

Fake News im Finanzbereich: Beispiele zur Veranschaulichung

Auch in der Finanz- und Anlagewelt gibt es Fake News, die schwerwiegende Auswirkungen auf Unternehmen und Anleger haben können. Da sie immer ausgefeilter werden, lassen sie sich mitunter nur schwer erkennen. Es kann sich um falsche Pressemitteilungen, in großem Stil verbreitete Gerüchte, falsche Ratschläge von Pseudo-Experten, Finanzgeschwätz uvm. handeln. Selbst seriösen Presseagenturen fällt es gelegentlich schwer, Fake News zu erkennen. Das zeigen einige Beispiele, die die Märkte in den vergangenen Jahren erschüttert haben.

    • Am Dienstag, den 22. November 2016, erhielten die Agenturen Bloomberg, AFP, Reuters und weitere Presseorgane per E-Mail eine Mitteilung, die allem Anschein nach von der Pressestelle der Vinci-Gruppe kam. In dem Dokument, das die Signatur der Pressestelle des Unternehmens trug, wurden massive Veruntreuungen von Geldern sowie die Entlassung des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und des Finanzchefs mitgeteilt. Alles wirkte authentisch, und die Information wurde noch am selben Tag von den Medien weiter verbreitet. Die unmittelbare Konsequenz an der Börse war, dass der Kurs von Vinci innerhalb von wenigen Minuten um fast 20% einbrach, bevor die Mitteilung von den zuständigen Stellen bei Vinci vehement dementiert wurde. Doch es war zu spät: Sieben Milliarden Euro hatten sich im Zuge der Turbulenzen an der Börse in Luft aufgelöst – wegen eines falschen Dokuments. Schlimmer noch war, dass der Kurs sein Niveau bis zum Ende des Tages nicht wieder erreichen konnte und trotz des ebenfalls weit verbreiteten Dementis im Minus schloss.
    • Im Frühjahr 2022 schnellte der Kurs von Lithium Corporation in nur einer halben Stunde um 250% in die Höhe, nachdem eine falsche Mitteilung verbreitet worden war, in der die Übernahme des US-Start-ups durch Tesla angekündigt wurde. Elon Musk, der Chef des US-Autobauers, hatte sich zwar auf Twitter zu der Notwendigkeit geäußert, seine Versorgung mit Lithium sicherstellen zu müssen, hatte aber niemals Kontakt zu dem Start-up. Sawyer Merritt, einer der besten Kenner von Tesla, hallte die Falschinformation weiter verbreitet, ohne sie zu überprüfen, und die Zahl der Transaktionen mit dem Wertpapier verhundertfachte sich im Laufe des Tages. Diese Desinformation hat ihren Autoren gute Dienste geleistet: Sie hatten Aktien des Unternehmens gekauft, bevor sie das Gerücht in Umlauf brachten.
    • Da Fake News äußerst lukrativ sein können, haben sich einige Unternehmen darauf spezialisiert, solche Falschinformationen für skrupellose Kunden zu verfassen. So wurden 2017 mehrere Autoren der unabhängigen Plattform für Finanzinformationen Seeking Alpha von Unternehmen der Dark Communication angesprochen. Diese boten ihnen eine Bezahlung für die Veröffentlichung von Artikeln an, in denen bestimmte Finanzwerte fälschlicherweise angepriesen wurden. Der Betrug wurde dank eines Whistleblowers aufgedeckt, der für die Plattform arbeitete.

Zahlreich große Unternehmen wie Bank of America, General Electric, Pfizer, Intel, Shell, Google oder BlackRock sind bereits Opfer von mehr oder weniger gut ausgearbeiteten Fake News geworden. Wenngleich dies durchaus reale Konsequenzen hat, normalisiert sich die Situation in den meisten Fällen glücklicherweise recht schnell wieder. Dennoch gibt es gelegentlich erhebliche finanzielle Auswirkungen. Es ist allerdings wesentlich schwieriger, die Anzahl der Fälle und die Auswirkungen von Fake News zu bestimmen, von denen kleinere Unternehmen betroffen sind. Die Betrüger wissen sehr wohl, dass ihre Fake News bessere Chancen haben, nicht auf dem Radar zu erscheinen, wenn sie weniger bekannte Unternehmen betreffen. Das verschafft ihnen mehr Zeit, um Anleger zu täuschen, bevor sie ertappt werden.

Durch die Demokratisierung und die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz werden Fake News immer ausgefeilter, vor allem, wenn sie in Form von Bildern auftauchen. Im Mai 2023 wurden die Finanzmärkte in den USA von einer visuellen Falschinformation erschüttert, die von KI generiert worden war. Das Bild zeigte dicken schwarzen Rauch in der Nähe des Pentagon-Gebäudes. Dieses Bild war von den russischen Staatsmedien RT und von Benutzern, die widerrechtlich die Namen anerkannter Informations-Websites wie etwa Bloomberg verwendeten, massiv auf Twitter verbreitet worden. Als das Bild viralen gegangen war, verzeichnete der S&P 500, einer der bedeutendsten US-Börsenindizes, vorübergehend ein Minus von 0,26%. Anschließend erholte sich der Markt schnell wieder, als klar wurde, dass das Bild gefälscht war, und offizielle und überprüfte Dementis kursierten.

