Diversifikation – Eine große Herausforderung für Unternehmer
Die größten Stärken von Unternehmern können auch ihre größten Schwächen sein. Entschlossenheit, Risikobereitschaft und Zielstrebigkeit können beim Aufbau eines Unternehmens wünschenswerte Eigenschaften sein – für eine solide Investitionsplanung sind sie jedoch nicht unbedingt hilfreich.
Bei der Gründung eines Unternehmens müssen Unternehmer zwangsläufig Risiken eingehen. Möglicherweise haben sie ein sicheres Einkommen aufgegeben und tragen nun die doppelte Verantwortung für ihre eigenen Investitionen in das Unternehmen und für das Vermögen Dritter, die ihnen Kredite gewährt oder Eigenkapital investiert haben. Ihre Chancen stehen recht schlecht (einigen Schätzungen zufolge scheitern rund 80% der neuen Unternehmen innerhalb von 18 Monaten) und sie müssen in der Regel erhebliche Hindernisse überwinden.
Die dazu erforderlichen Eigenschaften zeichnen große Unternehmerpersönlichkeiten aus, sind jedoch für eine ausgewogene Vermögensplanung möglicherweise weniger geeignet. Nehmen wir zum Beispiel die Konzentration auf ein einziges Ziel. Das Vermögen von Unternehmern ist in der Regel auf nur eine oder zwei Anlagen konzentriert – meist ihr Unternehmen und ihre Immobilie(n). Ein solcher Schwerpunkt erscheint durchaus sinnvoll. Warum sollten Sie Ihr Leben Ihrem Unternehmen widmen, wenn Sie nicht voll und ganz dahinterstehen? Geschäftsinhaber sind oft der Ansicht, dass sie eine deutlich höhere Kapitalrendite erzielen können als jeder Vermögensverwalter – und haben damit nicht immer unrecht.
Geschäftsinhaber sind mitunter allzu selbstsicher. Das kann sie dazu verleiten, Risiken zu unterschätzen und die Vorteile einer Diversifikation zu verkennen.
Übermäßiges Selbstvertrauen, Unterschätzung des Risikos
Geschäftsinhaber sind mitunter allzu selbstsicher – schließlich müssen Sie in der Lage sein, trotz aller Widrigkeiten ein Geschäft aufzubauen. Das kann sie dazu verleiten, Risiken zu unterschätzen und die Vorteile einer Diversifikation zu verkennen – sei es in ihrem Unternehmen oder in ihrem Portfolio aus Anlagen und anderen Vermögenswerten.
Ohne diese wertvollen Instinkte wären Unternehmer bei ihrer Haupttätigkeit höchstwahrscheinlich nicht erfolgreich. Dennoch kann es ratsam sein, zum Schutz des Unternehmens wie auch des Privatvermögens des Eigentümers zusätzliche Maßnahmen zu erwägen. Dies gebietet schon der gesunde Menschenverstand. Unternehmen sind stets von den Marktbedingungen abhängig. Branchen können zyklisch sein, und selbst das solideste Unternehmen kann durch unkontrollierbare wirtschaftliche Belastungen gefährdet sein – von der Zinspolitik der Zentralbanken bis hin zu bahnbrechenden technologischen Innovationen.
Hinzu kommen Liquiditätsaspekte. Ein Geschäftsinhaber, der kurzfristig Geld benötigt, ist möglicherweise nicht in der Lage, zur Liquiditätsbeschaffung einen Teil des Unternehmens rasch zu verkaufen; neue Finanzierungsquellen zu erschließen, nimmt einige Zeit in Anspruch. Es ist daher sinnvoll, durch die persönliche Vermögensplanung über Alternativen zu verfügen und so sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht durch persönliche finanzielle Erwägungen gefährdet wird.
