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April 27, 2024

Mit gutem Gewissen in die richtigen Nachhaltigkeitsfonds investieren

Es gibt gute Gründe für eine Investition in verantwortungsvolle Investmentfonds. Mit nachhaltigen Fonds kann man nicht nur in Unternehmen und Projekte investieren, die die Energiewende, den Umweltschutz und soziale Gleichheit fördern, sondern sie bieten möglicherweise auch darüber hinaus Vorteile. Laut einer Analyse des US-Vermögensverwalters Federated Hermes schneiden Unternehmen mit guten ESG-Ratings langfristig besser ab als ihre Wettbewerber. Dieser Zusammenhang konnte jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Eine Investition in nachhaltige Fonds ist eine gute Möglichkeit, Ziele zu unterstützen, die einem wichtig sind, und eine positive Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft zu erreichen.

Die Wahl des richtigen Investmentfonds ist jedoch nicht einfach. Schon die Fondsbezeichnungen sind unklar: Wie unterscheidet sich ein ESG-Fonds von einem Fonds mit Fokus auf die Energiewende, auf saubere Energie oder einem nachhaltig gemanagten Fonds? Die Fondsbranche hat das Potenzial verantwortungsbewusster Investitionen schnell erkannt, sodass es heute eine Vielzahl von Nachhaltigkeitslabels gibt. Dennoch mangelt es in Bezug auf die Fondsnamen an klaren Regeln und Definitionen.

Komplexität der Labels

Eine Herausforderung bei der Kennzeichnung von ESG-Fonds ist das Fehlen einheitlicher Definitionen. So gelten für ESG-Fonds unterschiedliche Kriterien. Einige Fonds sind daher als ESG-Fonds gekennzeichnet, obwohl sie bestimmte Standards oder Kriterien nicht erfüllen.

Zu Beginn bestand wenig Einigkeit darüber, welche Vorgaben für Fonds gelten sollten, die angeben, Umwelt-, Sozial- oder Unternehmensführungskriterien bei ihren Anlageentscheidungen zu berücksichtigen. Bei einigen Fonds wurde der Fokus auf eine gute Unternehmensführung gelegt, bei anderen wurde darauf geachtet, dass die Unternehmen in Bezug auf CO2-Emissionen nicht schlechter als ihre Wettbewerber abschnitten. Oder die Fondsmanager konzentrierten sich auf Themen wie Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte oder Umweltverschmutzung. Die Ansätze dienten sowohl dem Risikomanagement als auch der Steigerung der Performance.

Für andere Akteure war nachhaltiges Investieren ein weitaus komplexerer Prozess, der den Ausschluss von Sektoren wie Tabak oder Rüstung, oftmals einen intensiven Dialog mit den Zielunternehmen zur Herbeiführung von Veränderungen, die Ausübung von Stimmrechten auf Aktionärsversammlungen oder die Androhung eines Ausstiegs, um die Praktiken von Unternehmen zu beeinflussen, die die Anforderungen nicht erfüllten, beinhaltete. Für Anleger war es nicht immer einfach, den Überblick zu behalten, und sie mussten umfangreiche Recherchen durchführen, um herauszufinden, welchen Ansatz die jeweiligen Anbieter verfolgten.

Die Anleger mussten sich selbst davon überzeugen, ob ein Fonds ihren Wertvorstellungen entsprach und ob es sich dabei um ein Produkt handelte, das sich deutlich von herkömmlichen Anlagen unterschied.

Die Anleger mussten sich auch bei einem Verdacht auf Greenwashing  auf ihr eigenes Urteil verlassen. Dabei handelt es sich um eine recht verbreitete Marketingpraxis, bei der Fondsgesellschaften und andere Finanzdienstleister Produkte mit dem Label „ESG“ oder „nachhaltig“ versehen, die sich in ihrem Anlageansatz nicht wesentlich von Fonds unterscheiden, die nicht mit der Berücksichtigung ethischer Standards oder der Wahrnehmung von Umweltverantwortung werben. Die Anleger mussten sich selbst davon überzeugen, ob ein Fonds wirklich ihren Wertvorstellungen entsprach und ob es sich dabei um ein Produkt handelte, das sich deutlich von herkömmlichen Anlagen unterschied.

Das ändert sich nun mit den neuen Fondsklassifizierungen, insbesondere denjenigen, die in der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) festgelegt sind und Anlegern helfen sollen, zu verstehen, was sie kaufen. Zunehmend gibt es auch klarere Definitionen und Begriffe rund um verantwortungsbewusstes Investieren. Zu nennen sind hier die grüne Taxonomie der EU und andere standardisierte Definitions- und Klassifizierungsrahmen, die unter verschiedenen Rechtsordnungen entwickelt werden.

Unterschiedliche Anlageansätze

In der EU vertriebene Fonds werden in drei Kategorien unterteilt: Fonds gemäß Artikel 6, Artikel 8 (hellgrün) und Artikel 9 (dunkelgrün) der SFDR. Artikel-6-Fonds berücksichtigen keine Nachhaltigkeitskriterien in ihrem Anlageprozess. Sie können in Unternehmen investieren, die zum Beispiel mit Tabak, Glücksspiel oder Rüstungsgütern sowie mit fossilen Brennstoffen in Verbindung stehen.

