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April 25, 2024

Investitionen: Vorsicht vor Datenvisualisierungen!

Ihre Investitionen sind Ihnen wichtig. Deshalb stützen Sie Ihre Entscheidungen nicht auf bloße Erfolgsversprechen, sondern auf objektive Daten. Um schnell entscheiden zu können, legen Sie Wert auf leicht verständliche visuelle Darstellungen. Doch ist Ihre Interpretation dieser Visualisierungen wirklich so objektiv wie die Daten dahinter? Wiegen Sie sich nicht in falscher Sicherheit!

Im myLIFE-Artikel „Investitionen: Geschichten, die zum Nachdenken anregen“ haben wir Ihnen anhand von zwei wahren Begebenheiten veranschaulicht, wie kognitive Verzerrungen Ihre Entscheidungen beeinflussen können – vor allem, wenn es um Ihre Finanzen geht. Wir haben darin gezeigt, dass unser Gehirn fortlaufend Geschichten konstruiert, um unserer Umwelt und allem, was uns widerfährt, einen Sinn zu geben. Manchmal spielt uns unser Kopf allerdings einen Streich, und wir biegen uns die Realität so zurecht, wie es uns am besten passt.

Natürlich sind Sie längst aus dem Alter heraus, in dem man an Märchen glaubt. Sie verlassen sich lieber auf Fakten und Zahlen. Und leicht verständliche Grafiken und Diagramme sind besonders praktisch, um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen – oder etwa nicht? Die Verhaltensökonomie warnt auch hier vor blindem Vertrauen.

Sehen ist nicht gleich Verstehen

In der Welt der Finanzen und Investitionen findet sich eine Vielfalt an Infografiken, die wichtige Informationen zu einem bestimmten Thema auf einen Blick zusammenfassen. Datenvisualisierungen sind heute so beliebt, weil sie schnelle und rationale Entscheidungen auf der Grundlage weitgehend objektiv dargestellter Fakten und Zahlen ermöglichen. Soweit die Theorie. In der Praxis muss allerdings auch unser Gehirn mitspielen: Die Objektivität einer Infografik hilft uns nicht weiter, wenn wir daraus am Ende eine subjektive Geschichte konstruieren.

Der Forscher Rod Duclos beschäftigte sich mit genau dieser Problematik. Er führte fünf Studien durch, in denen experimentelle Manipulationen mit Eye-Tracking-Technologien kombiniert wurden. Den Teilnehmern wurden Aktien eines fiktiven Unternehmens angeboten, und sie sollten sich für oder gegen eine Investition in diese Aktien entscheiden. Zur Entscheidungsfindung wurden ihnen Diagramme zur Verfügung gestellt, in denen die 30-tägige Kursentwicklung der Aktie des Unternehmens zu sehen war.

Die Kursverteilungen wurden dabei in jedem Versuch so konstruiert, dass sie im zeitlichen Verlauf keinem wirklichen Aufwärts- oder Abwärtstrend folgten. Die jüngsten Kursbewegungen waren somit nicht aussagekräftiger oder bedeutsamer als die weiter in der Vergangenheit liegenden. Eine Analyse der Einschätzungen der Teilnehmer zu den Daten aus dem Diagramm ergab jedoch, dass sich ein Großteil von ihnen am stärksten von den neuesten Schwankungen beeinflussen ließ – und zwar mit Abstand! Die Teilnehmer konzentrierten sich fast ausschließlich darauf, ob der Aktienkurs höher oder niedriger als am Vortag stand.

Sie neigten dazu, alle anderen Informationen zu ignorieren und nur die letzte Kursänderung zu berücksichtigen – darauf stützten sie ihre Entscheidung, in die Aktie eines ihnen unbekannten Unternehmens zu investieren oder nicht. Obwohl den Teilnehmern eine ganze Reihe von Daten zur Verfügung stand, berücksichtigten sie bei Ihrer Entscheidung nur einen kleinen Teil davon.

Aus diesem Experiment lässt sich schließen: Die Visualisierung von Finanzdaten beeinflusst Verbraucher potenziell in ihrer Bewertung der dargestellten Informationen und damit auch in ihren Anlageentscheidungen.

Wenn die Märkte keinem eindeutigen Trend folgen und die Konjunktur schwankt, kann ein einfaches Diagramm mit den neuesten Entwicklungen eines Aktienkurses – selbst wenn es wenig Aussagekraft besitzt – die Anleger beeinflussen und sogar in die Irre führen. Das ist ein erschreckendes Ergebnis.

Die Volatilität der Märkte hat also eine psychologische Wirkung, der sich viele Menschen nicht bewusst sind. Angesichts großer Datenmengen scheinen Anleger ihre Entscheidungsfindung zu vereinfachen, indem sie sich auf bestimmte (und nicht unbedingt relevante) Informationen konzentrieren. Denn so können sie mit geringem kognitivem Aufwand eine Geschichte konstruieren, die ihre jeweilige Entscheidung untermauert.

Es gibt jedoch auch gute Neuigkeiten: Als Rod Duclos dieselben Daten nicht grafisch, sondern in Zahlenform zur Verfügung stellte, konnten die Studienteilnehmer das Fehlen eines allgemeinen Trends leichter erkennen und passten ihre Anlageentscheidungen entsprechend an. In der Regel verlassen sich auch Finanzexperten nicht auf Diagramme, sondern arbeiten direkt mit den Zahlen. Ein Grund mehr für Sie, sich bei der Verwaltung Ihrer Anlagen professionell unterstützen zu lassen. An einer Tatsache gibt es keinen Zweifel, und darauf wird Sie jeder Finanzexperte hinweisen: Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zwingender Hinweis auf die künftige Wertentwicklung.

Was Sie aus diesem Artikel mitnehmen können: Seien Sie sich bewusst, dass Ihr Gehirn stets Geschichten konstruiert. Dies gilt auch bei der Interpretation von Finanzdiagrammen. Um zu verhindern, dass in Ihrem Kopf ein falsches Szenario entsteht, sollten Sie sich nicht auf solche Visualisierungen, sondern auf die Zahlen selbst verlassen – und auf erfahrene Fachleute, die diese Zahlen mit ausreichend Zeit und Ruhe für Sie analysieren.

Die Visualisierung von Finanzdaten beeinflusst Verbraucher potenziell in ihrer Bewertung der dargestellten Informationen und damit auch in ihren Anlageentscheidungen.