Auch der Lebensstil spielt eine Rolle. Unternehmenseigner, die jahrelang mit ungezählten Überstunden ein tragfähiges Geschäft aufgebaut haben, verspüren möglicherweise den Wunsch, den von ihnen geschaffenen Wohlstand allmählich auch zu genießen. Dadurch würde sich ihr Schwerpunkt von der Vermögensbildung zum Vermögenserhalt verlagern und die Finanzstrategie müsste unter Umständen geändert werden.
Aufbau eines langfristig tragfähigen Unternehmens
Gute Geschäftspraktiken sind ein wichtiger Aspekt für den Schutz des unternehmerischen Vermögens. Viele Unternehmer träumen vielleicht davon, ihr Start-up zu einem mehrstelligen Millionenbetrag an einen finanzkräftigen Konzern zu verkaufen. Doch eine so schnelle Realisierung eines Unternehmenswerts ist in der Praxis nur sehr selten und setzt in der Regel herausragende technische Innovationen oder ein perfektes Timing in Sachen Markttrends voraus. Den Wert eines florierenden Unternehmens zu kristallisieren, ist selten so einfach. Um zu überleben, müssen Unternehmen statt auf kurzfristige Gewinne auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet sein.
Das Streben nach dauerhaften Strukturen setzt jedoch eine Diversifikation des Kundenstamms, der Erträge und der Finanzierung voraus, denn nur so lässt sich das langfristige Überleben und Wachstum des Unternehmens sicherstellen. Viele Unternehmer reinvestieren zum Beispiel fortlaufend ihr eigenes Kapital oder das Kapital von Freunden und Familienangehörigen in ihr Unternehmen.
Viele Unternehmer können sich absolut nicht vorstellen, irgendeine Form von Kontrolle an externe Aktionäre oder Geldgeber abzugeben. Die Erschließung externer Finanzierungsquellen kann für Unternehmen jedoch einen wichtigen Aspekt darstellen und manchmal sogar für einen Strom an neuen Ideen sorgen. Dies gilt umso mehr, wenn eine Finanzierungsquelle aus irgendeinem Grund versiegt – ein unzureichender Cashflow versetzt kleineren Unternehmen oftmals den Todesstoß.
Gleichermaßen sollten die Bemühungen um eine breite Diversifikation des Kundenstamms – und somit der Einnahmen – Teil einer soliden Geschäftspraxis sein. Auch wenn dies je nach Art des Unternehmens und seines Geschäftsfelds nicht immer möglich ist, sollte es doch stets das Ziel des Unternehmens sein.
Bedeutung eines ausgewogenen persönlichen Portfolios
Für einen Unternehmer ist die Diversifikation seines persönlichen Vermögens vielleicht noch wichtiger als die der Finanzierung und Erträge seines Unternehmens. Wenn ein Unternehmen auf das Charisma und die Tatkraft einer einzelnen Person angewiesen ist, ist es bei gesundheitlichen, familiären oder Eheproblemen und anderen Ablenkungen dieser Schlüsselperson stets gefährdet. Selbst der engagierteste Unternehmer kann sich nicht gegen jedes Risiko wappnen – das gilt ganz besonders für unvorhergesehene Ereignisse in seinem Privatleben.
Geschäftsinhaber sollten einen Teil ihres Vermögens außerhalb des Unternehmens halten, und zwar in Anlagen, die von ihrer Haupteinnahmequelle unabhängig sind.
Wenn möglich, sollten Geschäftsinhaber daher einen Teil ihres Vermögens außerhalb des Unternehmens halten, und zwar in Vermögenswerten, die von ihrer Haupteinnahmequelle unabhängig sind. Technologieunternehmer können beispielsweise geneigt sein, für ihre private Geldanlage ebenfalls Technologiewerte auszuwählen. Es folgt natürlich einer gewissen Logik, wenn sie in ihnen gut bekannte Bereiche investieren. Doch echte Diversifikation sollte bedeuten, auch einige Anlagen zu halten, die nicht zum Haupttätigkeitsbereich gehören und davon abgekoppelt sind.
