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November 13, 2024

Anlegen: Seien Sie kein Schaf!

  Gesammelt von myLIFE team myINVEST März 9, 2021 1767

Gehören Sie eher zu den Anlegern, die ihrem Instinkt folgen, oder richten Sie sich nach der Meinung der anderen? Wir bei myLIFE gemahnen Sie regelmäßig daran, Impulsen zu widerstehen, die unter Umständen schlechte Ratgeber sind, und sich vor einem Entschluss stets eine fundierte Meinung zu bilden. Ebenso wichtig ist es, nicht blind aktuellen Trends hinterherzulaufen, denn dies bedeutet häufig eher Gefahr als Sicherheit. Anders gesagt: Seien Sie kein Schaf!

Nachahmungsverhalten

Kennen Sie Lemminge – die kleinen Nagetiere, die in der Arktis leben und für ihre Wanderungsbewegungen bekannt sind? Sie wandern in sehr großen Gruppen und erleiden häufig Unfälle, was zum Teil sicherlich in dem hohen Bevölkerungsdruck begründet ist. Dadurch ist der Mythos eines ins Extreme gehenden Herdentriebs entstanden, demzufolge die gesamte Gruppe, sollte der erste von einer Klippe fallen, ohne zu zögern hinterherspringt.

Wie die Lemminge besitzen auch wir alle diesen Herdentrieb. Er bewegt uns dazu, unsere Entscheidungen und unser Verhalten nicht nach eigenen Überlegungen auszurichten, sondern nach der Vorgehensweise der Mehrheit unserer Mitmenschen. Lassen Sie uns raten: Sie beobachten das sehr häufig bei anderen, sind aber selbst nicht im Mindesten davon betroffen. Schließlich sind Sie kein Schaf und betrachten sich als sehr vernünftigen Menschen. Da wir von myLIFE uns jedoch schon seit Längerem mit kognitiven Verzerrungen beschäftigen, können wir Ihnen sagen: Seien Sie auf der Hut. Machen wir einen kleinen Test.

Stellen Sie sich vor, Sie schlendern als Tourist durch die Straßen einer Ihnen unbekannten Stadt. Bei Anbruch der Dämmerung begeben Sie sich auf die Suche nach einem Lokal, wo Sie zu Abend essen möchten. Wie treffen Sie Ihre Wahl? Wenn Sie beschließen, die lokale Küche auszuprobieren, wie entscheiden Sie sich zwischen zwei augenscheinlich identischen Restaurants (mit gleicher Speisekarte, Preisliste und Dekoration)? Wenn Sie nun feststellen, das eins leer ist und das andere den Kundenansturm kaum bewältigen kann, welches nehmen Sie? Die meisten von uns würden sich ohne Zögern für das Restaurant entscheiden, das bereits gut besucht ist. Immerhin scheint das ein gutes Indiz für Vertrauenswürdigkeit zu sein. Die Wahrheit ist jedoch, dass Sie keine Ahnung haben, welches die bessere Wahl ist.

Ob wir es wollen oder nicht: Wir Menschen sind Herdentiere und die meisten unserer täglichen Entscheidungen werden von denen anderer beeinflusst. Das gibt uns die Möglichkeit, dem Stress der Entscheidungsfindung in Situationen, in denen die Wahl bei näherer Überlegung nicht eindeutig ist, aus dem Weg zu gehen.

Das Risiko, gemeinsam falsch zu liegen, nehmen wir eher hin als das, alleine Recht zu haben.

Daher tendieren wir mit ziemlicher Sicherheit dazu, unsere Mitmenschen nachzuahmen, wenn uns für die Entscheidung nur begrenzt Informationen zur Verfügung stehen und einiges auf dem Spiel zu stehen scheint. Das Erstaunlichste daran ist, dass dies auch zutrifft, wenn wir die Entscheidungen der anderen rational für kaum begründet halten. Anders ausgedrückt: Das Risiko, gemeinsam falsch zu liegen, nehmen wir eher hin als das, alleine Recht zu haben.

In der Verhaltensökonomie wird diese Situation mit der natürlichen Tendenz des Menschen erklärt, sich nach sozialen Normen zu richten, die uns zu Mitgliedern einer Gemeinschaft machen, mit der wir soziokulturelle oder wirtschaftliche Interessen teilen. Wir schließen uns allerdings nicht wahllos jeder x-beliebigen Gruppe an, sondern der, mit der wir uns mühelos identifizieren können.

Es liegt nahe, dass die Gewinnchance nicht mehr allzu groß ist, wenn zu viele das gleiche Spiel spielen.