Artikel-8-Fonds bewerben ökologische und soziale Merkmale und berücksichtigen diese bei ihren Anlageentscheidungen. Artikel-9-Fonds sind Anlageprodukte, die Nachhaltigkeitsziele verfolgen und einen Mindestanteil an ökologisch nachhaltigen Investitionen im Sinne der Taxonomie-Verordnung enthalten. Darunter fallen Fonds mit maßgeschneiderten Nachhaltigkeitsstrategien, wie z. B. Impact-Investing-Fonds, oder solche, die sich an Klimaschutz-Benchmarks orientieren, die auf dem Netto-Null-Emissionsziel des Pariser Abkommens basieren. Man sollte allerdings beachten, dass Fonds nach Artikel 8 oder 9 dennoch in Unternehmen investieren können, die sich in einem Transformationsprozess befinden und somit auch in kontroverse Aktivitäten, beispielsweise im Bereich fossile Brennstoffe, involviert sein können.

Es besteht weiterhin viel Spielraum für unterschiedliche Anlageansätze. Fondsanalyseunternehmen haben eigene Parameter für verantwortungsbewusste Anlagen festgelegt. Ein Beispiel hierfür ist Defaqto, das eine vierstufige Pyramide zur Einordnung verwendet, wobei die ESG-Integration die unterste Ebene darstellt und der am weitesten verbreitete Ansatz ist. Laut dem jüngsten ESG-Bericht des britischen Fondsverbands Investment Association berücksichtigen 22 % seiner Mitglieder ESG-Faktoren in mindestens 75 % ihrer Portfolios, und der Verband geht davon aus, dass dieser Anteil bis 2024 weiter steigen wird.

Ziele für nachhaltige Entwicklung

Die nächste Ebene der Pyramide von Defaqto ist der Ausschluss bestimmter Sektoren, in der Regel Tabak, Rüstung oder Pornografie – wobei auch viele Fonds, die nicht als nachhaltig beworben werden, diese Sektoren meiden –, gefolgt von Fonds mit Nachhaltigkeitsfokus. Diese investieren in Unternehmen, die bestimmte Nachhaltigkeitsziele verfolgen, beispielsweise in den Bereichen saubere Energie oder Erhaltung der Artenvielfalt. An der Spitze der Pyramide stehen Impact-Investing-Fonds, die zwei Zielsetzungen haben: die Erreichung bestimmter Nachhaltigkeitsziele und die Erwirtschaftung einer attraktiven Rendite für die Anleger.

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, die 2015 von 193 Ländern verabschiedet wurden, sind ein wichtiger Bezugsrahmen für die Festlegung von Zielen und die Schaffung eines Konsenses für verantwortungsbewusste Investitionen. Derzeit gibt es 17 Ziele, darunter Umweltziele wie die Eindämmung des Klimawandels oder die Verhinderung der Verschmutzung der Weltmeere sowie soziale Ziele wie die Bereitstellung hochwertiger Bildung oder die Verringerung von Ungleichheit.

Ratingagenturen bieten vermehrt Software-Tools an, die Anleger bei der Beurteilung der ESG-Merkmale von Fonds unterstützen.

Ratingagenturen bieten vermehrt Software-Tools an, die Anleger bei der Beurteilung der ESG-Merkmale von Fonds unterstützen. Morningstar stellt beispielsweise Nachhaltigkeitsratings auf Fondsebene bereit, die Anlegern helfen, ihren Vorstellungen entsprechende Produkte zu finden. Anleger können auch einen Vermögensverwalter oder einen Multi-Asset-Manager mit der Auswahl einzelner Fonds in Abhängigkeit von ihren spezifischen Zielen beauftragen. Die deutliche Erweiterung des Angebots an nachhaltigen Anlagen durch die Schaffung spezieller Renten-, Immobilien-, Infrastruktur- und Aktienfonds vereinfacht dies.

ESG-Kapazitäten

Die meisten Asset Manager und Fondsgesellschaften informieren Anleger über ihre ESG-Aktivitäten und stellen auf ihren Websites Details über den Dialog mit einzelnen Unternehmen, ihr Abstimmungsverhalten und Emittenten oder Sektoren, aus denen sie sich zurückgezogen haben, zur Verfügung. Dies kann Anlegern Aufschluss darüber geben, ob es ein Anbieter mit dem verantwortungsbewussten Investieren wirklich so ernst meint, wie er behauptet.

Anleger können sich auch die ESG-Kapazitäten einer Fondsgesellschaft genauer ansehen: Verfügt sie über ein eigenes ESG-Analyseteam, eigene Systeme oder Zugang zu unabhängigem Research? Diese Informationen, die häufig auf den Websites der Fondsgesellschaften zu finden sind, geben einen weiteren Hinweis auf ihr Engagement.

Natürlich gibt es beim nachhaltigen Investieren keine Einheitslösung, die für alle passt. Die beste Möglichkeit, um sicherzustellen, dass die Investition mit den eigenen Wertvorstellungen übereinstimmt, besteht darin, jeden Titel im jeweiligen Fonds zu prüfen.

Ein letzter Punkt ist, dass neben Nachhaltigkeitsaspekten auch andere Faktoren nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Ein Fondsmanager muss sein Fach natürlich umfassend beherrschen – er muss profitable, solide Unternehmen auswählen und Chancen nutzen, ohne ungerechtfertigte Risiken einzugehen. Anleger haben heute immer mehr Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass ihr Portfolio ihren Ansprüchen gerecht wird.

Neue Fondsklassifizierungen, insbesondere diejenigen, die in der EU-Offenlegungsverordnung festgelegt sind, sollen Anlegern helfen, zu verstehen, was sie kaufen.