Ein wesentlicher Teil des finanziellen und emotionalen Kapitals von Unternehmern ist bereits in der Branche gebunden, in der ihr Unternehmen tätig ist. Wenn diese Branche in Schwierigkeiten gerät, existiert womöglich kein Plan B. Alles auf eine Karte zu setzen, mag für einige Unternehmer eine wichtige Motivation darstellen. Für zukunftsorientierte Geschäftsinhaber mit finanzieller Verantwortung sollte dieses Vorgehen jedoch nicht die erste Wahl sein.
Firmeninhaber sollten bereit sein, über den eigenen Tellerrand zu blicken und auch in Bereiche zu investieren, in denen andere Bedingungen herrschen. Gerät ihr Unternehmen in Schwierigkeiten, sollten sie über andere Anlagen verfügen, die sich möglicherweise besser entwickeln.
Die Diversifikation sollte dabei sowohl nach geografischer Region als auch auf Sektorebene erfolgen. Ist das Geschäft eines Unternehmers zum Großteil in einem einzigen Land angesiedelt, sollte er Investitionen in anderen Ländern erwägen. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sind gute Beispiele für die Risiken, denen Unternehmen unterliegen, wenn sie zum Zeitpunkt unerwarteter politischer Umbrüche von einem einzigen Land oder einer bestimmten Marktbeziehung abhängig sind.
Entwicklung eines Diversifikationsplans
Die genaue Mischung aus Geldmarktanlagen, Anleihen, Aktien, Immobilien und anderen Vermögenswerten ist wohl je nach Unternehmer unterschiedlich und hängt von seiner persönlichen Situation, seinem Alter, seinen Präferenzen und seiner Risikobereitschaft ab. Der Ausgangspunkt für die Diversifikation ist jedoch stets derselbe: Gerät ein Geschäftsinhaber mit seinem Unternehmen in größere Schwierigkeiten – beispielsweise durch eine längere Krankheit, eine Rezession oder eine Naturkatastrophe, wie einen Brand oder eine Überschwemmung – wird er sich dann geschäftlich und mit seinen persönlichen Finanzen über Wasser halten können?
Handelt es sich bei seinem Unternehmen um eine hochriskante Anlage, die stark von der Wirtschaftslage abhängt und den Großteil seines persönlichen Vermögens bindet, sollte der Unternehmer keine ähnlich riskanten Anlagen außerhalb seines Geschäftsbereichs tätigen. Stattdessen sollte er über ein ausgewogenes Portfolio mit risikoärmeren Anlagen verfügen, die vom aktuellen Konjunkturklima weniger abhängig sind.
Eine Lösung wird in vielen Fällen nicht nur Anlagen, sondern auch Versicherungen umfassen, darunter eine Kranken- und Risikolebensversicherung für die Schlüsselperson.
Ein Diversifikationsplan erfordert die Analyse aller Aspekte – vom Ausgabeverhalten und den familiären Verpflichtungen des Unternehmers bis hin zu seiner Altersvorsorge. Eine Lösung wird in vielen Fällen nicht nur Anlagen, sondern auch Versicherungen umfassen, darunter eine Kranken- und Risikolebensversicherung für die Schlüsselperson.
Unternehmer kombinieren ihre Vermögenswerte häufig anders als andere Anleger. Sie müssen ein Unternehmen berücksichtigen, das für gewöhnlich den größten Vermögenswert des Eigentümers darstellt. Sie sollten auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ihr Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt vollständig oder teilweise verkauft wird, was sich auf die Steuer-, Nachfolge- und Erbschaftsplanung auswirken kann.
Viele Unternehmer setzen oft alles auf eine Karte. Dies ist möglicherweise stark motivierend, kann aber auch äußerst schmerzlich sein, wenn etwas schiefläuft. Wenn Unternehmer Maßnahmen zur Diversifikation auf sämtlichen Ebenen ergreifen, sind die Rücklagen, auf die sie in schwierigeren Zeiten zurückgreifen können, in jedem Fall solider.