In Bezug auf die Investmentbranche lässt sich das Nachahmungsverhalten vieler Anleger dadurch erklären, dass sie fürchten, eine gute Investition oder gar eine einmalige Gewinnchance zu verpassen. Es liegt allerdings nahe, dass die Gewinnchance nicht mehr allzu groß ist, wenn zu viele das gleiche Spiel spielen. Da der Preis eines Finanzinstruments sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergibt, bestimmt die Entwicklung der Nachfrage in der Zukunft auch die künftige Preisentwicklung. Wer es den anderen gleichtut, geht stets das Risiko ein, zu den letzten Käufern zu gehören. Und das wäre alles andere als ein guter Schachzug!

Ein weiterer interessanter Aspekt ist der, dass nicht nur ein Mangel an Informationen Anleger dazu verleitet, das Verhalten anderer nachzuahmen. Ein Informationsüberfluss bringt die rationale Entscheidungsfindung ebenso zum Erliegen. Angesichts der Vielfalt an verfügbaren Informationsquellen im Finanzwesen und der Fülle an Anlageangeboten von Banken, Online-Brokern oder anderen Fintechs ist es kein Wunder, wenn der ein oder andere den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Oder sich darin verirrt. In aller Regel treffen Anleger ihre Auswahl, indem sie den scheinbar einfachsten Weg gehen: in einen Titel zu investieren, weil „alle ihn gerade kaufen“, ohne in irgendeiner Weise wirtschaftliche Überprüfungen oder Überlegungen anzustellen. Sie denken sich, dass eine Entscheidung, die so viele Menschen gefällt haben, nicht allzu schlecht sein kann.

Wenn Schafe Blasen erzeugen

Dieses Herdenverhalten birgt ernstzunehmende Risiken. Tatsächlich ist dieser Herdentrieb eine bedeutende Triebkraft für die Bildung von Spekulationsblasen auf dem Finanzmarkt. So verursachte der irrationale Überschwang, der die Anleger zur massenhaften Spekulation auf Aktien bewegte, die noch keinen Gewinn abwarfen, das Platzen der Internetblase Ende der 1990er Jahre.

Heutzutage ist besonders in Bezug auf das Phänomen der Kryptowährungen Vorsicht geboten, insbesondere im Fall von Bitcoin. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert J. Schiller führt die Wertsteigerung der Bitcoin auf die massenhafte Begeisterung zurück, die diese virtuelle Währung ausgelöst hat. Sie sind nicht überzeugt? Fragen Sie Bekannte, die in Kryptowährungen angelegt haben, was sie dazu bewegt hat. Glaubt man Robert Schiller, so ist es äußerst wahrscheinlich, dass diese Personen ihnen keine andere Begründung liefern können als: „Das ist gerade im Trend“. Was nicht heißen soll, dass Kryptowährungen oder die Blockchain keine Zukunft haben, sondern dass die wahnsinnigen Kursentwicklungen insbesondere im vierten Quartal 2017 aufgrund eines gewissen Nachahmungsverhaltens entstanden sind. Für diejenigen, die sich Bitcoins 2017 zu Weihnachten geschenkt haben, gab es nach den Feiertagen ein schmerzhaftes Erwachen.

Vermeiden Sie es, ausgehend von wirtschaftlichen Narrativen anzulegen, solange Sie deren Ursachen nicht ergründen können.

Sie fühlen sich von diesen Investitionstrends nicht angesprochen und bevorzugen Fluchtwerte wie Gold? Schön und gut. Doch was treibt Sie dazu, in Gold zu investieren, wenn nicht die Tatsache, dass dieses von der Allgemeinheit als Fluchtwert betrachtet wird? Robert Schiller fordert uns dazu auf, viralen Erzählungen grundsätzlich mit Misstrauen zu begegnen – all diese wirtschaftlichen Narrative, die ein großes Medienecho oder exzessive Begeisterung erzeugen. Er rät uns, Anlagen ausgehend von wirtschaftlichen Narrativen zu meiden, solange wir deren Ursachen nicht ergründen können.

Nichts hindert Sie daran, in Bitcoin oder Gold anzulegen. Sie tun allerdings gut daran, es auf vernünftige Weise zu tun – auf der Basis solider Argumente. Was sind Ihre Argumente?

Wenn es um Ihre Anlageentscheidungen geht, vertrauen Sie der Expertise eines fähigen Spezialisten, der Sie mit objektiven und leidenschaftslosen Finanzinformationen versorgt, statt blind der Masse zu folgen. Und verlangen Sie Erläuterungen zu den wirtschaftlichen Grundlagen von ihm, die seine Position rechtfertigen.

Denken Sie stets daran, dass in der Investmentbranche die Mehrheit nicht immer Recht hat.