Privatanleger sind besonders anfällig. Umso wichtiger ist es für sie, die Mechanismen von Fake News kennen, um sich vor ihnen zu schützen.

Wie diese Beispiele zeigen, haben Fake News durchaus reale Auswirkungen auf den Markt. Glücklicherweise sind diese oft nur vorübergehend und dauern nur so lange an, bis die Marktexperten die Informationen überprüft haben. In der Zwischenzeit können bestimmte Unternehmen allerdings sehr viel Geld verlieren, und das Teilen in sozialen Netzwerken ohne vorherige Überprüfung Privatanlegern erheblich schaden. Ein Anleger, der in Panik gerät, könnte verkaufen und schwere Verluste erleiden, wenn er nicht hinreichend starke Nerven hat, um einen vorübergehenden Rückgang seiner Anlagen auszuhalten und die Korrektur des Marktes im Zuge der Überprüfung der Informationen abzuwarten. Privatanleger sind am anfälligsten für Fake News. Deshalb ist es wichtig, die Mechanismen dieser Falschinformationen zu kennen, um sich davor zu schützen.

Wie werden wir mit Fake News infiziert?

Warum können Fake News so großen Schaden anrichten? Sie werden über das Internet massenhaft sehr schnell verbreitet. Angesichts des extrem schnellen Teilens und Weiterleitens dieser Informationen erliegt unser Gehirn dem sogenannten Wahrheitseffekt: Vertrautes und Faktisches werden durcheinander gebracht. Etwas wiederholt zu hören, steigert das Gefühl der Vertrautheit. Unser Gehirn verwechselt also das Simple mit dem Wahren: Wiederholte Behauptungen werden tendenziell als Tatsachen wahrgenommen, auch wenn sie tatsächlich falsch sind. Je stärker eine Falschinformation verbreitet wird, desto wahrer wirkt sie also.

Leider wird dieses Phänomen durch digitale Algorithmen noch verstärkt, da sie tendenziell Meinungen polarisieren und wie Echokammern für die Informationen wirken, die in Ihrem Bekanntenkreis geteilt werden. Diese Algorithmen vervielfachen das Teilen von Fake News, was deren Wahrnehmung als Tatsachen noch verstärkt. Es ist schwierig, sich dem zu entziehen, sofern man nicht die Anstrengung unternimmt, eine solche, immer wieder geteilte, vermeintliche Wahrheit infrage zu stellen.

Ob es darum geht, den Misserfolg eines Unternehmen oder seine Übernahme mitzuteilen – die überzeugendsten und am meisten geteilten Fake News sind in der Regel diejenigen, die Emotionen wie Angst, Wut oder Aufregung erzeugen. Solche Emotionen sind schlechte Ratgeber, weil sie unüberlegte Überreaktionen begünstigen. Genau das ist das Ziel derjenigen, die Fake News verbreiten.

Eine Falschinformation kann, auch wenn sie dementiert wird, mitunter einen massiven und dauerhaften Zweifel in Ihrem Gehirn säen.

Nicht nur ist es schwer, hier eine gewisse Distanz zu wahren; diese Emotionen besitzen außerdem die Kraft, eine Information tief in unserer Erinnerung zu verankern. So kann eine Falschinformation, auch wenn sie dementiert wird, mitunter einen massiven und dauerhaften Zweifel in Ihrem Gehirn säen – beispielsweise in Bezug auf die finanzielle Solidität eines Unternehmens. Das kann soweit gehen, dass man trotz Richtigstellung nicht mehr in dieses Unternehmen investieren will.

Mit welchen Techniken kann man sich vor Fake News schützen?

Es ist möglich zu lernen, den schädlichen Einfluss von Fake News zu erkennen und sich davor zu schützen, wenn man sich einige Ratschläge zu Herzen nimmt.

    • Lernen Sie, zu entschleunigen. Das ist der einfachste und zugleich der wichtigste Rat, den man befolgen sollte. Indem sie unsere Emotionen ansprechen, wenden sich Fake News an unser „automatisches“ und primitives Gehirn, das schnell überreagiert und irrationale Entscheidungen trifft. Die Lösung? Sich Zeit nehmen, um die Informationen, die einem unterbreitet werden, zu analysieren und zu prüfen. Lassen Sie sich nicht von der gefühlten Notwendigkeit vereinnahmen, um jeden Preis Ihre Positionen auflösen zu müssen, nur weil eine schlechte Nachricht aus dem Nichts aufgetaucht ist.
    • Bewahren Sie einen kühlen Kopf und lernen Sie, Ihre Reaktionen zu verstehen. Die meisten Fake News sind so konzipiert, dass sie starke emotionale Reaktionen auslösen, wie etwa Angst oder Wut. Wenn eine Information derartige Gefühle in Ihnen auslöst, zwingen Sie sich zu einer kritischen Haltung: Warum wurde diese Geschichte geschrieben und wer verbreitet sie? Wirbt sie für ein Programm oder eine bestimmte Anlage? Welches reale Risiko stellt sie für meine Anlagen dar? Wem nützt „das Verbrechen“?
    • Lernen Sie, das Simple vom Wahren zu unterscheiden. Nur weil eine Information, die weit verbreitet und kommentiert wird, Ihnen plausibel vorkommt und mit Ihrer Meinung in Einklang zu stehen scheint, ist sie noch nicht wahr. Das hängt mit dem fluiden Denken zusammen, das es einer Person ermöglicht, eine Information besser anzunehmen. Dies ist aber in keiner Weise gleichbedeutend mit Wahrheit. Hinterfragen Sie sich grundsätzlich selbst, wenn es allzu einfach wirkt, eine Information anzunehmen, die starke Emotionen in Ihnen auslöst.

Nur weil eine Information, die weit verbreitet und kommentiert wird, Ihnen plausibel vorkommt und mit Ihrer Meinung in Einklang zu stehen scheint, ist sie noch nicht wahr.

    • Sie sollten keine Information teilen oder weiterleiten, ohne sie zu überprüfen. Fake News haben eine umso größere Tragweite und beeinträchtigen die Märkte umso stärker, je massiver sie verbreitet werden, ohne infrage gestellt zu werden. Um eine Falschinformation zu stoppen, muss man den Ansteckungszyklus unterbrechen. Wie? Indem man eine Information immer überprüft, bevor man sie teilt. Dies nützt nicht nur Ihrem eigenen Anlageportfolio, sondern auch dem Markt als Ganzes.
    • Impfen Sie sich, um sich besser zu schützen. Fake News verbreiten sich rasant und infizieren Personen und Märkte wie Viren. Doch so wie gegen ein Virus kann man sich auch gegen Fake News mit einer Impfung schützen. So lautet zumindest die These des internationalen Spezialisten für Fake News Sander Van der Linden, der erklärt, dass man sich gegen Fake News impfen kann, indem man sich kleinen Mengen von ihnen aussetzt. Sie wissen von einer Falschinformation? Stellen Sie sich ihr und versuchen Sie zu verstehen, warum sie so gut funktioniert hat, indem Sie kritisch denken und zurückverfolgen, in welcher Chronologie die Information geteilt wurde und gewirkt hat.
    • Prüfen Sie Ihre verschiedenen Quellen und gleichen Sie sie miteinander ab. Suchen Sie immer nach der primären Quelle der Information und machen Sie nicht Halt bei der letzten Weiterleitung durch Ihren Kollegen oder Ihren Cousin. Die Website, von der die Information stammt, der Autor, das Konto des Autors und andere Dinge wie etwa Fehler ermöglichen es Ihnen, eine Falschinformation zu erkennen.
    • Nutzen Sie Faktencheck-Websites. Es gibt heute zahlreiche Websites, die es ermöglichen, den Wahrheitsgehalt von Informationen zu überprüfen, sowohl in Texten als auch in Bildern. Diese sollten Sie ausgiebig nutzen.
    • Wenden Sie sich an einen Experten. Sie können die potenzielle Auswirkung einer Information nicht beurteilen und wissen nicht, wie Sie reagieren sollen? Rufen Sie Ihren Kundenbetreuer an! Finanzexperten sind mit der schädlichen Wirkung von Fake News vertraut und geübt darin, sie zu erkennen. Immer mehr Finanzinstitute sind zudem mit KI-Tools ausgestattet, mit denen sich Fake News aufdecken lassen. Zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen, bevor Sie in Panik irgendetwas mit Ihren Finanzanlagen unternehmen.

Sie wissen nun, dass Fake News in der Finanzwelt durchaus real sind und großen Schaden anrichten können. Was man sich unbedingt merken sollte, ist, wie wichtig es ist, den Teufelskreis aus emotionalen Reflexen, Ansteckungsgefahr und unreflektiert geteilten Nachrichten zu durchbrechen. Das ist hilfreich, um sich selbst zu schützen, aber auch, um andere Marktteilnehmer vor Schaden zu bewahren. Das Verinnerlichen der richtigen Reflexe ist sowohl eine Frage der gemeinschaftlichen Verantwortung als auch einzelner Interessen. Bleiben Sie bei Sensationsmeldungen ruhig, legen Sie eine Pause ein und nehmen Sie sich die Zeit, die Information mit kühlem Kopf kritisch zu hinterfragen.